| # taz.de -- Studie zur Bevölkerung: Einwanderung spaltet Deutschland | |
| > Einer neuen Studie zufolge sind die Deutschen zutiefst zwiegespalten, was | |
| > Einwanderung angeht. Junge Menschen sind aber mehrheitlich für | |
| > erleichterte Zuwanderung. | |
| Bild: „Die Bedeutung einer Willkommenskultur wird unterschätzt.“ – Reis… | |
| BERLIN taz | Die Deutschen haben nach wie vor ein zwiespältiges Verhältnis | |
| zur Zuwanderung: Einer Studie zufolge hält die Mehrheit Deutschland zwar | |
| für ein attraktives Einwanderungsland. Zugleich überwiegt die Skepsis | |
| gegenüber der Zuwanderung. Das ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag der | |
| Bertelsmann Stiftung, die am Montag veröffentlicht wurde. | |
| „Deutschland unterschätzt die Bedeutung einer Willkommenskultur und | |
| überschätzt die Attraktivität als Einwanderungsland“, sagt Ulrich Kober von | |
| der Bertelsmann Stiftung, der die Studie vorstellte. Denn Deutschland werde | |
| von Hochqualifizierten aus Nicht-EU-Ländern eher gemieden. „Ohne Offenheit | |
| sind wir nicht attraktiv für qualifizierte Zuwanderer, die wir allein | |
| aufgrund der demografischen Entwicklung dringend brauchen“, warnt Kober. | |
| Sieben von zehn Befragten gaben in der Emnid-Umfrage an, Zuwanderung | |
| erleichtere die Ansiedlung internationaler Firmen und mache das Leben in | |
| Deutschland interessanter. 62 Prozent hoben hervor, dass die Überalterung | |
| der Gesellschaft vermindert werde. Jeder Zweite betrachtet Zuwanderung | |
| außerdem als notwendiges Mittel gegen den Fachkräftemangel. | |
| Dennoch sind knapp zwei Drittel der Befragten der Auffassung, Zuwanderung | |
| führe zu neuen Belastungen in den sozialen Sicherungssystemen, zu | |
| Konflikten mit Einheimischen und zu Problemen in den Schulen. Und weniger | |
| als jeder Zweite spricht sich dafür aus, Einbürgerung zu erleichtern, | |
| doppelte Staatsbürgerschaft zu ermöglichen oder Antidiskriminierungsgesetze | |
| zu verschärfen. „Obwohl Deutschland bei der formalen Gleichstellung | |
| Nachholbedarf gegenüber allen klassischen Einwanderungsländern hat, sehen | |
| die Deutschen Handlungsbedarf eher bei weichen Themen“, sagt Kober dazu. | |
| Die Wahrnehmung des eigenen Landes fällt trotzdem recht positiv aus: Auf | |
| die Frage nach den drei attraktivsten Einwanderungsländern nannten die | |
| Befragten Deutschland (56 Prozent) und die USA (44) sehr viel häufiger als | |
| Frankreich (15), Schweiz, Schweden und Kanada (alle 14). „Die sehr geringe | |
| Resonanz auf Green Card und Blue Card spricht eine andere Sprache“, | |
| relativiert Ulrich Kober diese etwas zu rosige Selbsteinschätzung. | |
| Die Studie zeigt aber auch: Je jünger die Befragten, desto mehr schwinden | |
| die Vorbehalte gegen Zuwanderer. Die Altersgruppe unter 29 schätzt die | |
| Leistungen der bereits länger in Deutschland lebenden Zuwanderer höher ein | |
| und ist mehrheitlich für erleichterte Einbürgerung und Gesetze gegen | |
| Benachteiligung von Zuwanderern. Während etwa die Älteren schulische | |
| Integration als den negativsten Aspekt von Zuwanderung überhaupt sehen (74 | |
| Prozent), ist es für die Jüngeren nur ein Problem unter vielen (46 | |
| Prozent). | |
| ## Fachkräfte und andere Einwanderer | |
| „Es wird häufig zu wenig unterschieden zwischen Fachkräften und anderen | |
| Zuwanderern, die aus humanitären Gründen oder im Familiennachzug zu uns | |
| kommen“, sagt die SPD-Vizevorsitzende Aydan Özoguz der taz. Die Ergebnisse | |
| der Studie hätten sie deshalb „nicht überrascht“. Die SPD-Politikerin hä… | |
| es für wichtig, die Ausländerbehörden umzustrukturieren und die Mitarbeiter | |
| zu schulen. | |
| Hamburg hat seine Ausländerbehörde jüngst zum „Welcome Center“ umbenannt. | |
| Dies sei „ein gelungenes Beispiel für eine Willkommenskultur, die diesen | |
| Namen wirklich verdient. Zuwanderern wird vom ersten Tag an das Gefühl | |
| vermittelt, in unserem Land erwünscht und willkommen zu sein“, schwärmte | |
| Integrations-Staatsministerin Maria Böhmer (CDU) und pries die Stadt als | |
| „Vorreiter“. „Der Ausbau einer Willkommenskultur in Deutschland gewinnt | |
| angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels immer mehr an Bedeutung“, | |
| betonte sie. | |
| „Wir müssen aktiv unter jungen Hochschulabsolventen werben, um mehr | |
| Fachkräfte nach Deutschland zu locken“, fordert Serkan Tören, der | |
| integrationspolitische Sprecher der FDP. Der FDP-Politiker spricht sich für | |
| ein Punktesystem aus, wie es in Kanada und Australien existiert. „Das ist | |
| unser Ideal“, sagte er der taz. Außerdem macht sich der Liberale für eine | |
| „Turbo-Einbürgerung“ von Fachkräften schon nach drei oder vier Jahren | |
| stark. | |
| 17 Dec 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Bax | |
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