# taz.de -- EU-Freihandelsabkommen: Milchpulver und Drogengelder | |
> Das EU-Parlament segnet ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru | |
> ab. Das eröffnet neue Märkte und bedroht die Existenz von Kleinbauern. | |
Bild: Palmöl-Plantage in Kolumbien. Jetzt mit mehr Freiheiten in Richtung EU | |
BRÜSSEL taz | Das Europäische Parlament hat am Dienstag ein neues | |
Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru verabschiedet. Der Abbau von | |
Zollschranken soll Unternehmen neue Märkte eröffnen – und ist hoch | |
umstritten. | |
Die Regierungen in Bogotá und Lima hatten zugesagt, Menschen- und | |
Arbeitnehmerrechte und die Umweltstandards zu verbessern. Unter anderem | |
soll das Budget zum Schutz von Gewerkschaftern aufgestockt werden. „Die | |
Verpflichtung auf die Einhaltung fundamentaler Gewerkschafts- und | |
Menschenrechte setzt neue Standards“, sagt deshalb der | |
SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange. Seine Fraktion hat gemeinsam mit | |
Konservativen und Liberalen für das Abkommen gestimmt. | |
Allerdings sieht der Vertrag keinerlei Sanktionsmechanismen vor. „Die | |
Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen und entsprechende juristische | |
Schritte bleiben vage“, beklagt der Abgeordnete der Linken-Fraktion Jürgen | |
Klute. Für ihn ist der Vertrag ein Schritt in die „völlig falsche | |
Richtung“. | |
## Kolumbien indirekt als demokratisches Land legitimiert | |
Indirekt legitimiere das Abkommen Kolumbien als ein demokratisches und | |
sauberes Land, stärke aber organisierte Kriminalität und Geldwäsche durch | |
Drogenkartelle. 47 Prozent aller Morde an Gewerkschaftern weltweit werden | |
in Peru verübt. Die Aufklärungsrate ist äußerst niedrig. | |
„Lippenbekenntnisse zu Menschenrechten kommen unter die Räder, wenn es um | |
handfeste Handels- und Wirtschaftsinteressen geht“, sagt die grüne | |
EU-Abgeordnete Ska Keller. Auch ihre Fraktion hat gegen das Abkommen | |
gestimmt. | |
Die Mehrheit der Abgeordneten sieht vor allem die Vorteile für die | |
europäischen Unternehmen: Für sie eröffnet sich mit dem Freihandelsabkommen | |
ein riesiger Exportmarkt, etwa für Autos und Maschinen. Außerdem dürfen | |
sich EU-Unternehmen nun auch an öffentlichen Ausschreibungen in Kolumbien | |
und Peru beteiligen. „Mitten in der Krise ist es besonders wichtig, dass | |
die EU ihre Beziehungen zu Ländern mit aufstrebender Wirtschaft | |
intensiviert. Das wird Arbeitsplätze schaffen“, sagt die liberale | |
Abgeordnete Catherine Bearder. | |
In Kolumbien würden dafür Existenzen vernichtet, befürchten dortige | |
Gewerkschafter und Gegner des Abkommens. Denn künftig dürfen EU-Bauern auch | |
Milchprodukte in die Andenländer exportieren. „In unserem Land haben die | |
Bauern meist nur zwei oder drei Kühe. Wir haben keine industrialisierte | |
Milchproduktion. Mit der Billigmilch aus Europa können wir nicht | |
konkurrieren. Die Existenz von rund 500.000 Bauern ist bedroht“, sagt der | |
kolumbianische Gewerkschaftler Gustavo Ruben Triana. Der Vertrag tritt in | |
Kraft, sobald ihn alle beteiligten Länder ratifiziert haben. | |
11 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
Ruth Reichstein | |
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