# taz.de -- Rassismus im israelischen Fußball: Familie legt Feuer | |
> Um gegen zwei muslimische Spieler von Beitar Jerusalem zu protestieren, | |
> schreckt der Fanklub „La Familia“ vor nichts zurück. | |
Bild: Mutmaßliche „Familia“-Fans warfen am letzten Freitag einen Brandsatz… | |
JERUSALEM taz | Der Fans von [1][Beitar Jerusalem] sind bekannt für ihren | |
Rassismus – nicht nur gegen Araber. Dass fortan zwei Muslime im | |
schwarz-gelben Trikot für Jerusalem kicken, war zu viel für einige | |
Beitar-Fans. „La Familia“ nennt sich der Fanklub, der die Radikalsten | |
vereint. Aus Protest gegen die beiden neuen muslimischen Spieler Gabriel | |
Kadijew und Saur Sadajew, beide Tschetschenen, will die „Familia“ ihren | |
Klub nicht mehr unterstützen. | |
„Sie haben über uns das Todesurteil verhängt“, hieß es in einer am Diens… | |
verbreiteten Erklärung. Dafür soll nun der Fußballverein „seine Fans | |
einbüßen“, vor allem der Ostsektor im Teddy-Stadion soll verwaist bleiben. | |
Der Verein reagierte dennoch gelassen. Man werde auch ohne „La Familia“ gut | |
auskommen, hieß es. „Dies ist eine gute Nachricht für den Sport und für | |
Beitar“, kommentierte Kultur- und Sportministerin Limor Livnat. Das Kapitel | |
Rassismus unter den Fans von Beitar dürfte aber längst nicht abgeschlossen | |
sein. Mit Spucken und Flüchen wurden die beiden neuen Spieler in Empfang | |
genommen, als sie vor zwei Wochen zum ersten Mal am Training teilnahmen. | |
Rund 150 Fans hatten sich versammelt, um Kadijew und Sadajew zu | |
demonstrieren, dass sie nicht willkommen sind. Die beiden überraschten | |
Kicker mussten unter Polizeischutz vom Feld geführt werden. In die | |
Schusslinie geriet auch Trainer Eli Cohen, dem die Fans „Verrat“ an der | |
Mannschaft vorwarfen, die „rein bleiben“ sollte, „rein“ von muslimischen | |
Spielern. Der Trainer steht seither unter Polizeischutz. Die Sorge um sein | |
Wohl ist begründet. | |
## Anklage erhoben | |
Am letzten Freitag warfen mutmaßliche „Familia“-Fans einen Brandsatz ins | |
Klubhaus Beitars. Trophäen und Trikots früherer Spieler des 1936 | |
gegründeten Fußballvereins gingen in den Flammen auf. Wenige Tage zuvor war | |
gegen vier der extremistischen Fans Anklage erhoben worden. Am Dienstag | |
wurden nun sieben Mitglieder des Hardcore-Fanklubs wegen des Verdachts der | |
vorsätzlichen Brandstiftung festgenommen. Die Polizei hatte unter anderem | |
deren Telefone angehört. | |
Der Verein, der sechsmal israelischer Meister wurde und siebenmal | |
Pokalsieger, hat immer wieder Ärger mit seinen Fans. Im Dezember vor einem | |
Jahr mussten die Fußballer vor leeren Zuschauerrängen antreten, als Strafe | |
dafür, dass Fans dem nigerianischen Fußballer [2][Toto Tamuz] „Gebt Toto | |
eine Banane“ zugerufen hatten, untermalt mit entsprechenden | |
Affengeräuschen. Der Israelische Fußballverband strafte Beitar zusätzlich | |
mit einem Punkteabzug ab. | |
Ähnlich reagierte der Verband einige Jahre zuvor, als Mitglieder der | |
„Familia“ den Propheten Mohammed in einem Spiel gegen das | |
israelisch-arabische Team Bnei Sachnin einen „Schwulen“ schimpften, und | |
auch, als einige Monate später eine Schweigeminute für den ermordeten | |
Premierminister Jitzhak Rabin mit einem heftigen Pfeifkonzert gestört | |
wurde. | |
Rufe wie „Tod den Arabern“ gehören bei Spielen in Jerusalem schon so gut | |
wie dazu, was weder Exregierungschef Ariel Scharon daran hinderte, sich | |
einst zu den Beitar-Fans zu zählen wie auch Ministerpräsident Benjamin | |
Netanjahu. Die Mitglieder von „La Familia“ bekennen sich offen zur | |
verbotenen rechtsradikalen Kach-Partei. | |
## Soneraufgebot der Polizei | |
Der Fußballklub aus der arabischen Stadt Sachnin gehört zu den regelmäßigen | |
Gegnern Beitars. Als Bnei Sachnin am letzten Wochenende gegen Beitar | |
antrat, bestellte die Polizei ein Sonderaufgebot von mehreren hundert | |
Sicherheitskräften in Jerusalem ein. Schon am Eingang fingen die Polizisten | |
Dutzende Fans ab, die ein Hemd mit dem Aufdruck „La Familia“ trugen. | |
Zwanzig junge Männer aus Sachnin mussten das Stadion verlassen, weil sie | |
während der Nationalhymne lärmten. Zehn Minuten vor Spielschluss ließ | |
Trainer Cohen den Tschetschenen Kadijew auflaufen, was erneute | |
Pfeifkonzerte auslöste. Das Spiel endete mit einem 2:2-Unentschieden. | |
13 Feb 2013 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
Susanne Knaul | |
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