# taz.de -- 115. TAG KONGO-KRIEGSVERBRECHERPROZESS: FDLR ohne fdlr.org | |
> Nach der Sperrung der FDLR-Homepage im August 2009 wetterte | |
> FDLR-Präsident Murwanashyaka gegen die taz und „diesen Johnson“. | |
Bild: Das Logo der FDLR (Ausschnitt) prangte auf der Webseite der Miliz, die ja… | |
STUTTGART taz | „Es muss aber schnell gehen“: Nachdem Ende August 2009 die | |
Webseite der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische | |
Kräfte zur Befreiung Ruandas) vom deutschen Server OVH gesperrt wurde – | |
aufgrund einer Anfrage der taz, warum die Firma denn trotz UN-Sanktionen | |
gegen die FDLR deren Homepage hoste – liefen zwischen FDLR-Präsident Ignace | |
Murwanashyaka und seinem 1. Vizepräsidenten Straton Musoni die Drähte heiß. | |
Es ging darum, wie man denn die Webseite wieder zum Leben erwecken könnte. | |
Dies war Thema von Telefonaten zwischen den beiden am 30. August und 5. | |
September 2009, die am 21. November, dem 115. Tag der laufenden | |
Hauptverhandlung gegen Murwanashyaka und Musoni, vor dem 5. Strafsenat des | |
OLG Stuttgart vorgespielt wurden. | |
Straton Musoni meint, er könne die Sperrung der Seite umgehen, indem er | |
seine eigene Domain musoni.de einsetzt. „Du gibst musoni.de/fdlr ein und | |
kommst auf die andere Domain“, verrät er den Trick. Er habe mehrere Seiten | |
registriert, die alle zusammenlaufen. | |
Aber Murwanashyaka hat es eilig und glaubt nicht, dass Musoni damit | |
durchkommt. „Das Problem wird wiederkommen“, wendet er im Gespräch am | |
30.8.2009 ein. „Wir gehen nach Frankreich.“ | |
## Verbot politischer Betätigung | |
Der FDLR-Präsident weiß nämlich genau, warum die FDLR-Webseite gesperrt | |
wurde: Weil sie unter seinem Namen lief, und er per Gerichtsurteil einem | |
Verbot politischer Betätigung unterliegt. „Wenn die Seite einen anderen | |
Namen gehabt hätte, hätten sie es nicht gemacht“, erklärt er seinem | |
Stellvertreter. „Sie bezogen sich darauf, dass ich keine politischen | |
Aktivitäten ausüben darf“. Dann beschwert er sich darüber, dass seine | |
Anwälte Gallas und Marx nicht fristgerecht Widerspruch gegen das Urteil zum | |
politischen Betätigungsverbot einlegten. „Das war meine erste | |
Gerichtserfahrung. Widerspruch kannte ich nicht“. | |
Dennoch überlegt er mit seinem Vize, ob er gerichtlich gegen die Sperrung | |
der Webseite vorgehen kann. „Es wird schwer für mich, die Leute anzuzeigen | |
in Deutschland“, sagt Murwanashyaka zu Musoni. „Aber du oder jemand anders | |
kann es anzeigen und sagen, dass die Homepage der FDLR gehört... Du bist | |
auch in Prozesse verwickelt, aber als Vizepräsident solltest du es | |
anzeigen“. | |
Musoni ist skeptisch. „Ich kann ihnen sagen, dass die Homepage der FDLR | |
gehört, aber sie werden sagen, dass die Homepage Murwanashyaka gehört. Sie | |
werden mich nicht kennen.“ | |
„Du musst sagen, dass du Vizepräsident bist“, insistiert Murwanashyaka. | |
„Ich rufe morgen an und wir entwickeln eine Strategie.“ | |
## „Wir müssen einen Kämpfer finden“ | |
Beim nächsten Gespräch am 5. September 2009 hat es sich der FDLR-Präsident | |
genauer überlegt. Inzwischen hat er die taz-Artikel über die Sperrung | |
seiner Webseite, erschienen am 31. August, lesen können und sich auf die | |
taz eingeschossen, deren Anfrage zur Sperrung der Seite bei OVH führte, | |
insbesondere auf den Autor des fraglichen Artikels, taz-Redakteur Dominic | |
Johnson. | |
„Dieser Johnson“ schimpft Murwanashyaka immer wieder und sagt zu Musoni: | |
„Wäre es unter deinem Namen in Saarbrücken gewesen, hätte dieser Johnson | |
uns nicht ärgern können“. Weiter: „Wir müssen einen Kämpfer finden, der | |
bereit ist, die Homepage unter seinem Namen zu registrieren... Es muss | |
unter neuem Namen registriert werden.“ | |
Aber auch jetzt weiß der FDLR-Präsident, dass das in Deutschland wohl nicht | |
geht. Ein weiterer Punkt: Durch die taz-Berichterstattung habe Straton | |
Musonis Ehefrau zusätzliche Nahrung für ihr laufendes Scheidungsverfahren | |
gegen ihren Mann erhalten. | |
## Webseite sollte nach Frankreich | |
Murwanashyakas letzte Hoffnung lautet nun: Frankreich, wo | |
FDLR-Exekutivsekretär Callixte Mbarushimana lebt. „Die einzige Person, | |
unter deren Namen man registrieren kann, ist Callixte. Ich werde ihn | |
fragen.“ | |
Musoni ist zögerlich, aber das nützt nichts. „Ich will nicht mehr Zeit | |
damit verlieren“, sagt Murwanashyaka. „Wir werden die Homepage nicht unter | |
deinem Namen registrieren.“ | |
Musoni schlägt vor, bis zum Ende seines Scheidungsprozesses zu warten. „Wir | |
können den Abacunguzi (ruandischer Name für FDLR-Kämpfer) nicht sagen, sie | |
sollen mit den Kämpfen warten bis nächstes Jahr“, widerspricht | |
Murwanashyaka. Dieser Satz, bestätigt nebenbei, worum es der taz ging, als | |
sie OVH fragte, wieso die Homepage nicht längst gesperrt sei: dass die | |
FDLR-Webseite durchaus als Mobilisierungsinstrument der Miliz für den Krieg | |
diente. | |
Redaktion: Dominic Johnson | |
4 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Bianca Schmolze | |
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