# taz.de -- Kommentar Merkel und Netanjahu: Die Geduld ist zu Ende | |
> Die Kluft zwischen Angela Merkel und Benjamin Netanjahu lässt sich nicht | |
> mehr überspielen. Aber es war zu erwarten, dass Netanjahu provozieren | |
> würde. | |
So viel Dissonanz war nie. Bislang schien Angela Merkels Geduld mit | |
Netanjahu geradezu unendlich zu sein. Während der jüngsten israelischen | |
Angriffe auf den Gazastreifen stand ihm Angela Merkel unbeirrt zur Seite, | |
auch bei der UN-Anstimmung über den künftigen Status eines | |
palästinensischen Staats hielt man sich in Berlin mit einer klaren Position | |
zurück. | |
Doch mit seiner Ankündigung, 3.000 neue Wohnungen im Westjordanland bauen | |
zu lassen, hat Netanjahu seine engsten Partner bewusst vor den Kopf | |
gestoßen und damit offenen Streit provoziert. Die Kluft zwischen Merkel und | |
Netanjahu ließ sich bei der gemeinsamen Pressekonferenz deshalb nicht mehr | |
mit diplomatischen Floskeln und eiskalt gespielter Harmonie übertünchen. | |
Es ist ja auch klar: Würde Netanjahu seine Ankündigung wahr machen, dann | |
wäre eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten endgültig gestorben. Man kann | |
Netanjahu allerdings nicht vorwerfen, dass er sich untreu geworden wäre: | |
Schon vor der UN-Abstimmung hatte er gedroht, die Palästinenser zu | |
bestrafen, sollten sie nicht von ihrem Anliegen ablassen, den Status eines | |
UN-Beobachterstaats zu erreichen. | |
Schon zuvor hat der israelische Premier kaum Zweifel daran gelassen, dass | |
er kein Interesse an einer Zweistaatenlösung hat – sondern an einer | |
Einstaatenlösung, mit großen Teilen des Westjordanlands und ohne Rücksicht | |
auf die Palästinenser. Wo die dann bleiben, ist ihm egal – Hauptsache, sie | |
leisten keinen Widerstand, weder friedlich noch mit Gewalt. | |
Netanjahu genießt in der rechten Siedlerbewegung großen Rückhalt, weil er | |
ihre politischen Ziele teilt. Es ist erstaunlich, dass man in Berlin so | |
lange gebraucht hat, um zu der Einsicht zu kommen, dass er es mit seiner | |
Groß-Israel-Politik ernst meint. So ernst wie damals Ariel Sharon, dessen | |
einseitiger Rückzugsbefehl aus dem Gazastreifen ebenso wenig dazu diente, | |
einer Zweistaatenlösung den Weg zu ebnen, sondern nur dazu, die | |
Palästinenser besser in Schach zu halten. | |
Merkel hat die Sicherheit Israels einst zur „Staatsräson“ erklärt. Zur | |
Sicherheit trägt es aber nicht bei, wenn sich dessen Regierung immer tiefer | |
im Schützengraben einbuddelt. Nur durch Verhandlungen und Kompromisse lässt | |
sich eine langfristige und friedliche Lösung auf dem kleinen Gebiet | |
zwischen Jordan und Mittelmeer erreichen. Die aber bleibt nach wie vor | |
nötig. Denn die Palästinenser werden dort nicht ewig als Bürger zweiter | |
Klasse leben wollen, wenn sich sogar ihre arabischen Nachbarn allmählich | |
von ihrer Unterdrückung befreien. | |
6 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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