| # taz.de -- Das Jahr: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch? | |
| > 2012 haben sich Christian Wulff und Carsten Maschmeyer scheiden lassen, | |
| > 2013 droht der Großkoala. Und es braucht Gerechtigkeit für Horst | |
| > Seehofer. | |
| Bild: Waren lange ein glückliches Paar: Christian Wulff (re.) und Carsten Masc… | |
| taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht 2012? | |
| Friedrich Küppersbusch: 2011 hatte von Tsunami, Fukushima, BaWü und bin | |
| Ladens Ermordung bis zum „arabischen Frühling“ und Guttenberg den | |
| Nachrichtenvorrat von drei Jahren aufgemampft. Ich meine es herzlicher, als | |
| es klingt: 2012 war das Jahr der Verdauung. | |
| Was wird besser 2013? | |
| Mit Glück schöpfen die BürgerInnen Mut, Handeln von ihrer Regierung zu | |
| erwarten. Ohne bleibt alles kerndeutsch: never change a boring team. | |
| Peer Steinbrück kassiert, Joachim Gauck kommt, die Eurokrise bleibt: Sollen | |
| die Deutschen lachen oder weinen? | |
| Ein Déjà-vu der letzten Kohloratur: an der Grundlinie die Bälle weghauen, | |
| bloß nichts aktiv gestalten. Merkel brilliert in der Kunst, den Trumpf bis | |
| zuletzt im Ärmel zu behalten – vor allem, wenn es keiner ist: Im | |
| Geschichtsbuch wird 2012 das Jahr zähen Hinhaltens gegen ein Finanzfiasko | |
| sein. Und eines jener Epoche, als Deutschland sich weigerte einzusehen, | |
| Teil eines größeren Ganzen zu sein. Im – zugegeben wackligen – Vergleich | |
| mit der Zeit nach der Paulskirche: Wer nicht aktiv gestaltet, wird mit dem | |
| Schwert verwaltet. | |
| Norbert Röttgen wird zackig entlassen, Christian Wulff sammelt Bonuspunkte, | |
| Christina Schröder will „das Gott“. Sind wir ein Volk, regiert von | |
| Stümpern? Oder müssen wir die Karnevalisierung der Politik mit Humor | |
| nehmen? | |
| Bei Röttgen hat die Kanzlerin einen Minister abgestraft, wo die CDU-Chefin | |
| auf einen Landesfürsten sauer war. Röttgens fahrlässiger Scherz, wonach die | |
| CDU bedauerlicherweise nicht über Staatsämter entscheide, ist bei Merkel | |
| bitterer Ernst. Es war ihre schwächste Performance seit Jahren. Wulff war | |
| naiv und begrüßte den Islam in Deutschland; Gauck kommt vor Eitelkeit nicht | |
| zum Schnäppchenmachen und predigt die Muslime aus der Kirche wieder aus. | |
| Hier haben die Zeitungen einen Sieg über sich selbst errungen; am | |
| Jahresanfang obsiegt Bild, am Ende sterben FR und FTD. Der | |
| Nachrichtenrhythmus ist von wöchentlich à la Spiegel auf stündlich à la | |
| Spiegel online eskaliert; und entsprechend jäh silvesterkrachern die | |
| Personalien und verglühen auch wieder. Eine Zeit schneller kurzer | |
| Karrieren. Man kann uneitel sein – Merkel, Schäuble – oder seine eigene | |
| Karikatur – Brüderle, Roth. Die dazwischen haben es schwer. | |
| 2012 war auch das Jahr der Trennungen: Tom Cruise und Katie Holmes ließen | |
| sich scheiden, Johnny Depp und Vanessa Paradis lieben sich nicht mehr, | |
| Heidi Klum und Seal liefern sich einen Rosenkrieg. Nur die Ehe zwischen | |
| Angela Merkel und Joachim Sauer hält. Was ist deren Ehegeheimnis? | |
| Frau Clinton wurde nach ihres Gatten Regierungszeit Außenministerin und | |
| spekuliert angeblich auf eine Präsidentschaftskandidatur. Es gibt ein irres | |
| Wettrennen zwischen Doris Schröder-Köpf und Joachim Sauer. Übrigens hat | |
| sich auch Wulff von Maschmeyer scheiden lassen, wegen des ewigen Streits, | |
| wer in ihrer Verfilmung Veronica Ferres spielen darf. Normal ja Til | |
| Schweiger. | |
| Während der Fußball-EM in der Ukraine und in Polen rückten die schlechten | |
| Haftbedingungen der früheren ukrainischen Ministerpräsidentin Julia | |
| Timoschenko in den Fokus. Jetzt liest, hört und sieht man nichts mehr über | |
| die Gefangene. Typisches Medienopfer? | |
| Während eines Schlagerfestivals in Aserbaidschan pulverten sich die | |
| Feuilletons, ob man Geträller bejubelt, wo anderntags der | |
| Menschenrechtsbeauftragte der EU nicht einreisen darf. Das war mindestens | |
| ebenso ambivalent, und ich zahle ungern Rundfunkgebühren für | |
| Verschönerungsmaßnahmen an autoritären Diktaturen. Kommt der Tag, wo RTL es | |
| politisch begründet, warum sie beides nicht gezeigt haben. | |
| Ein Anschlag auf den Bonner Hauptbahnhof wurde abgewendet, jetzt wird | |
| bundesweit eine verstärkte Videoüberwachung gefordert. Eine gute Idee? | |
