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# taz.de -- Rassismusverdacht in der Bezirksliga: „Ich esse und schlafe nicht…
> Was geschah in Bottrop? Wurde der schwarze Torhüter Onukogu rassistisch
> beleidigt und reagierte aggressiv? Nein, sagt ein Sportgericht am
> Niederrhein.
Bild: Schwarz-Weiß-Fußball: Bezirksliga-Torwart Ikenna Okunogu gibt an, dass …
Dieses Spiel, Bezirksliga in Bottrop, hat viele Fragen aufgeworfen. Sie
wurden [1][bundesweit] [2][diskutiert]. Und die Antworten der Beteiligten
am vergangenen Donnerstag vorm Sportgericht hätten gegensätzlicher nicht
ausfallen können. „Sicherlich ist da etwas passiert. [3][Aber ob es
rassistische Beschimpfungen gegeben hat, werden wir wohl nie
herausbekommen]“, sagt Peter Hambüchen, [4][der Pressesprecher des
Fußballverbands Niederrhein (FVN)].
In diesem Sinne hielt sich die sogenannte Bezirksspruchkammer des FVN an
das Offenkundige – an den Trinkflaschenwurf von Ikenna Onukogu in Richtung
der Zuschauer des gastgebenden Vereins [5][Dostlukspor Bottrop]. Das sei
eine Reaktion auf die „Nigger“-Rufe und andere Herabwürdigungen gewesen,
wie der Nigerianer erklärte. All das habe ihn rasend gemacht. Er sei auch
nur ein Mensch.
Der Schiedsrichter brach damals nach dem Wurf das Spiel ab. Der Torhüter
von Hertha Hamborn bekam für seine Unbeherrschtheit eine Sperre bis zum 16.
Mai aufgebrummt. Dostlukspor wurde hingegen am Grünen Tisch der Sieg
zuerkannt, und aus Mangel an Beweisen sprach man den Klub vom Verdacht des
Rassismus frei.
Onukogu fällt es immer noch schwer, sich zu beruhigen. „Ich esse und
schlafe nicht mehr seit diesem Urteil“, sagte der 27-Jährige am Montag der
taz. „Warum werde ich doppelt bestraft und die anderen überhaupt nicht? Ich
habe die Beschimpfungen doch gehört. Wollen jetzt alle sagen, dass ich
krank im Kopf bin? Soll ich mich jetzt umbringen?“
## Nichts Anstößiges
Vor Gericht haben die Schiedsrichter und der Pressefotograf Winfried Labus
bezeugt, von rassistischen Schmähungen nichts gehört zu haben. Er habe
extra genau hingehört, weil sich Onukogu im Tor so aufgeregt habe.
Anstößiges habe er nicht wahrgenommen. Christian Birken, der Präsident von
Hertha Hamborn erzählt, sein Trainer Rauf Alkurt habe gesehen, dass Labus
während seiner Wartezeit vorm Sportgericht mit Vereinsangehörigen von
Dostlukspor Bottrop spaßte und sich von ihnen bewirten ließ. „Man kennt und
unterhält sich“, sagt Labus, „aber ich habe von denen nichts bekommen.
Dieser Vorwurf ist eine Unverschämtheit.“
Der Rassismusvorwurf treibt wiederum Dostlukspors Vorsitzenden Nuh Arslan
auch Tage nach dem Prozess noch zur Raserei. „Rassismus kann ich bei uns
definitiv ausschließen. Wir haben in Gambia ein soziales Projekt
unterstützt – mit Schwarzafrikanern.“ Letzteres Wort zieht er betont in die
Länge, als ob damit alles Nötige gesagt sei.
Arslan verbürgt sich für seinen Verein. Und wegen Rufschädigung überlegt
er, gegen Onukogu zu prozessieren. Eigentlich [6][müsse dieser auf Dauer
ein Spielverbot in Deutschland erhalten]. Onukogus Vorwürfe sind für Arslan
schon deshalb unglaubwürdig, weil das Gericht ihm offenbar in der
Darstellung der Ereignisse eine Falschaussage nachweisen konnte. Der
Torhüter hatte behauptet, er habe eine Trinkflasche zurückgeworfen, die aus
dem Publikum kam. Mit Hilfe der Fotos des Zeugen Labus konnte aber
nachgewiesen werden, dass es seine eigene Trinkflasche war.
Merkwürdig ist allerdings auch, dass Dostlukspors Trainer Sebastian Stempel
einen Tag nach dem Spiel dem Blatt Revier Sport erklärte, ihm sei
zugetragen worden, dass Onukogu rassistisch beleidigt worden sei. Und
weiter wird [7][er zitiert]: „Leider ist es nicht das erste Mal, dass so
etwas im Umfeld dieses Vereins passiert. […] Ich persönlich werde daraus im
Sommer meine Konsequenzen ziehen. Darauf habe ich keine Lust mehr.“
## Druck vom Verein
Der taz sagt Stempel, er habe das so nie gesagt und werde der Zeitung nie
mehr ein Interview geben. Beim Revier Sport jedoch beharrt man darauf, das
Gespräch wahrheitsgetreu wiedergegeben zu haben. Stempel habe wohl Druck
vom Verein bekommen, mutmaßt man in der Redaktion. Und es wird bestätigt,
dass Dostlukspor in der Vergangenheit zwar nicht wegen rassistischer
Beschimpfungen, aber aufgrund des aggressiven Verhaltens der Zuschauer
öfters auffällig geworden sei.
Beim Bottroper Verein hat man indes schon vor dem Prozess auf der Homepage
[8][ein Bild von Ikenna Onukogu gezeichnet], das diesen als Hitzkopf
erscheinen lässt. Er sei „kein Unbekannter“ und schon einmal zehn Monate
wegen eines Ausrasters gesperrt worden, heißt es da. Doch diese Behauptung
ist falsch. Onukogu ist nur zweimal für einen Monat gesperrt worden. Nuh
Arslan von Dostlukspor hatte zuvor erklärt, er habe die Information vom
Hörensagen. Ikenna Onukogu wiederum ist außer sich, dass „diese Lüge
ständig weiterverbreitet“ werde.
Dass Stempel vom Sportgericht nach seiner ersten außergewöhnlichen
Parteinahme für den Gegner nicht als Zeuge geladen wurde, ist eine weitere
Ungereimtheit dieser Geschichte. Hambüchen erklärt: „Das Verbandsgericht
ist auf das Material und die Zeugen angewiesen, welche die vor Gericht
geladenen Parteien vorbringen.“
Ihn habe es aber selbst gewundert, dass Hertha Hamborn Stempel nicht in den
Zeugenstand gerufen habe. Der Fehler eines Amateurvereins, könnte man
lakonisch erwidern. Amateurhaft ist es aber auch, dass der Verband
angesichts eines solch schweren Vorwurfs nicht als ermittelnde Instanz
tätig werden kann.
10 Apr 2013
## LINKS
[1] http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/rassismus-im-fussball-ich-bin-doc…
[2] http://www.spiegel.de/sport/fussball/hamborn-gegen-bottrop-spielabbruch-spe…
[3] http://fvn.de/2385-0-Stellungnahme-zum-Fall-Onukogu.html
[4] http://www.fvn.de/111-0-Presse-Service.html
[5] http://www.dostlukspor-bottrop.de/1993startseite.htm
[6] http://www.reviersport.de/articles-227909.html
[7] http://www.reviersport.de/articles-224714.html
[8] http://www.aufmplatz.com/2013/03/06/gegendarstellung-von-nuh-arslan/
## AUTOREN
Johannes Kopp
Johannes Kopp
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