# taz.de -- UN-Klimakonferenz: Bauchlandung in Doha | |
> Energiewende, Finanzen, Diplomatie: Die Deutschen gelten in Katar als | |
> Musterschüler im Klimaschutz. Nur die Bundesregierung leistet sich | |
> Aussetzer. | |
Bild: Schwieriger Gipfel: In Doha wird verhandelt, wie die Erderwärmung gebrem… | |
DOHA taz | Das deutsche Delegationsbüro liegt im Konferenzzentrum von Doha | |
ganz am Rand. Nur selten verirren sich Besucher über die langen Flure in | |
den Barackenanbau hinter Halle 3. Aber diese Bescheidenheit täuscht über | |
Deutschlands Bedeutung für die Verhandlungen hinweg. Denn die | |
Bundesrepublik gilt als Land der Energiewende, der verlässlichen | |
Klimadiplomatie, der soliden Finanzierung und der technisch anspruchsvollen | |
Hilfsprojekte. Nur die Klimapolitik der Bundesrepublik erlebt in Doha eine | |
Bauchlandung. | |
Denn beim Auftritt von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am | |
Donnerstag wurde klar, dass hier nicht der selbst erklärte Klimaretter kam. | |
Noch vor Konferenzbeginn hatte der Minister in Berlin erklärt, er wolle das | |
30-Prozent-Ziel innerhalb der EU durchsetzen und den europäischen | |
Emissionshandel wieder beleben. Das Ziel bedeutet, dass Europa seinen | |
Treibhausgasausstoß bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 senken will. | |
Allerdings ist die EU in Doha nicht handlungsfähig. Gegen das | |
30-Prozent-Ziel sperrt sich vor allem Polen – und zu Hause der | |
Koalitionspartner FDP. Altmaier hatte im Vorfeld der Konferenz erklärt, | |
Europa könne sich auch „ohne Polen zum 30-Prozent-Ziel bekennen“. Die | |
Umweltgruppen bei der Konferenz freuten sich schon auf einen deutschen | |
Minister, der die Blockade innerhalb der EU irgendwie auflöst. | |
Seit Altmaiers Auftritt am Donnerstag ist klar: So wird es kaum kommen. „Es | |
gibt keine Abstriche an meiner Position“, erklärte der Minister. „Ich will | |
viel von den Polen.“ Doch von einer Mehrheit gegen die unwilligen Polen war | |
keine Rede mehr. „Es sieht schlecht aus, wenn ein deutscher Minister einem | |
polnischen Minister Ratschläge erteilt.“ | |
## Diplomatischer Fehltritt der Staatssekretärin | |
Das Zurückrudern des Ministers ist nicht der erste diplomatische Fehltritt | |
der Deutschen. Anfang der Woche hatte Altmaiers Staatssekretärin Katherina | |
Reiche (CDU) aus der EU-Koordination geplaudert, die Klimakommissarin | |
Connie Hedegaard habe die Erwartungen der EU an das 30-Prozent-Ziel für | |
Doha gedämpft. Hedegaard schäumte und stauchte Reiche in kleiner Runde | |
zusammen. | |
Von den Umweltverbänden kam umgehend Kritik an Altmaiers Rückzieher. „Wenn | |
jemand zu Hause so den Mund voll nimmt und hier nichts erreicht, muss man | |
sich fragen, wie wichtig ihm der Klimaschutz ist“, sagte Martin Kaiser von | |
Greenpeace. | |
Und Christoph Bals von Germanwatch meinte, wenn es in Doha keine Einigung | |
der EU auf wenigstens 25 Prozent oder zumindest einen Fahrplan wichtiger | |
EU-Staaten für 30 Prozent im nächsten Frühjahr gebe, „dann fährt Altmaier | |
deutlich beschädigt von der Konferenz nach Hause“. | |
Allerdings betonte Bals, einer der besten Kenner der Verhandlungen, die | |
„hervorragende Rolle“ der gesamten deutschen Delegation. Auf der | |
Arbeitsebene der Beamten seien die Deutschen wie gewohnt konstruktiv, heißt | |
es auch aus der EU-Kommission. Dort hatte man Altmaiers Ankündigung, | |
notfalls ohne die Polen allein zu marschieren, immer kritisch gesehen: „Das | |
ist juristisch nicht möglich“, sagt ein Beamter. „Wenn das ginge, hätten | |
wir es schon lange selbst gemacht.“ Altmaier habe bei seiner ersten | |
internationalen Klimakonferenz vielleicht noch nicht so viel Erfahrung. | |
## Im warmen Licht der Klima-Musterknaben | |
In seiner Rede vor dem Plenum hatte der Minister stark für einen | |
ordentlichen Abschluss der Konferenz geworben. In einer Situation, in der | |
alle Verhandlungsstränge mehr oder weniger blockiert seien, werde er „bis | |
zum Ende“ dafür kämpfen, dass es eine zweite Kioto-Periode gebe. Außerdem | |
lobte er Deutschland wegen der Energiewende und wegen des Rückgangs des | |
Treibhausgasausstoßes um inzwischen 26 Prozent. | |
Auch sonst sonnten sich die Deutschen im warmen Licht der | |
Klima-Musterknaben. Erst am Tag zuvor war auf der Konferenz die Berliner | |
Zusage zur aufgestockten Klimafinanzierung gelobt worden: Deutschland | |
erhöht für 2013 und 2014 seine Hilfe um 400 Millionen auf 1,8 Milliarden | |
Euro. Am Mittwoch hatte die Katar-Stiftung mit großer Geste angekündigt, | |
mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ein gemeinsames | |
wissenschaftliches Institut zur Erforschung des Klimawandels zu gründen. | |
Und am Donnerstagabend stand für Peter Altmaier am Persischen Golf wieder | |
ein angenehmer Termin auf dem Programm: eine Präsentation der deutschen | |
Energiewende mit hochrangigen Gästen aus China, Südafrika, Marokko und der | |
internationalen NGO-Gemeinde. | |
6 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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