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# taz.de -- Provinzverein wird Fußballmeister in Israel: Izzy zeigt's den „B…
> Hapoel Ironi ist bereits fünf Spieltage vor Saisonende israelischer
> Fußballmeister. Das Team aus Kiryat Shmona ist eine Art Kleinausgabe von
> Hoffenheim.
Bild: Der Meisterteller sieht aus wie eine Langspielplatte, aber das scheint di…
BERLIN taz | Im Norden Israels herrscht Ausnahmezustand, diesmal aber nicht
wegen militärischer Übergriffe. Die Bewohner der kleinen Provinzstadt
Kiryat Shmona feiern ihren Fußballklub Hapoel Ironi F.C., der sensationell
die Meisterschaft gewonnen hat.
Fünf Spieltage vor Saisonende liegt Hapoel Ironi uneinholbar mit satten 16
Punkten Vorsprung auf Maccabi Haifa an der Tabellenspitze. Dem
Kleinstadtklub reichte am Montag ein 0:0 gegen Hapoel Tel Aviv zum Titel.
Vor der unglaublichen Kulisse von 4.000 Fans – fast 20 Prozent der
Bevölkerung – bejubelte die Mannschaft den Titel ausgelassen. Mit einem
Feuerwerk über dem Ironi Stadion wurde das freudige Ereignis abgerundet.
Über zwei Jahrzehnte hatten zuvor die „Big Four“ aus den drei größten
Städten des Landes, Maccabi Haifa, Beitar Jerusalem, Maccabi Tel Aviv und
Hapoel Tel Aviv die Meisterschaft unter sich ausgemacht.
Stürmer Barak Badash, der in der entscheidenden Partie gegen Haifa in der
39. Minute einen Ball an die Latte setzte, fasst das Geschehene in der
Zeitung Jerusalem Post mit den Worten zusammen: „Mir fehlen die Worte.“
Später ging es dann besser. Dem Sender Kanal 1 sagte er: „Ich bin der
glücklichste Mensch der Welt!“
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gratulierte pathetisch. „Ihr habt
bewiesen, dass man alles erreichen kann, wenn man es wirklich will“,
zitiert die Jerusalem Post. Etwas kryptisch fügte er hinzu, dass Israel ein
kleines Land sei, das mit neuen Straßen und Bahnstrecken immer besser
vernetzt würde. Das geschehe, damit „jeder nach Kiryat Shmona reisen kann,
um an den Meisterfeierlichkeiten teilzunehmen.“
## „Wer ist dieser Mann?“
Die Geschichte von Hapoel Ironi erinnert an die der TSG 1899 Hoffenheim.
Klubgründer Izzy Sheratsky ist ein in Tel Aviv geborener Technikmillionär.
Im Jahr 2000 vereinte er die bedeutungslosen Teams Hapoel Kiryat Shmona und
Maccabi Kiryat Shmonain zum Hapoel Ironi Kiryat Shmona Football Club, baute
das Stadion aus und die Mannschaft auf.
Er schuf zusammen mit Trainer Ran Ben Shimon ein Team, das ohne Stars
auskommt und über eine sehr große mannschaftliche Geschlossenheit verfügt.
Die Spieler, die auch privat viel Zeit miteinander verbringen, feierten im
Januar 2011 mit dem Gewinn des israelischen Ligapokals den ersten großen
Titel der Vereinsgeschichte. Ein Jahr später wurde der „Toto Cup“
erfolgreich verteidigt.
Der Manager des Vereins, Yossi Edri, war noch Spieler in Kiryat Shmona, als
Sheratsky kam. Er berichtete dem israelischen Mediennetzwerk Arutz Sheva 7
von der Ankunft des Mäzens: „Izzy sagte, wir könnten Meister werden und
dann in der Champions League spielen.“ Edri und seine Mitspieler hatte da
so ihre Zweifel. „Ich dachte, 'Wer ist dieser Mann?' Wir dachten, er sei
verrückt.“
Im Gegensatz zum beschaulichen Kraichgau war die Region um Kiryat Shmona
viele Jahre Ziel von Bombenangriffen. Nach eigenem Bekunden wollte
Sheratsky der leidgeprüften Bevölkerung Hoffnung schenken. Nun hat er ihr
sogar den Titel geschenkt. Auch Ben Shimon spricht von Hoffnung. Sie ist
„das Wichtigste in der Welt für die Menschen. Manchmal ist sie besser als
die Wirklichkeit.“
## Demnächt gegen
„Der Titel bringt viele lachende Gesichter an einen sehr schwierigen Ort“,
beschreibt Ben Shimon die Wirkung des Triumphs. Dietmar Hopp in Hoffenheim
hingegen wird wohl ewig die Herbstmeisterschaft als größten Erfolg seines
Vereins feiern müssen. Aber die Hoffnung ist ja manchmal „besser als die
Wirklichkeit“.
In der nächsten Saison wird Hapoel Kiryat Shmona an der
Champions-League-Qualifikation teilnehmen. Bei erfolgreichem Verlauf warten
dann Barça, Manchester United oder Bayern München. Vielleicht gelingt den
Israelis ja ein ähnlicher Coup wie dem fast gleichnamigen zyprischen
Vertreter Apoel Nikosia, der spektakulär ins Viertelfinale gegen Real
Madrid vorgestoßen ist.
4 Apr 2012
## AUTOREN
Patrick Loewenstein
## TAGS
Fußball
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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