# taz.de -- Grüne Koalitionsspielchen: Aufruhr wegen Schwarz-Grün | |
> Der Vorstoß von Bayerns Landeschef für mehr Offenheit in der | |
> Koalitionsfrage erntet bei den Grünen viele erboste Reaktionen. | |
Bild: Findet Schwarz-Grün eigentlich doof, schließt aber nicht alle Hintertü… | |
BERLIN taz | Anruf bei einem Parteiratsmitglied: „Eine Harakiri-Aktion.“ | |
Anruf bei einem Bundespolitiker: „Wahlkampfschädigend.“ Anruf bei einem | |
Landesvorsitzenden: „Ein Affront gegen den Landesverband Niedersachsen.“ | |
Wenn Grüne über den Vorstoß von Bayerns Landeschef Dieter Janecek reden, | |
kann es schon mal heftiger werden. Und sehr bezeichnend ist, dass sich kein | |
Grüner mit solchen Einschätzungen namentlich zitieren lassen will. | |
Zunächst einmal muss man feststellen, dass Janeceks Einlassungen die | |
Ökopartei in Aufruhr versetzt haben. Er hatte in der [1][taz dafür | |
geworben], nach der Bundestagswahl auch mit anderen Parteien Gespräche zu | |
führen, falls es für Rot-Grün nicht reicht. | |
Dies sei eine demokratische Selbstverständlichkeit. „Unsere Wähler würden | |
nicht akzeptieren, dass wir uns automatisch in die Schmollecke der | |
Opposition zurückziehen“, analysierte Janecek. Ob es dann tatsächlich zu | |
Schwarz-Grün käme, „hinge für uns davon ab, ob wir starke grüne Inhalte | |
durchsetzen könnten“. | |
Dieses Plädoyer für Offenheit beschäftigte gestern prompt die | |
Parteigremien. „Wenig hilfreich“, das sei die einhellige Einschätzung im | |
Parteirat gewesen, berichteten Teilnehmer. Mit seinen Sätzen brach Janecek | |
ein grünes Tabu. Die Parteiführung und die beiden SpitzenkandidatInnen | |
Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt haben die Grünen auf eine | |
Zusammenarbeit mit der SPD eingeschworen. Jedes Antippen anderer Optionen | |
vergrault Wähler, lautet die Analyse. Dass Janecek sich kurz vor der | |
wichtigen Niedersachsenwahl aus der Deckung wagte, machte die Sache nicht | |
besser. | |
Für Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt war dies nicht die angenehmste | |
Voraussetzung für eine Premiere. Sie bestritt gestern zum ersten Mal die | |
routinemäßige Pressekonferenz nach den Gremiensitzungen, der Parteirat | |
hatte extra ein Papier zu Landwirtschaft und Tierhaltung beschlossen, | |
passend zum Agrarland Niedersachsen. | |
## Hintertürchen zumachen | |
Und dann musste Göring-Eckardt vor allem Fragen zur Strategie der Grünen | |
beantworten: Wie halten Sie’s mit Schwarz-Grün? Ihr gehe es im Gegensatz zu | |
Janecek darum, Hintertürchen zuzumachen, sagte Göring-Eckardt. „Bei der | |
Programmatik von Union und Grünen gibt es so wenig Übereinstimmungen, dass | |
wir im Moment sagen, das können wir uns nicht vorstellen.“ | |
Natürlich ließ sie sich mit solchen Sätzen dann doch wieder ein | |
Hintertürchen offen: Weder Trittin noch sie selbst haben Schwarz-Grün | |
bisher formal ausgeschlossen, und Göring-Eckardt tat es auch in dieser | |
Pressekonferenz nicht. Die Vermutung, dass Trittin und sie ebenso wie | |
Janecek im Fall des Falles mit anderen Parteien zumindest reden wollen, | |
liegt also nahe. Sie sagen es nur nicht. | |
## Strategisch noch nicht diskutiert | |
Je länger man mit Grünen über solche Dinge spricht, desto mehr entsteht der | |
Eindruck, dass die Diskussion zwar krampfhaft unter der Decke gehalten | |
wird, dort aber nicht mehr lange bleiben wird. „Was passiert, wenn Rot-Grün | |
im September nicht klappt, ist in der Partei strategisch nicht diskutiert“, | |
sagte ein hoher Funktionär. | |
„Auf Dauer wird sich das nicht unterdrücken lassen.“ Wenn Rot-Grün die | |
Niedersachsenwahl verliere oder wenn die SPD im Bund wegen Peer Steinbrück | |
weiter schwächele, werde man nicht mehr um die Strategiedebatte | |
herumkommen. Vielleicht ist es also nur eine Frage der Zeit, dass anonyme | |
Stimmen Klartext reden. | |
14 Jan 2013 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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