# taz.de -- Kommentar Burn-Out: Zeit zu handeln | |
> Bei der Bekämpfung von Stress am Arbeitsplatz hapert es: weil die | |
> Arbeitgeber sich sträuben und die Regierung nicht drängeln will. Das muss | |
> sich ändern. | |
Ständige Überstunden und Erreichbarkeit für den Arbeitgeber, miese | |
Bezahlung, kürzere Taktzeiten am Band, Schicht- und Nachtarbeit, fehlende | |
Anerkennung, unklare Arbeitsabläufe und unfähige Vorgesetzte – es gibt | |
viele Gründe, warum Arbeit restlos auspowern kann. Falls das nicht reicht: | |
Immer mehr Beschäftigte tragen den eigenen, kleinen Chef in sich, der sie | |
antreibt. | |
Was nützt dagegen eine Verordnung, wie sie die IG Metall und die | |
Sozialminister der Länder fordern? Die Antwort ist: viel – als erster | |
Schritt. Eine Verordnung konkretisiert die Gefahren, die im Beruf für die | |
psychische Gesundheit entstehen können. Sie gibt den Arbeitsschutzbehörden | |
bei Betriebskontrollen, aber auch den Beschäftigten klare Wegweiser und | |
Rechte an die Hand. Natürlich ist die Materie komplex. Aber | |
Arbeitswissenschaft und Medizin haben bereits viele Risikofaktoren und | |
Ansätze zur Prävention identifiziert. | |
Allein, es hapert an der Umsetzung, weil sich die Arbeitgeber gegen | |
Verpflichtungen sträuben und die Bundesregierung sie nicht drängeln will. | |
Das aber ist fahrlässig und dumm. Studien zeigen, dass sich ein aktives | |
betriebliches Gesundheitsmanagement doppelt und dreifach auszahlt: durch | |
gesündere und motiviertere Belegschaften, die weniger Produktionsausfälle | |
verursachen. Das wiederum schont die Sozialkassen, die jedes Jahr | |
Milliarden Euro für die Behandlung arbeitsbedingter psychischer | |
Erkrankungen, für Krankengeld oder Erwerbsminderungsrenten aufbringen, | |
während gleichzeitig für immer arbeitsunfähige Beitragszahler verloren | |
gehen. | |
Eine Verordnung wäre aber nur ein Anfang. Es braucht mehr Aufklärung und | |
Diskussion. Damit Beschäftigte besser lernen, ihre Arbeitskraft zu | |
verteidigen und eine Gefährdungsbeurteilung in ihrem Betrieb einfordern. | |
Nur die Hälfte aller Unternehmen führt dieses gesetzlich vorgeschriebene | |
Instrument bisher überhaupt durch. | |
Aber auch der Personalabbau in den Aufsichtsbehörden der Bundesländer – | |
Ergebnis der Deregulierungswut des ehemaligen Bundesarbeitsministers | |
Wolfgang Clement (SPD) – müsste gestoppt werden. Denn wenn ein Betrieb | |
damit rechnen kann, im Schnitt nur alle 86 Jahre einmal von einem | |
Arbeitsschützer aufgesucht zu werden (so die Realität in NRW 2009), besteht | |
wenig Grund, sorgfältiger mit der Gesundheit der Beschäftigten umzugehen. | |
19 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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