# taz.de -- Protest gegen Nazimarsch in Magdeburg: Die Innenstadt bleibt nazifr… | |
> 12.000 Menschen protestieren in Magdeburg gegen Rechts. Rund 800 Neonazis | |
> weichen auf den Süden der Stadt aus. Die Polizei geht massiv | |
> Gegendemonstranten an. | |
Bild: Blut und Hakenkreuze: Künstleraktion gegen Neonazis. | |
MAGDEBURG taz | Kurz nach 13.00 Uhr stand fest: 2013 marschieren die | |
Neonazis nicht erneut durch die Innenstadt von Magdeburg. Ein breiter | |
Protest verhinderte, dass der alljährliche „Trauermarsch“ des | |
Aktionsbündnis „Initiative gegen das Vergessen" am Hauptbahnhof beginnen | |
konnte. Mehr als 12.000 Menschen waren gegen Rechts auf die Straße | |
gegangen. | |
„Nazis raus"-Rufe, Drums und Beats schallten schon am Morgen über den | |
Bahnhofsvorplatz in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. Über 160 | |
Initiativen, Gruppen, Vereine und Parteien beteiligten sich an der „Meile | |
der Demokratie“. | |
Am Mittag sagte Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD): „Mit dieser Ideologie | |
wollen wir nichts zu tun haben". Der Tag der Bombardierung der Stadt am 16. | |
Januar 1945 durch alliierte Luftkräfte würden von den „Leuten missbraucht, | |
die die Geschichte verdrehen wollen". | |
Zu dieser Zeit hatten schon Blockierer des Naziaufmarsches eine der | |
möglichen Demorouten der Rechtsextremen auf der anderen Seite der Elbe | |
erreicht. Schnell konnten an die 900 Demonstranten dort nahe dem geplanten | |
Neonaziaufmarschort zwei Blockaden bilden. „Wegegehen? Ne, das werden wir | |
hier nicht“, sagte eine Frau. | |
Letztlich richteten die Neonazis ihren Trauermarsch aber im Süden der Stadt | |
aus. „Ein Teilerfolg des Tages“, sagt Thomas Schulz vom „Bündnis Magdebu… | |
Nazifrei“ als die Ausweichroute bekannt war. | |
## Kleine kurze Gerangel | |
Im Hauptbahnhof war einer der Verantwortlichen des Marsches, der | |
Bundesvorsitzende der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ | |
(JN), Andy Knape, mit dem Koordinieren beschäftigt. Er sprach mit der | |
Polizei, redete mit seinen Kameraden um die Abfahrt zum S-Bahnhof im | |
Sonderzug zu klären. | |
Einzelne Neonazis die mitten durch die Gegendemonstration zum Haupteingang | |
wollten, griffen Demonstranten vor dem Bahnhof und in der Bahnhofshalle | |
auch Journalisten an. Kleine kurze Gerangel entstanden. | |
An die 800 Rechten zogen letztlich schweigend mit schwarzen Fahnen durch | |
die Straßen im Süden der Stadt. Die „Götterdämmerung“ von Richard Wagner | |
schallte durch den Stadtteil Fermersleben Westerhüsen. | |
Nachdem der neue Aufmarschort bekannt wurde, versuchten vielen | |
Gegendemonstranten die geplante Route zu erreichen. In der Innenstadt | |
kesselte die Polizei eine größere Gruppen ein. Auf den Straßen Richtung | |
Süden versuchten Beamte alle, die sie als „links“ einstuften, zu stoppen. | |
Ein Hubschrauber kreiste über die Innenstadt, Wasserwerfer und | |
Reiterstaffeln standen bereit. Pfefferspray und Schlagstöcke kamen zum | |
Einsatz, Steine und Flaschen flogen. | |
Auf der Meile stellten Polizisten Personen, die in ihren Augen zu schwarz | |
gekleideten waren, nach. „Die Einsatztaktik der Polizei wirft viele Fragen | |
auf“, sagte David Begrich von "Miteinander e.V". | |
Die Angespanntheit der Polizeieinsatzleitung wurde auch deutlich, als eine | |
Künstlergruppe auf der Meile eine Performance umsetzen wollte. Sie waren | |
gekleidet als Autonome Nationalisten und wurden sofort angehalten. Erst | |
nach intensiven Gesprächen zog sich die Polizei zurück. Im Marschschritt | |
mit einem Transparent „Gegen das Vergessen“ ging die Gruppe weiter, kippte | |
Kunstblut auf die Straße, zog die schwarzen Oberteile aus, so dass weiße | |
T-Shirts mit einem Hakenkreuz zu sehen waren. | |
Um 17.00 Uhr war der Neonazimarsch noch immer nicht beendet. Die | |
Gegenproteste auch nicht. Am Hauptbahnhof kesselte die Polizei weiter | |
massiv Demonstranten ein. | |
## Marsch in Magdeburg gewinnt an Bedeutung | |
Vor allem das Spektrum der Freien Kameradschaften hatte zu dem | |
vermeintlichen Trauermarsch unter dem Motto „Ehrenhaftes Gedenken statt | |
Anpassung an den Zeitgeist“ mobilisiert. Zum 14. Mal marschierten Neonazis | |
bereits in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt auf. | |
In den vergangenen Jahren hatte sich der anfänglich kleine Marsch der Szene | |
von NPD über Freie Kameradschaften und Autonome Nationalisten zu einem der | |
größeren Märsche von Rechtsextremen in Deutschlands entwickelt. | |
1994 legten noch vereinzelte NPD-Kader bei einer öffentlichen Gedenkfeier | |
auf dem Westfriedhof einen Kranz nieder. 2001 meldeten Freie | |
Kameradschaften und NPD erstmals einen Trauermarsch an, 140 Rechtsextreme | |
kamen. In den folgenden Jahren trat bundesweite Neonaziprominenz auf, bis | |
zu 1.000 Teilnehmer wurden gezählt. | |
Schon 2012 wurde deutlich, was David Begrich von „Miteinander e.V“. für | |
2013 erwartet hatte: Nachdem die Proteste und Blockaden in Dresden die | |
„Trauermärsche“ dort nach und nach massiv behindert, teilweise gar | |
verhindert hatten, wurde in Magdeburg der Marsch für die Szene wichtiger. | |
„Die Meile der Demokratie hat natürlich auch die Intention das Zentrum für | |
die Neonazis zu blockieren“, sagte Wulf Gallert, Fraktionsvorsitzender der | |
Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt, zur taz. „Und es freut mich wirklich, | |
dass zu der Meile Menschen kommen, die ich nicht kennen. Das hat sich in | |
den letzten zwei Jahren gewandelt.“ | |
12 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
Andreas Speit | |
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