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# taz.de -- UN-Tribunal für Ex-Jugoslawien: UCK-Kommandeure freigesprochen
> Der frühere kosovoarische Regierungschef Ramush Haradinaj ist erneut
> freigesprochen worden. Die Anklage hatte ihm Kriegsverbrechen
> vorgeworfen.
Bild: Ramush Haradinaj war bereits im April 2008 freigesprochen worden.
SARAJEVO taz |Der frühere UCK-Kommandant und kurzzeitige kosovarischen
Regierungschef Ramush Haradinaj ist freigesprochen. Das UN-Tribunal für
Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien erklärte, Haradinaj sei „nicht
schuldig in allen Anklagepunkten“. Richter Bakone Justice Moloto bestätigte
am Donnerstag in Den Haag das erstinstanzliche Urteil vom April 2008.
Nach dem Freispruch von 2008 hatte das Gericht eine Neuaufnahme des
Verfahrens angeordnet, weil zahlreiche Zeugen eingeschüchtert worden seien.
Auffällig war, dass schon vor dem ersten Verfahren mehrere namentlich
bekannte Zeugen bei Unfällen und Mordanschlägen ums Leben kamen, serbische
Behörden gehen von 19 Fällen aus. Die Zeugenschutzprogramme der
internationalen Gemeinschaft hatten versagt.
Die Anklage warf dem 44-Jährigen in sechs Punkten Kriegsverbrechen gegen 16
Serben, Roma und Kosovoalbaner in dem in Westkosovo gelegenen Ort Jablanica
/Jabllanicë während des Kosovokrieges im Jahre 1998 vor. Sie forderte
mindestens 20 Jahre Haft.
Zusammen mit Haradinaj standen der Chef der Sondereinheit „Schwarze Adler"
innerhalb der kosovarischen Befreiungsarmee UCK, Idriz Balaj, sowie
UCK-Anführer Lahi Brahimaj, vor Gericht. Auch sie wurden freigesprochen.
## Folter im Privatgefängnis
Nach Auffassung der Anklage hatte der verantwortliche Kommandeur Ramush
Haradinaj in den von der UCK kontrollierten Gebieten in Westkosovo
ethnische Serben, Montenegriner wie auch der Kolloboration mit den Serben
beschuldigte Albaner und Roma in einem Privatgefängnis in Jabllanicë
foltern und umbringen lassen. Die ehemalige Chefanklägerin Carla del Ponte
ging in ihrer ersten Anklageschrift von 32 solcher Morde aus. Balaj und
Brahimaj sollen direkt an den Folterungen beteiligt gewesen sein.
Serbische Einheiten hatten im Sommer 1998 einige Gebiete von der UCK
zurückerobert und die Leichen entdeckt. Bei forensischen Untersuchungen
konnten serbische Spezialisten die Identität eines großen Teils der
Ermordeten feststellen. Das Gericht erklärte nun, eine Gruppe von
UCK-Soldaten sei vermutlich für die Taten verantwortlich, den Beschuldigten
jedoch ließe sich nichts nachweisen.
In Serbien löste die Nachricht über das Urteil Bestürzung und Proteste aus.
Aus vielen politischen Lagern wird die Zusammenarbeit Serbiens mit Den Haag
bedauert. Regierungsprecher Mihajlovic sieht nun die Verhandlungen mit
Prishtina über technische Erleichterungen als gefährdet an. Rund 270
serbische Intellektuelle haben sich sogar für einen Bruch ihres Landes mit
der Europäischen Union ausgesprochen. Serbien solle alle Vereinbarungen mit
Brüssel lösen und sich für neutral erklären, verlangen die Unterzeichner,
so der frühere Regierungschef Vojislav Kostunica, der bekannte Regisseur
Emir Kusturica und Dutzende Angehörige der Akademie der Wissenschaften.
29 Nov 2012
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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Kosovo
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