| # taz.de -- Nazis in Fankurven: Warten auf ein Zeichen | |
| > In den Kurven der Bundesligastadien machen sich Nazis breit. Die Masse | |
| > der Anhänger schweigt – auch in Dortmund ist man ratlos. | |
| Bild: Feiern können die BVB-Fans. Können sie sich auch gegen rechts solidaris… | |
| DORTMUND taz | Diejenigen Anhänger von Borussia Dortmund, die regelmäßig | |
| die Heimspiele besuchen, haben noch fünf Tage Zeit. Dann kommt Hannover. | |
| Und sie können vor erneut ausverkauftem Haus im größten deutschen Stadion | |
| zeigen, was sie von den rund 100 Rechtsextremisten unter ihnen halten. | |
| Denn bislang können Beobachter nur vermuten, dass die Masse der BVB-Fans | |
| die anhaltenden rechtsextremen Aktivitäten in ihrem Umfeld ablehnen. Ja, | |
| dass sie den körperlichen Angriff von Neonazis auf Thilo Danielsmeyer, | |
| einen Sozialarbeiter des Dortmunder Fanprojekts, beim | |
| Champions-League-Spiel in Donezk rigoros verurteilen und sich mit den | |
| Opfern rechter Gewalt solidarisieren. | |
| Neben Danielsmeyer wurde auch Jens Volke attackiert, ein Fanbeauftragter | |
| des BVB. Beide setzen sich seit Jahren für Demokratie und Toleranz auf der | |
| Tribüne ein. Dafür gaben ihnen Dortmunder Neonazis in Donezk die Quittung, | |
| die sie unter dem Schlachtruf „Dortmund bleibt rechts“ aushändigten. Was | |
| seither fehlt, ist eine Erwiderung der friedlichen Fans, von denen viele | |
| verängstigt sind. | |
| „Und was machen wir?“, fragte jetzt stellvertretend für viele andere ein | |
| unbekannter Autor auf dem beliebten Fan-Blog [1][schwatzgelb.de], „wir | |
| singen ’You’ll never walk alone‘ und denken dabei nicht an Jens und Thilo. | |
| Wir stehen auf der Süd und schauen das Spiel. Wir bejubeln Tore, liegen uns | |
| in den Armen und feiern – und lassen unsere Freunde im Stich.“ Auf | |
| Nachfrage wird von vielen aktiven Fans immer wieder das Beispiel Alemannia | |
| Aachen genannt, wo die mit rechtsextremen Gewalttätern assoziierte | |
| Ultra-Gruppe „Karlsbande“ über Druck und Gewalt eine Deutungsmacht erlangt | |
| hat, vor der andere Fans zurückgewichen sind. | |
| Ähnlich bei Eintracht Braunschweig, dem Tabellenführer der 2. Bundesliga, | |
| bei dem sich die Fanszene in Zeiten sportlicher Bedeutungslosigkeit als | |
| offen für Rechtsextremisten erwiesen hat. Oder beim MSV Duisburg, wo es | |
| keinen Widerstand gegen Dutzende gewalttätige Neonazis im Block gibt. Bei | |
| Energie Cottbus hat der Verein – auf Druck von Verfassungsschutz und Medien | |
| – Stadionverbote gegen rechtsextreme Mitglieder der Ultras-Gruppe „Inferno�… | |
| erlassen hat, ohne dass sich die Masse der Fans offen gegen rechts | |
| ausgesprochen hätte. | |
| ## Runder Tisch ohne Fans | |
| Bei Borussia Dortmund haben sie zu Beginn der Saison einen „runden Tisch“ | |
| gegen Rechtsextremismus gegründet, zu dem allerdings keine Fangruppierungen | |
| zugelassen sind. Weil man die demokratische Öffentlichkeit fürchtet. Und | |
| alle, die daran teilnehmen dürfen, etwa der Sozialarbeiter Danielsmeyer, | |
| der sich erst langsam von dem Angriff in Donezk erholt, sind zur | |
| Verschwiegenheit verpflichtet. Einzig Entscheidungen werden verkündet. „Die | |
| [2][Stadionordnung] ist verschärft worden. Es sind elf Stadionverbote | |
| ausgesprochen worden. Der Ordnungsdienst wird geschult. Es ist ein ganzes | |
| Bündel von Maßnahmen eingeleitet worden, von denen man sich erhofft, dass | |
| sie kurzfristig Erfolg bringen.“ | |
| Aber Zweifel sind angebracht, die den Mann vom Fanprojekt erfüllen, der | |
| seit 22 Jahren dabei ist. „Natürlich gab es in den 90er Jahren auch | |
| Rechtsextremismus, und das noch viel offener in den Stadien. Aber damals | |
| waren die Bundesligavereine noch nicht stark genug, um sich solchen | |
| gesellschaftspolitischen Aufgaben zu widmen“, sagt Danielsmeyer. Inzwischen | |
| allerdings seien Vereine wie Borussia Dortmund zu einflussreichen | |
| gesellschaftlichen Einrichtungen gewachsen, die damit auch Verantwortung | |
| für soziale Probleme wie dem Rechtsextremismus übernehmen müssten. Er | |
| fordert deshalb, dass der BVB eine Philosophie entwickelt, die | |
| Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus oder Homophobie | |
| grundsätzlich ausschließt. „Und dabei ist das Wichtigste, seine Anhänger | |
| einzubeziehen und mitzunehmen.“ | |
| Ähnlich sieht es Claudia Luzar, die vor zwei Jahren eine | |
| [3][Beratungsstelle] für Opfer rechter Gewalt in Nordrhein-Westfalen | |
| gegründet hat und es immer wieder mit rechtsextremen Gewalttätern aus dem | |
| Fußballumfeld zu tun bekommt. Sie verlangt eine klare Positionierung der | |
| Ultras, deren „berühmte Selbstreinigungskräfte versagt“ hätten. „Die U… | |
| selbst sind ja kreative junge Leute, ich traue ihnen zu, ein | |
| antirassistisches Klima im Stadion mit prägen zu können.“ | |
| Zu den rechtsextremen Anhängern des BVB gehört auch Michael Brück. Der | |
| Neonazi ist einer der Führungsfiguren der im Sommer 2012 verbotenen | |
| Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“. Ihm hat der BVB ein | |
| Stadionverbot erteilt, das auch Werder Bremen und Bayer Leverkusen | |
| übernommen haben. | |
| „Trotz dieser Stadionordnung sind aber weiterhin viele Nationalisten im | |
| Stadion, die ihre Gesinnung nicht auf die Stirn geschrieben haben“, sagt | |
| Brück auf Anfrage. Er selbst besuche noch Spiele der U23-Mannschaft des BVB | |
| sowie Bundesligaspiele, für die sein Stadionverbot nicht gilt. Seine | |
| Gruppe, die sich in der neuen Partei „Die Rechte“ zusammengeschlossen hat, | |
| nutzt vor allem Auswärtsfahrten, um Nachwuchs zu rekrutieren. Ihr | |
| Dortmunder Kreisvorsitzender ist der militante Neonazi Siegfried Borchardt | |
| (SS-Siggi), langjähriger Kopf der gewaltbereiten „Borussenfront“. | |
| Im März werden nun einige Fanprojekte ähnlich betroffener | |
| Bundesligastandorte in Dortmund zusammenkommen, um über eine gemeinsame | |
| Strategie zu beraten. Und dann ist da ja noch das kommende Heimspiel gegen | |
| Hannover, bei dem sich die Frage nach einem sichtbaren Zeichen der Fans | |
| stellt. | |
| 25 Feb 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Olaf Sundermeyer | |
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