| Perfektes Beispiel für eine Luftdebatte: auf dem Bonner Hauptbahnhof sind | |
| Überwachungskameras, und das hat die Täter offenkundig in keiner Weise | |
| abgeschreckt. Als Zugabe stolperten sie noch zu McDonald’s rein, wo die | |
| Stasicam-Bilder auch aufgezeichnet werden. Bräuchte man einen | |
| exemplarischen Fall, zu beweisen, wo Kameras genau nichts genutzt haben – | |
| hier ist er. Damit reiht sich diese Debatte in eine Liste skurriler | |
| Initiationsrituale für Innenpolitiker: wie die schwarz-rote | |
| Kronzeugenregelung, die schwarz-gelbe Vermischung von Polizei und | |
| Geheimdienst und dunnemals Schäubles Generalbass vom Einsatz der Bundeswehr | |
| im Inneren. Wenn man das alles hat, heißt man Großbritannien und schaut | |
| fassungslos Straßenschlachten zu. | |
| Prügeleien an Schulen, auf öffentlichen Plätzen, in Stadien: Der | |
| katholische Erzbischof Robert Zollitzsch macht das „brutale“ TV-Programm | |
| dafür verantwortlich. Welches Format könnte er meinen? | |
| BibelTV? Da werden Huren gesteinigt, religiöse Eiferer gekreuzigt, und | |
| Greise schlachten ihre Kinder für irgendeinen Gruselgott. Mit der | |
| „unbefleckten Empfängnis“ bekäme Maria ’ne eigene Serie bei RTL. Kurz: … | |
| katholische Kirche trauert – so zu Recht wie zum Glück – ihrem Monopol auf | |
| Horrorgeschichten nach. Zollitzsch scheinen öffentliche Prügeleien | |
| besonders suspekt; immerhin lobt er nicht seinen Laden als Gegenbeispiel, | |
| wo seit Jahrhunderten eher privat geprügelt wird. | |
| In der CSU ist der Kampf um die Zeit nach Horst Seehofer entbrannt. Wer | |
| wird gewinnen? Und wer verlieren? | |
| Die CSU reichte mal von Schönhuber bis zum ersten Umweltminister der | |
| Republik, von ultrarechts bis zum sozialen Anspruch, den eher der junge | |
| Seehofer verkörperte. Heute versucht er, Hase und Igel als Einmannstück | |
| aufzuführen, und drumherum orakelt es, ob die CSU ihr „Ich bin drei | |
| Parteien“-Ding noch in die Gegenwart retten kann. Deshalb: Gerechtigkeit | |
| für Horst Seehofer! Die CSU braucht keine Mehrheit, sondern Denkmalschutz. | |
| Und wer gewinnt die Bundestagswahlen im Herbst? | |
| Es ist grausam. SuPeer kriegt seinen Egotrip, hinterher wird Frank-Walter | |
| Vizekanzler und Außenminister. Siggi Gabriel wird sich ein klassisches | |
| Ressort holen, um für 2017 besser starten zu können, und also: die Wahl, | |
| die keine war. Es droht der Großkoala, und ich erwische mich bei dem | |
| Gedanken, dass selbst Schwarz-Grün aufregender wäre als das Weitermurkeln | |
| der Kanzlerin. | |
| Weder Trittin noch Göring-Eckardt schließen das aus, sie wollen derzeit | |
| noch wankelmütige Unionswähler mitnehmen. Es ist einigermaßen | |
| verantwortungslos, die Wähler an die Urne zu bitten, ohne ihnen einen | |
| belastbaren Vorschlag für eine Mehrheit machen zu können. Merkel kann das | |
| und wird gewinnen. | |
| Der Bürgerkrieg in Syrien endet nicht. Muss der Westen endlich | |
| intervenieren? | |
| Muss er, tut er. Nach dem tiefen Kriegstrauma der Deutschen muss man nicht | |
| unbedingt schon weder Weltmeister im Waffenexport sein. Doch umgekehrt: | |
| Letzter bei Friedensinitiativen – das ist zu wenig. Westerwelle hat bei | |
| Libyen aus Versehen alles richtig gemacht. War Fischer ein guter | |
| Außenminister, wenn er jetzt so dröhnend schweigt? Gibt es endlich eine | |
| grüne Außenpolitik, die nicht daraus besteht, Soldaten Rotkreuz-Armbinden | |
| anzutexten? | |
| Russlands Präsident Wladimir Putin hat das Gesetz unterzeichnet, das | |
| amerikanischen Bürgern die Adoption russischer Kinder untersagt. Es trete | |
| damit am 1. Januar in Kraft, teilte der Kreml mit. Ein neuer Kalter Krieg? | |
| Ja, Gerhard Schröder hat sofort unter seinem Kind nachgeguckt, ob da eine | |
| Rückgabefrist draufsteht. | |
| Herr Küppersbusch, wir wollen uns für die gute Zusammenarbeit 2012 | |
| bedanken. Wie fanden Sie es denn so mit uns? | |
| Selber danke! Es war fordernd und großzügig und ohne Zensur. Vielleicht | |
| muss man für ARD und ZDF noch eine nette Genossenschaft suchen. | |
| Was machen die Borussen 2013? | |
| Wir müssen nicht jedes Jahr Meister werden. Wir sind keine Bayern. | |
| Fragen: Cigdem Akyol | |
| 31 Dec 2012 | |
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| Friedrich Küppersbusch | |
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