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# taz.de -- Auf Anfrage der taz: Webseite der Hutu-Miliz abgeschaltet
> Auf taz-Anfrage ist die Webseite der ruandischen Hutu-Miliz FDLR
> abgeschaltet worden. In der Miliz sammeln sich Täter des ruandischen
> Völkermordes, die im Kongo schwerste Verbrechen begehen.
Bild: Ruander trauern bei einer Gedenkveranstaltung um die Opfer des Völkermor…
Was der UNO bislang nicht gelungen ist, hat die taz erreicht: die
Nachfolgeorganisation der ruandischen Völkermordverantwortlichen hat ihre
Internet-Präsenz verloren. "Forbidden" steht nun auf dem weißen Untergrund
der Webseite www.fdlr.org, wo zuvor noch Kriegs-Hetze zu lesen war.
Am Freitagnachmittag 15:34 Uhr wurde die Seite vom Netz genommen. Seit neun
Jahren verbreiten die "Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas" (FDLR),
die im Kongo basierte ruandische Hutu-Miliz aus ehemaligen Tätern des
ruandischen Völkermordes, über diese Internetplattform ihre extremistische
Ideologie und streiten zugleich regelmäßig die Verbrechen und Massaker ab,
die ihre geschätzt 6000 Kämpfer an der Bevölkerung in den ostkongolesischen
Kivu-Provinzen begehen.
In der politischen und militärischen Führung der FDLR tummeln sich Planer
und Täter des Genozids an Ruandas Tutsi 1994 mit über 800.000 Toten. Viele
ihrer Kämpfer sind daran beteiligte ehemalige ruandische Hutu-Soldaten und
Milizionäre, die heute im Kongo leben. Die Miliz gilt heute als die größte
bewaffnete Gruppe im Ostkongo und ist bekannt für die massenhafte
Vergewaltigung von Frauen und die Entführung von Kindersoldaten.
Seit Beginn dieses Jahres versuchen Kongos Regierungstruppen, zuerst mit
ruandischer Unterstützung, nunmehr mit Rückendeckung der UN-Blauhelme, die
Milizen in den kongolesischen Wäldern zu besiegen.
Umgekehrt scheint die FDLR eine systematische Strategie zu verfolgen, sich
durch Zerstörung von Dörfern, Plünderungen und Morden an der
Zivilbevölkerung zu rächen. Ein Expertenbericht des UN-Sicherheitsrates
wies bereits im Dezember 2008 darauf hin, dass das Betreiben der
FDLR-Webseite "als Unterstützung einer bewaffneten Gruppe betrachtet wird".
Die UN hatte damals laut eigenen Angaben den in Saarbrücken ansässigen
Server OVH, der die Webseite hostete, über ihren Kunden informiert. Doch
die Seite blieb online.
Erst eine Bitte um Stellungnahme der taz veranlasste die
OVH-Geschäftsleitung, die Seite vom Netz zu nehmen. "Kenntnis von diesem
Kunden haben wir erst heute durch Sie erlangt. Die Website fdlr.org haben
wir vom Netz getrennt und dem Kunden fristlos gekündigt", lautet die knappe
Antwort.
Noch im Mai hatte OVH den Vertrag für die Seite um drei Jahre bis 2011
verlängert. Jetzt muss FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka, auf dessen Name
die Webseite registriert ist, mit einem Kündigungsschreiben rechnen. Der
46jährige Ruander lebt seit 1989 in Mannheim, mit einer deutschen Ehefrau
und Kindern und genießt Asyl. Murwanashyaka hatte einst mit einem
Stipendium in Bonn studiert und promoviert. So ist es auch kein Wunder,
dass Propaganda-Pamphlete auf der mehrsprachigen Internetseite in
lupenreinem Deutsch verfasst waren.
Die Webseite vom Netz zu nehmen ist ein zentraler Schritt, der politischen
Führung der FDLR in Europa die Kommunikation mit den militärischen
Kommandeuren im Ostkongo zu erschweren. Vor dem Mannheimer Amtsgericht
hatte Murwanashyaka im März zugegeben: "Die Hauptkommunikation läuft über
das Internet." Die Stadt Mannheim hatte im Mai 2006 eine Verfügung
erlassen: Sie untersagt dem Ruander, sich politisch zu äußern oder zu
betätigen.
Doch im Internet stand weiterhin Murwanashyakas Telefonnummer als
Kontaktadresse der FDLR. Seit März sind nun gegen ihn strikte
Bewährungsauflagen in Kraft. Aber noch im April verschickte er eine
Pressemitteilung mit seiner privaten E-Mail-Adresse, also ein offener
Verstoß gegen diese Auflagen.
Die deutschen Behörden hatten bislang keine Anstalten gemacht, eine
gerichtliche Verfügung zu erwirken, die Webseite abschalten zu lassen. Sie
war zwar auf einem Server in Frankreich gespeichert, aber bei einer
deutschen Firma registriert.
Eine Resolution des UN-Sicherheitsrats ruft die Mitgliedsstaaten auf,
Maßnahmen in Betracht zu ziehen, um jegliche Form der Unterstützung der
FDLR aus ihren Staatsgebieten heraus zu unterbinden. Dazu gehört auch, den
FDLR-Präsidenten dingfest zu machen. Doch derzeit stecken die in
Deutschland eingeleiteten Verfahren, um dem FDLR-Chef den Asylstatus und
damit die Aufenthaltsberechtigung abzuerkennen, in verschiedenen Instanzen
fest.
Ein Skandal: Immerhin hat Interpol Murwanashyaka zur Fahndung
ausgeschrieben. Nun ist die FDLR-Propagandamaschinerie im Internet
abgestellt – außer es gelingt, die Webseite auf einem anderen Server,
womöglich sogar im Ausland, registrieren zu lassen. Die Gebühr für einen
Domain-Umzug beträgt 1,50 Euro.
30 Aug 2009
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
FDLR
Kongo
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