| # taz.de -- Asylprotest in Berlin: Flüchtlinge bleiben in Kreuzberg | |
| > Die Flüchtlinge vom Oranienplatz-Camp wollen ihren Protest fortsetzen. | |
| > Bezirk stellt Dauerduldung in Aussicht - sofern es politisch bleibt. | |
| Bild: Das Kreuzberger Protestcamp am Freitag. | |
| Auf der Tafel im blau-weißen Zirkuszelt steht, wann sich die „legal group“ | |
| und wann die „security group“ trifft. Am Info-Tisch wird auf die | |
| Kinderbetreuung im Familienzentrum Adalbertstraße verwiesen und auf | |
| Deutschkurse. Und im Küchenzelt schneiden vier Afrikaner Zwiebeln, schälen | |
| Kartoffeln für eine Suppe. Hinter ihnen gut gefüllte Regale. | |
| Das Flüchtlingscamp am Kreuzberger Oranienplatz, es scheint gerüstet für | |
| eine neue Protestsaison. „Wir sind sehr stolz, was wir schon erreicht | |
| haben“, verkündet denn auch am Freitag Patras Bwansi, Flüchtling aus | |
| Uganda, auf einer Pressekonferenz im Zirkuszelt. „Aber unser Kampf geht | |
| weiter.“ Noch seien die Forderungen nicht erfüllt: keine Residenzpflicht, | |
| keine Sammelunterkünfte, keine Abschiebungen. | |
| Mit einer Bustour sollen demnächst Flüchtlingsheime in ganz Deutschland | |
| besucht werden, um noch mehr Asylbewerber für den Protest zu gewinnen. Im | |
| März soll dann eine große Demonstration vom Camp zum Bundestag führen. „Zum | |
| Geburtstag unserer Bewegung“, wie Bwansi sagt. | |
| Im letzten März wurde nach dem Selbstmord eines Flüchtlings in Würzburg ein | |
| erstes Protestcamp errichtet, es folgten sieben weitere. Im September | |
| brachen 30 Asylbewerber zu einem 600-Kilometer-Marsch nach Berlin auf. Hier | |
| protestieren sie seitdem auf dem Oranienplatz. | |
| 127 Flüchtlinge lebten aktuell im Camp, berichtet Bwansi, darunter 17 | |
| Kinder. Einige kämen auch in der ehemaligen Hauptmann-Schule an der Ohlauer | |
| Straße unter, die im Dezember besetzt wurde. „Das Camp aber bleibt unser | |
| politisches Zentrum.“ | |
| Laut Franz Schulz (Grüne), Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, kann | |
| das so bleiben. Bis Ende Februar dulde der Bezirk das Camp. Finde dann | |
| immer noch Politik dort statt, stehe der Verlängerung nichts im Weg, sagt | |
| Schulz. „Es ist richtig zu fordern, Flüchtlinge nicht als Menschen zweiter | |
| Klasse zu behandeln. Und diese Forderung gehört auch nach Berlin.“ | |
| Schulz betont aber, dass der Bezirk eine „sehr deutliche Ansprache“ | |
| gehalten habe, als sich vor Weihnachten eine Messerstecherei in der Schule | |
| ereignete, bei der zwei Flüchtlinge verletzt wurden. „Das darf sich nicht | |
| wiederholen, sonst stellt das die Duldung in Frage.“ Der Bezirk hat die | |
| Besetzung als Kältehilfe für die Flüchtlinge bis Ende März akzeptiert. | |
| Danach sollen Kreuzberger Initiativen in die Schule. Laut Schulz beginnt | |
| das Beteiligungsverfahren dafür im Februar. | |
| Den Opfern der Messerattacke gehe es wieder gut, sagt die Sudanesin Napuli | |
| Langa. „Die Leute, die hierher kommen, sind durch die Flucht und die | |
| Lagerunterkünfte traumatisiert“, versucht sie den Vorfall zu erklären. Die | |
| Tat werde intern aufgearbeitet und die Ermittlungen der Polizei abgewartet. | |
| Die Schule sei inzwischen für fremde Besucher geschlossen. | |
| Probleme kommen nun aber von anderer Seite. Fünf Flüchtlingen drohe die | |
| Abschiebung, sagt Langa. Gegen sieben liefen zudem Verfahren, weil sie die | |
| Residenzpflicht verletzten. Die Auflage untersagt Asylbewerbern, ihren | |
| Landkreis oder ihr Bundesland zu verlassen. „Das ist Diskriminierung“, | |
| schimpft einer der Betroffenen, der Mauretanier Yahya Fall. „Ich werde gar | |
| nichts bezahlen.“ Die anderen handelten genauso, Anwälte würden helfen. Der | |
| Protest und die Besetzung seien kein Spaß, betont auch Langa. „Wenn die | |
| Politik endlich sagt, ihr seid frei, bin ich sofort weg hier.“ | |
| 4 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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