# taz.de -- Streit über Straßen-Umbenennung: Hindenburg bei SPD recht beliebt | |
> Der Bezirk Nord wird wohl für die Umbenennung der Hindenburgstraße | |
> stimmen. Eine Kommission des SPD-Senats bevorzugt dagegen „historische | |
> Kontinuität“. | |
Bild: Gesinnungsgenossen: Generalfeldmarschall und Reichspräsident Paul von Hi… | |
Dieser Mann war ein Mythos. Einer, der selbst eher mittelmäßig war, aber | |
eifrig an der eigenen Legende und der der „Volksgemeinschaft“ bastelte, | |
ohne sie herstellen zu können. Denn das erforderte Brutalität und die | |
überließ er Hitler: Vor 80 Jahren – am 30. 1. 1933 – hat Hindenburg Hitler | |
zum Reichskanzler ernannt und die Dekonstruktion des Mythos vom | |
verfassungstreuen Demokraten hat der Stuttgarter Historiker Wolfram Pyta in | |
seiner Hindenburg-Biographie besorgt. | |
Und eben weil sich die Machtergreifung der Nazis jährt, haben die Grünen | |
des Bezirks Hamburg-Nord einen Antrag auf Umbenennung der Hindenburgstraße | |
gestellt: „Antidemokraten können in einer demokratisch verfassten | |
Gesellschaft nicht als Vorbild dienen“, sagt Michael Werner-Boelz, | |
Vorsitzender der Grünen-Bezirksfraktion Nord. „Ein Straßenname ist eine | |
Ehrfurchts-Bezeugung und das ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Dora Heyenn, | |
Chefin der Linksfraktion im Rathaus, die den Antrag wie SPD und FDP | |
unterstützt. | |
Aber selbst wenn die Bezirksversammlung am 14. 2. für den Antrag stimmen | |
sollte, genügt das nicht. Denn entscheiden wird die Senatskommission. Und | |
die habe sich, sagt Werner-Boelz, bereits gegen die Umbenennung gewandt. | |
Hinzu kommt, dass Harald Rösler (SPD), Chef des Bezirksamts Nord – wenn | |
auch nicht stimmberechtigt – den Antrag kritisch sieht. Er könne sich | |
„andere Möglichkeiten vorstellen – zum Beispiel einen Zusatzkommentar auf | |
dem Straßenschild“, sagt er. Zudem müsse man pragmatisch denken: „Alle | |
Anwohner müssten dann ihre Briefköpfe ändern.“ Hinzu komme die „historis… | |
Kontinuität“. | |
Mit diesem Begriff war auch 1988 argumentiert worden, als die Grünen schon | |
einmal vergebens die Umbenennung forderten. Das Argument ist allerdings | |
zweischneidig. Denn es ist zwar historisch korrekt, dass die Straße 1926 | |
nach Hindenburg benannt wurde. Aber stimmt es auch, dass man Hindenburg | |
immer noch für verehrungswürdig hält? Falls ja, wäre es ein bedenkliches | |
Verständnis von historischer Kontinuität, die man andernorts nicht mehr | |
will: „In vielen Städten werden derzeit Hindenburg-Straßen umbenannt. Wir | |
greifen eine bundesweite Debatte auf“, sagt Werner-Boelz. | |
„Man fälscht nicht die Geschichte, indem man die Straße umbenennt“, findet | |
auch Heyenn. „Aber man zeigt, dass man jetzt differenziertere Erkenntnisse | |
hat.“ Dass man verstanden hat, dass nicht nur Nazi-Namen aus dem | |
Straßenverzeichnis heraus müssen, sondern auch die der Sympathisanten. | |
Interessant ist dabei, dass es in Hamburg – das belegt ein Adressbuch von | |
1949 – einst sieben weitere Hindenburg-Straßen sowie einen Hindenburg-Weg | |
gab. Alle wurden später umbenannt – bis auf diejenige im Bezirk Nord. „Wenn | |
die Umbenennung aus politischen Gründen erfolgt wäre, hätte man nicht eine | |
übrig gelassen“, sagt Ortwin Pelc, Abteilungsleiter am Museum für | |
Hamburgische Geschichte. „So aber wirkt es wie eine pragmatische Lösung: | |
Man wollte wohl die vielen gleichlautenden Straßen weghaben, damit es bei | |
der Post nicht so viele Irrläufer gab.“ Sollte also jetzt wieder mit der | |
Post – diesmal mit den zu ändernden Briefköpfen – argumentiert werden, w�… | |
es ein bemerkenswertes Déjà-Vu. | |
Eine ähnliche Diskussion zeichnet sich in puncto Ehrenbürgerschaft ab. Denn | |
Hindenburg ist seit 1917 – da war er just Generalfeldmarschall geworden – | |
Ehrenbürger Hamburgs und die Aberkennung dieses Titels haben die Grünen | |
gleich mit gefordert. „Sollte der Bezirk dafür stimmen, werden wir | |
womöglich einen offiziellen Antrag an den Senat stellen“, sagt | |
Grünen-Sprecher Jan Dube. | |
„Uns liegt bislang nichts vor“, sagt Christoph Holstein, Sprecher der | |
zuständigen Senatskanzlei. Er bestätigt aber, dass Hitler und Göring – | |
einst gleichfalls Ehrenbürger Hamburgs – dieser Titel bald nach 1945 | |
aberkannt worden sei. | |
10 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
Petra Schellen | |
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