# taz.de -- Flugzeugabsturz in Kasachstan: Unglück oder Staatsaktion? | |
> Beim Absturz eines Militärjets sterben 27 Menschen - darunter der Chef | |
> der Grenztruppen. So mancher sieht hier den Geheimdienst am Werk. | |
Bild: Hauptstadt Astana: In Kasachstan regiert seit 1989 Präsident Nursultan N… | |
BISCHKEK taz | Eine Militärmaschine ist am Dienstag kurz vor dem Anflug auf | |
die südkasachische Stadt Schimkent verunglückt. Dabei kamen alle 27 | |
Insassen ums Leben. Unter den Verunglückten sind auch der erst im Sommer | |
ernannte kommissarische Chef der Grenztruppen, Turganbek Stambekow, und ein | |
Großteil des Führungsstabs der dem Minister für Staatssicherheit | |
untergeordneten Behörde des zentralasiatischen Staates. | |
Stürme und eine Kältewelle hatten in Südkasachstan wiederholt zu | |
Flugausfällen geführt. Die Antonow, Baujahr 1990, sei nach Angaben der | |
kasachischen Staatssicherheit noch 2012 gewartet worden. Nach | |
Augenzeugenberichten stürzte der Militärtransporter brennend vom Himmel und | |
war nach dem Aufprall komplett zerstört. | |
Journalisten am Unglücksort wurden nach Berichten des kasachischen | |
Exilsenders K+ massiv bei ihrer Arbeit behindert. Das von dem Präsidenten | |
Nursultan Nasarbajew seit 1989 autokratisch beherrschte rohstoffreiche | |
Kasachstan hatte im Dezember eine Reihe von Oppositionsmedien verboten – | |
darunter auch den in Moskau ansässigen Exilsender. | |
Der Flugzeugabsturz ist die zweite große Katastrophe für den kasachischen | |
Grenzschutz in diesem Jahr. Ende Mai waren Angehörige einer Grenzeinheit an | |
der kasachisch-chinesischen Grenze getötet worden. Nachdem der Funkkontakt | |
zu der Einheit im Hochgebirge des Tien-schan tagelang unterbrochen gewesen | |
war, fand ein Suchtrupp die verkohlten Leichen von 13 erschossenen Soldaten | |
und einem Förster. | |
## Schuldspruch ohne nachvollziehbares Motiv | |
Wenige Tage später stellte sich der einzige Überlebende der Grenzeinheit, | |
der damals 19-jährige Wladislaw Schelach, und gestand, die Kameraden in | |
einer Affekthandlung getötet zu haben. Bis heute fehlt ein | |
nachvollziehbares Motiv für die Tat. Anfang Dezember wurde der für | |
schuldfähig befundene Schelach zu lebenslanger Haft verurteilt. | |
Ein Großteil der kasachischen Öffentlichkeit zweifelt an dieser Version. Es | |
gibt kaum ein Treffen – sei es im Restaurant, auf dem Markt oder Flughafen | |
–, bei dem diese Tat nicht intensiv diskutiert würde. Viele sind überzeugt, | |
dass der zur Tatzeit 19-Jährige zu einem Geständnis gezwungen wurde. | |
Freunde und die Familie beschworen seine Unschuld. Schelach widerrief sein | |
Geständnis und rief nach der Urteilsverkündung, dass er hereingelegt worden | |
sei. | |
Der bei dem Absturz verunglückte Stambekow wurde nach dieser rätselhaften | |
Massentötung zum kommissarischen Leiter der Grenztruppen ernannt. Der | |
kasachische Journalist Sergej Duwanow schließt einen Zusammenhang des | |
Absturzes mit den Morden im Mai nicht aus. „Stambekow hat nach seiner | |
Ernennung versucht, Reformen in der korrupten Behörde durchzusetzen“, sagt | |
Duwanow. Der kasachische Geheimdienst sei zu allem fähig. Der Journalist | |
war 2004 in Kasachstan zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und | |
nach internationalen Protesten amnestiert worden. | |
26 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Marcus Bensmann | |
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