# taz.de -- Bayerische Koalitionsspiele: Das Gespenst Schwarz-Grün | |
> Was, wenn es für Rot-Grün nicht reicht? Dann müssen die Grünen mit der | |
> CDU reden, sagt Bayerns Grünen-Chef. Eine interne Umfrage zeigt, wie | |
> riskant das ist. | |
Bild: Besprechen sie schon Koalitionsoptionen? – Angela Merkel und Renate Kü… | |
BERLIN taz | Bisher haben die Grünen gequält die Misere der SPD mit Peer | |
Steinbrück ertragen und sich lautes Nachdenken über andere Optionen | |
verkniffen. Doch jetzt plädiert erstmals ein wichtiger Grünen-Politiker für | |
mehr Offenheit. „Wenn es für unsere Wunschoption Rot-Grün im September | |
nicht reicht, müssen wir auch mit anderen reden“, sagte Bayerns Grünen-Chef | |
Dieter Janecek der taz. „Unsere Wähler würden nicht akzeptieren, dass wir | |
uns automatisch in die Schmollecke der Opposition zurückziehen.“ | |
Der 36-Jährige gehört zu einer Gruppe von Realpolitikern in Bund und | |
Ländern, die es schon lange leid sind, ihre Partei an die SPD zu ketten. | |
Sie haben im Oktober den Kopf geschüttelt, als Fraktionschefin Renate | |
Künast und die Parteivorsitzende Claudia Roth Schwarz-Grün oder eine Ampel | |
dezidiert ausschlossen, aber bisher genervt geschwiegen. | |
Jetzt sagte Janecek, solche Gespräche seien im Fall des Falles eine | |
demokratische Selbstverständlichkeit. „Ob es dann tatsächlich zu | |
Schwarz-Grün käme, hinge für uns davon ab, ob wir starke grüne Inhalte | |
durchsetzen könnten.“ Er halte eine solche Koalition für unwahrscheinlich, | |
doch dürften sie die Grünen nicht komplett ausschließen. | |
## Nicht drüber reden | |
Ähnlich argumentieren hinter vorgehaltener Hand viele Grüne, die zum | |
Realo-Flügel gehören. Auffällig oft betonen sie in diesen Tagen die | |
Eigenständigkeit der Partei. Mit konstant 14 Prozent in den Umfragen seien | |
die Grünen auf dem Weg zu einer „mittleren Volkspartei“, deren Wähler aus | |
unterschiedlichen Milieus kämen, sagte Janecek. „Sie erwarten, dass wir | |
zentrale Themen wie die Energiewende vorantreiben. Im Zweifelsfall auch in | |
anderen Regierungen als mit der SPD.“ Die Spitzenkandidaten Jürgen Trittin | |
und Katrin Göring-Eckardt haben Schwarz-Grün bisher nicht ausgeschlossen, | |
reden aber nicht darüber. | |
Den Grund dafür dokumentiert eine interne Wählerbefragung des Instituts TNS | |
Infratest. Der Parteivorstand diskutierte das Papier, das der taz vorliegt, | |
vor einer Woche auf seiner Klausurtagung. Demnach geben 72 Prozent der | |
Grünen-Anhänger an, sich eine Koalition mit der SPD zu wünschen. | |
Schwarz-Grün landet mit sehr großem Abstand auf dem zweiten Platz. Nur 10 | |
Prozent der Befragten bevorzugen dieses Bündnis. Gerade mal 2 Prozent der | |
Grünen-Wähler wollen Rot-Rot-Grün. | |
## Abschreckung durch Spekulation | |
Die Präferenz grüner Milieus ist also glasklar. Doch erst ein anderer | |
Effekt erklärt, warum Politiker, die Janeceks Meinung teilen, lieber | |
schweigen. Jede Spekulation über Schwarz-Grün vertreibt die eigenen Wähler, | |
diese Sicht hat sich im Bundesvorstand und bei den meisten wichtigen Köpfen | |
durchgesetzt. | |
Wenn sich die Grünen für Schwarz-Grün aussprechen würden, drohen 55 Prozent | |
der Grünen-Anhänger damit, die Partei nicht mehr zu wählen. Noch | |
abschreckender wirkt nur die Ampel. Wenn sich die Grünen für sie | |
aussprächen, würden ihnen 56 Prozent ihrer Anhänger den Rücken kehren. | |
Als historischer Beleg für diesen Effekt gilt in der Partei die Berlin-Wahl | |
im September 2011. Im Kampf ums Rote Rathaus schloss die damalige | |
Spitzenfrau Renate Künast eine Koalition mit der CDU erst spät endgültig | |
aus, die Grünen landeten am Ende in der Opposition. Manche in der Partei | |
bezweifeln aber, dass dieses Szenario übertragbar ist, weil Berlin im | |
Vergleich mit anderen Ländern eher links-alternative Milieus beherbergt. | |
14 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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