# taz.de -- Neuordnung des Finanzsystems: Traum von der sicheren Geldanlage | |
> Ökonomen und Nachhaltigkeitsbanken fordern drastische Änderungen des | |
> Finanzsystems. Unter anderem sollen spekulative Produkte verboten werden. | |
Bild: Sichere Geldanlage – bis zur Inflation | |
BERLIN taz | Die Ansage ist eindeutig: Die Bundesregierung will das Risiko | |
von Bankgeschäften für die Allgemeinheit reduzieren. Nicht noch einmal | |
sollen die Steuerzahler hundert Milliarden Euro aufbringen müssen, um große | |
Finanzinstitute vor dem Zusammenbruch zu bewahren. | |
Jetzt fordern Finanzexperten des Deutschen Instituts für | |
Wirtschaftsforschung (DIW) und vom Weltverband der Nachhaltigkeitsbanken | |
(GABV), die Lehren aus der Krise endlich umzusetzen. „Die politischen | |
Regulierungsversuche haben im alltäglichen Geschäft der Banken bisher nur | |
zu wenigen Änderungen geführt“, sagt DIW-Finanzexpertin Dorothea Schäfer. | |
Als Beispiel nennt sie das Bankenabkommen Basel III. Ein „zahnloser Tiger“, | |
findet Schäfer. Die künftigen Vorschriften für die höhere Abdeckung der | |
Bankrisiken mit Eigenkapital seien ein „Irrweg“. Die Logik des Abkommens | |
sieht so aus: Wenn die Banken risikoreiche Geschäfte machen, sollen sie | |
dafür bis zu zehn Prozent eigenes Geld – in Krisenzeiten auch mehr – für | |
den Notfall in Reserve halten. | |
Allerdings ist absehbar, dass nur ein kleiner Teil der jeweiligen | |
Bankbilanz als risikoreich eingestuft wird. Im Verhältnis zu ihrem gesamten | |
Finanzvolumen müssten die Institute deshalb doch nur einen geringen | |
Prozentsatz Reservekapital nachweisen, sagt die DIW-Ökonomin. Basel III | |
muss noch in deutsches Recht umgesetzt werden. | |
## Konzentration auf reale Wirtschaftsaktivitäten | |
Schäfer schlägt stattdessen vor, den Banken einen höheren Prozentsatz | |
vorzuschreiben, mit dem sie ihre gesamte Bilanz abdecken müssen. Eine | |
durchgreifende Änderung fordert auch der Weltverband der | |
Nachhaltigkeitsbanken. In ihm haben sich 20 sozial-ökologisch orientierte | |
Institute aus 24 Ländern zusammengeschlossen. Der Verband, dem auch die | |
GLS-Bank aus Bochum angehört, plädiert für die Konzentration auf reale | |
Wirtschaftsaktivitäten und den weitgehenden Verzicht auf reine | |
Finanzspekulation. | |
72 Prozent des Finanzvolumens der beteiligten Banken stecke in Krediten an | |
Bürger und Firmen, sagt der Verband. Bei konventionellen Großbanken seien | |
es dagegen nur 40 Prozent. Die stärkere Ausrichtung auf Waren und | |
Dienstleistungen mache die Nachhaltigkeitsbanken stabiler, lautet ihre | |
These. Eine am Donnerstag veröffentlichte Studie weist für die Institute | |
eine höhere Eigenkapitaldecke aus. Thomas Jorberg, der Vorstandssprecher | |
der GLS-Bank, leitet daraus die politische Forderung ab, „rein abstrakte, | |
spekulative Finanzprodukte, die in keiner Weise einer gesunden Entwicklung | |
der Realwirtschaft dienen, zu verbieten“. | |
29 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
Hannes Koch | |
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Ratingagentur | |
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