# taz.de -- Deutschland setzt sich durch: Bahn wird nicht zerschlagen | |
> Die EU-Kommission rudert von ihrem Plan zurück, Europas einstige | |
> Schienen-Monopolisten aufzuspalten. Berlin protestiert dennoch. | |
Bild: Auch im Winter: Bei Bahn bleiben Schiene und Netz vereint. | |
BRÜSSEL taz | Die Deutsche Bahn darf zwar ihr Schienennetz behalten, muss | |
aber ihren Wettbewerbern künftig uneingeschränkten Zugang zur Infrastruktur | |
gewähren. Das ist die Konsequenz aus dem sogenannten Vierten | |
Eisenbahnpaket, das die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel präsentierte. | |
„Dieser Vorschlag ändert wirklich etwas – unser Ziel ist ein voll | |
funktionierender Binnenmarkt im Bahnbetrieb“, sagte EU-Verkehrskommissar | |
Siim Kallas. | |
Er forderte die komplette Marktöffnung für den Personenverkehr. | |
Ursprünglich wollte die EU-Behörde dies vor allem mit der kompletten | |
Trennung von Schiene und Betrieb bei den ehemaligen Staatsmonopolisten | |
erreichen, ruderte aber nach vehementer Lobbyarbeit vor allem der Deutschen | |
Bahn (DB) und des französischen Anbieters SNCF in letzter Minute zurück. | |
Nun bleibt eine Holdingstruktur weiter möglich, die DB darf also weiter in | |
einem Konzern Netz und Bahnbetrieb anbieten. | |
Allerdings sind die Bedingungen dafür hart. Der EU-Kommissar sprach von | |
„chinesischen Mauern“, die Konzerne wie die DB künftig zwischen ihren | |
Teilbereichen einziehen müssen. Werden Schiene und Betrieb nicht in vollem | |
Umfang getrennt, dürfte die Bahn künftig nach dem Brüsseler Vorschlag ihre | |
Dienste nicht mehr in anderen EU-Ländern anbieten. Die Mitgliedsstaaten | |
sollen ihr den Zugang zu den Netzen verweigern können. Schiedsrichter wäre | |
dann die Kommission. | |
Außerdem dürfte die Bahn nicht mehr wie bisher die Einnahmen aus dem | |
Schienennetz in den Gesamtkonzern einspeisen und für andere Zwecke – etwa | |
auch den Aufkauf von Konkurrenten – verwenden. „Was mit der Schiene | |
verdient wird, muss in die Schiene investiert werden“, sagt der | |
verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Michael | |
Cramer. Er bedauert zwar, dass die Bahn-Lobbyisten eine strikte Trennung | |
von Schiene und Betrieb verhindert haben. Allerdings dürften die von der | |
EU-Kommission vorgeschlagenen Regeln auch innerhalb einer Holding für mehr | |
Unabhängigkeit zwischen den einzelnen Konzernbereichen sorgen, meint | |
Cramer. Und: „Wenn der Geldfluss gestoppt wird, haben wir unser wichtigstes | |
Ziel erreicht.“ | |
## Widerstand aus dem Verkehrsministerium | |
Aus Deutschland kam heftiger Protest. Die Vorschläge kämen „de facto einer | |
Trennung des integrierten Bahnkonzerns gleich“, hieß es in Bahnkreisen. | |
„Die Trennungsmechanismen gehen weit über das hinaus, was zum Beispiel in | |
der Energiewirtschaft üblich ist. Die Pläne seien „inakzeptabel“. | |
Ob es tatsächlich so weit kommt, ist unsicher: Der Vorschlag der Kommission | |
muss nun sowohl vom Europäischen Parlament als auch von den | |
EU-Mitgliedsstaaten abgesegnet werden. Und dort kündigt sich bereits | |
vehementer Widerstand an. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Berlin | |
hat angekündigt, Deutschland werde sich dafür einsetzen, die deutsche | |
Holdingstruktur zu erhalten. Frankreich dürfte die deutsche Bundesregierung | |
dabei unterstützen. Auch im EU-Parlament ist die Trennung umstritten. | |
30 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
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