# taz.de -- Protest gegen Braunkohleabbau: Die Holzdiebe von Hambach | |
> Klimaschutzaktivisten klagen über die Behandlung durch die Polizei. Die | |
> wirft ihnen Holzdiebstahl vor. Die Hütten eines Protestcamps wurden | |
> zerstört. | |
Bild: Kriminalisierte Aktivisten: Polizeieinsatz bei der Räumung des Protestca… | |
BOCHUM taz | Nach Räumung des Hambacher Forstes bei Köln gehen Polizei und | |
private Sicherheitskräfte weiter mit Härte gegen Klimaschützer vor. „Wir | |
werden kriminalisiert“, klagen Aktivisten, die dort seit Monaten gegen den | |
klima- und umweltschädlichen Braunkohleabbau im rheinischen Revier | |
protestieren. | |
„Schon am Wochenende hat die Polizei Hütten unseres neuen Camps zerstört – | |
dabei befinden wir uns auf Privatbesitz“, sagt ein Umweltschützer, der sich | |
Thomas Waldmann nennt. „Die Begründung war lächerlich: Angeblich sollen wir | |
zum Bau Holz aus dem Forst gestohlen haben – dabei wird der für den | |
Braunkohletagebau Hambach gerade dem Erdboden gleichgemacht.“ | |
Sehr aggressiv sei auch das Auftreten von Mitarbeitern der Firma AK | |
Security, die der Tagebaubetreiber RWE engagiert habe. „Die nehmen unseren | |
Protest persönlich“, klagt ein Klimaschützer, der seinen Namen aus Angst | |
vor Repressionen nicht in der Zeitung lesen will. „Die fahren in unserem | |
Camp herum, brüllen und beleidigen uns.“ Dazu kämen nächtliche Drohanrufe | |
von Unbekannten. Bei den Umweltschützern geht deshalb die Angst um: „Wir | |
werden Nachtwachen einrichten.“ | |
Der Hambacher Forst war Mitte November von fünf Polizeihundertschaften | |
geräumt worden – zuvor hatte der Klimaaktivist Jonas Zimmermann vier Tage | |
lang in einem selbst gegrabenen, sechs Meter tiefen Tunnelsystem | |
ausgeharrt. Jetzt werden 3.900 Hektar des jahrhundertealten Waldes mit | |
seinen wertvollen Eichen- und Buchenbeständen gerodet. | |
## Bis zu 450 Meter tiefe Kohlegruben | |
Danach verwandelt der Energiekonzern RWE die Region in eine verwüstete | |
Mondlandschaft: Riesige Bagger fressen sich auf einer Fläche von 85 | |
Quadratkilometern bis zu 450 Meter tief in den Boden. Rund 2,4 Milliarden | |
Tonnen dort geförderte Braunkohle will RWE in seinen umliegenden | |
Großkraftwerken verbrennen – und ist damit verantwortlich für rund 10 | |
Prozent aller deutschen Emissionen des klimaschädliches Gases Kohlendioxid. | |
Trotzdem steht nicht der Essener Energiekonzern, sondern es stehen die | |
Umweltaktivisten unter besonderer Beobachtung der Polizeibehörden. „Nahezu | |
100 Strafanzeigen“ listeten die Beamten schon vor Räumung des Forstes auf, | |
darunter Sachbeschädigungen und Hausfriedensbrüche. | |
Aktivist Zimmermann wurde von den lokalen Einsatzkräften zusätzlich | |
gefährliche Körperverletzung vorgeworfen: Beim Versuch, ihn aus seinem | |
Tunnelsystem zu holen, habe er Stützpfeiler umgetreten und so Männer der | |
zur Hilfe gerufenen Grubenwehr des Bergbaukonzerns RAG gefährdet, klagte | |
die Polizeiführung vor Ort. | |
Merkwürdig nur: Zwei Wochen später will der Leiter der politischen | |
Abteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft Köln von den Vorwürfen nichts | |
mehr wissen. „Wenn überhaupt, kann dem Mann Hausfriedensbruch vorgeworfen | |
werden“, so Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn zur taz – unklar sei selbst, ob es | |
sich bei dem Wald überhaupt um ein umfriedetes Gelände gehandelt habe. Die | |
Klimaaktivisten hätten „mitnichten Tätlichkeiten gegen Beamte“ begangen. | |
Vor Ort setzt die Polizei weiter auf Härte. Am Wochenende wurde selbst der | |
Besitzer der Wiese, auf der die Klimaschützer nach Räumung des Waldes | |
aktuell demonstrieren, festgenommen. „Mir wurden Handschellen angelegt“, | |
sagt der Steuerberater Kurt Claßen, der sich noch nicht entschieden hat, ob | |
er das Protestlager auf seiner Wiese dulden will. „Meine Festnahme war | |
rechtswidrig.“ | |
In einer früheren Version dieses Textes wurde Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn | |
mit den Worten zitiert, der „passive Widerstand“ der Umweltschützer sei | |
„vorbildlich“ gewesen. Der Leiter der politischen Abteilung der | |
Staatsanwaltschaft Köln legt Wert auf die Feststellung, den Protest von | |
Umweltschützern gegen die Räumung des Hambacher Forstes nicht „vorbildlich�… | |
genannt zu haben: Wegen der Demonstrationen gegen den Braunkohle-Tagebau | |
Hambach seien insgesamt über 100 Strafverfahren anhängig. | |
27 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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