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# taz.de -- Gewalt in Flüchtlingsunterkunft: Andere Themen sind wichtiger
> Flüchtlinge und Flüchtlingsaktivisten diskutieren über die
> Messerstecherei. Nach außen soll davon aber nichts dringen. Der Täter ist
> weiter auf der Flucht.
Bild: Die besetzte Schule in Kreuzberg.
In einem Zirkuszelt sitzen rund 30 Flüchtlinge und Unterstützer am
Sonntagmittag zusammen, auf Bierbänken, in der Mitte wärmt ein Gasstrahler,
es gibt Tee. Es ist Plenum im Camp auf dem Kreuzberger Oranienplatz.
Beunruhigt sei er über den Vorfall vom Donnerstag, sagt ein afrikanischer
Flüchtling. Es handle sich um eine „gefährliche Situation“.
Ein Mann, der sich als Mitstreiter von Occupy Hamburg vorstellt, bietet
sich als Konfliktvermittler für die Schule an. „Wir müssen auch die anderen
Ausgegrenzten verstehen, die jetzt dort Schutz suchen.“ Seit Anfang
Dezember besetzen mehrere dutzend Flüchtlinge und Unterstützer die frühere
Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg. Am Donnerstagabend war es dort zu
einer Schlägerei gekommen.
Ein Mann, der erst kurz zuvor ins Haus gezogen sein soll, zog dabei
schließlich ein Messer und stach auf einen 19-jährigen Afghanen und einen
30-jährigen Iraner ein. Der Iraner musste mit Rückenverletzungen im
Krankenhaus behandelt werden. Der Täter sei weiter flüchtig, sagte am
Sonntag eine Polizeisprecherin. Zuvor hatte es gehießen, der Angreifer
gehöre wohl nicht zu Flüchtlingen. Auch Obdachlose sollen sich inzwischen
in der Schule aufhalten.
Von den Protestierenden will sich auch am Sonntag niemand so recht zu dem
Vorfall äußern. Es kursierten schon zu viele Falschinformationen, heißt es.
Den Verletzten gehe es wieder „okay“, sagt eine Sprecherin nur. Sie spricht
von einem Streit, bei dem sich „beide Seiten schlecht verhalten“ hätten.
Natürlich werde der Vorfall intern diskutiert. Man schaue nun, wie man die
Schule als „Rückzugsraum“ für die Flüchtlinge sichern könne.
Dort vor Ort werden am Sonntag fremde Besucher abgewiesen. Wer Infos wolle,
solle zum Camp am „O-Platz“ gehen, sagt ein Mann am Info-Tisch im
Erdgeschoss. Die Schule sei nur ein „Wohn- und Schlafraum“, mehr nicht. Man
habe „den Schutz“ nun verstärkt, Ausstehende hätten in den Fluren nichts …
suchen. Auf einem Schild neben der Tür heißt es: „No Tourism, No
Destruction, No Stealing“. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat die
Besetzung geduldet.
Als „Kältehilfe“ für die seit Wochen in Berlin protestierenden Flüchtlin…
dürften diese über den Winter, bis Ende März, in den Räumen bleiben. Die
Flüchtlinge kündigten an, auch ihr Camp auf dem Oranienplatz „auf
unbestimmte Zeit“ und als „politisches Zentrum“ halten zu wollen. Medizin
und BVG-Tickets würden dort gerade gebraucht, steht am Sonntag am Info-Zelt
auf einem Plakat, und für die Schule Bettwäsche und Matratzen. Ein Anwohner
reicht einen Beutel mit Spenden über Tisch. „Braucht ihr sonst noch was?“
Die Messerstecherei sei eine „zwischenmenschliche Tragödie“ sagt die
Sprecherin des Camps. Es gebe aber „wichtigere Prioritäten". So stünden
einige der dort lebenden Flüchtlinge vor der Abschiebung. Auch werde
beraten, wie Asylbewerber im Landkreis Wittenberg (Sachsen-Anhalt)
unterstützt werden könnten, denen der Umzug in ein abgelegenes Heim drohe.
m Samstag protestierten Flüchtlingsaktivisten zudem vor dem
Bundespräsidialamt gegen den Afghanistankrieg anlässlich des Besuchs von
Bundespräsident Joachim Gauck in dem Land. „Kein Demokratieexport per
Kriegseinsatz“, hieß es auf Transparenten, und: „Nato raus aus
Afghanistan“. Das, so die Sprecherin, seien nun die „wichtigen Themen“.
23 Dec 2012
## AUTOREN
Konrad Litschko
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