# taz.de -- Kommentar Islamistische Wahlsiege: Kein Automatismus | |
> Die Erfolge islamistischer Bewegungen in Libyen und Ägypten stehen auf | |
> wackligen Füßen. Als politische Kraft ist mit ihnen trotzdem zu rechnen. | |
Bild: Bleiben an den Muslimbrüdern dran: Protestbewegungen in Ägypten | |
Der Sieg der Islamisten bei den Wahlen in Ägypten und Tunesien im | |
vergangenen Jahr hat die Befürchtung ausgelöst, dass Parteien wie die | |
Muslimbrüder oder die Ennahda in Zukunft das politische Geschehen in ihren | |
Ländern dominieren werden. Doch der Ausgang der ersten Runde des | |
Verfassungsreferendums in Ägypten zeigt, dass es dafür keinen Automatismus | |
gibt. | |
Der Sieg der Muslimbrüder ist nur ein halber. Die Wahlbeteiligung von (noch | |
inoffiziellen) 33 Prozent ist angesichts ihrer massiven Mobilisierung eine | |
herbe Schlappe. Und in Tunesien ist es keineswegs sicher, dass die Ennahda | |
bei den Wahlen 2013 wieder in die Regierung kommt. | |
In beiden Ländern, ebenso wie in Libyen und Syrien, wurden die Islamisten | |
während der Diktatur mehr oder weniger brutal ins politische Abseits | |
gedrängt. Dass diese Kräfte nach der Revolution die Chane nutzen, ihren | |
Platz im politischen Wettbewerb einzunehmen, ist nicht überraschend. Auch | |
nicht, dass sie viele Stimmen auf sich vereinigen konnten. Doch nun zeigt | |
sich, dass es mit ihrem Nimbus auch schnell wieder vorbei sein kann. | |
Verfassungen sind zwar wichtig, aber nicht das Hauptanliegen weiter Teile | |
der Bevölkerung. Den Islamisten fehlen wirtschaftliche Konzepte, die | |
soziale Lage der Menschen hat sich im vergangenen Jahr kaum verbessert. Bei | |
den letzten Wahlen war zudem das liberale Lager extrem zersplittert. Das | |
ändert sich in beiden Ländern gerade. Daher ist absehbar, dass sich die | |
islamistischen Erfolge bei den nächsten Wahlen nicht wiederholen werden. | |
Aber auch wenn Wahlsiege der Islamisten kein Automatismus sind, wird mit | |
ihnen als politischer Kraft zu rechnen sein. Im positiven Fall als Teil | |
einer lebendigen, demokratischen Auseinandersetzung. | |
16 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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