| # taz.de -- Israelisch-arabische Fußballkooperation: Den Hass wegkaufen | |
| > Beitar Jerusalem ist für seine rassistischen Fans berüchtigt. Nun erhält | |
| > der Klub einen neuen Finanzier: aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. | |
| Bild: Treffpunkt von Rassissten: Fankurve von Beitar Jerusalem | |
| Bei keinem anderen Fußballclub in diesem kleinen Mittelmeerland wäre das | |
| eine große Meldung: Nachdem die israelische Regierung mit den Vereinigten | |
| Arabischen Emiraten (VAE) in intensiven Austausch getreten ist, hat nun ein | |
| Mitglied der dortigen Königsfamilie, Scheich Hamad Bin Khalifa Al Nahyan, | |
| Beitar Jerusalem das Angebot gemacht, etwa 50 Prozent der Anteile zu | |
| übernehmen. | |
| Ausgerechnet Beitar. Ausgerechnet der Klub mit einem unglaublich | |
| [1][rassistischen Anhang], der die vergangene Saison als Dritter abschloss. | |
| Ausgerechnet der einzige israelische Profiklub, bei dem noch nie ein | |
| muslimischer Araber gespielt hat – trotz etlicher Versuche verschiedener | |
| Klubbesitzer in den vergangenen Jahrzehnten, den Anhang endlich zu | |
| zivilisieren. | |
| Seit zwei Jahren gehört Beitar dem Technologieunternehmer Moshe Hogeg. Der | |
| hat vor wenigen Tagen bestätigt, dass er ein „Letter of Interest“ aus den | |
| Vereinigten Emiraten erhalten hat. In bislang nicht bestätigten Berichten | |
| ist von der enormen Summe von 100 Millionen US-Dollar die Rede, über die | |
| gesprochen werde. Hogeg wolle nur 49 Prozent der Anteile verkaufen, um | |
| selbst mit 51 Prozent die Kontrolle zu behalten. | |
| Das Geld der Scheichs könnte Hogeg bei seinem Projekt helfen, den Rassismus | |
| unter den Anhängern – am schlimmsten ist eine Gruppierung namens „La | |
| Familia“ – zu bekämpfen. Hogeg, dessen Vater aus Tunesien und dessen Mutter | |
| aus Marokko stammt, kämpft schon lange gegen den Rechtsextremismus der | |
| Fans. Für die antirassistischen Bemühungen wurde Beitar sogar schon einmal | |
| mit einem Preis des israelischen Staatspräsidenten ausgezeichnet. | |
| Gefruchtet hat das alles nichts. Auf zwei Wegen hat Hogeg bislang versucht, | |
| den Rassismus der Fans zu bekämpfen. „Ein Weg, den wir gehen, ist, dass wir | |
| den jeweiligen Fan verklagen, der den Ruf des Clubs schädigt“, erklärte er | |
| im vergangenen Oktober [2][auf CNN]. „Wenn sie so eine Klage erhalten, | |
| müssen sie sich einen Anwalt nehmen – und das kostet.“ | |
| ## Fans fordern von Spieler Namensänderung | |
| Der zweite Weg war weniger originell: Er verpflichtete Spieler, die den | |
| Fans nicht passen. So etwas hatte es in der Beitar-Geschichte schon öfter | |
| gegeben. Tatsächlich waren schon arabische Spieler unter Vertrag, nur | |
| gespielt hat noch nie einer. Hogeg aber holte einen Spieler namens Ali | |
| Mohamed. Der ist, anders als die Fans zunächst vermuteten, kein Araber, | |
| sondern er stammt aus dem westafrikanischen Niger und ist Christ. Bei | |
| anderen israelischen Klubs hat er schon seit 2015 gekickt, und nun eben bei | |
| Beitar, durchaus mit Erfolg. | |
| Für „La Familia“ eine Herausforderung. In sozialen Medien war eine | |
| Stellungnahme der Gruppierung zu lesen: „Wir haben überhaupt kein Problem | |
| mit diesem Spieler, da er ein frommer Christ ist. Aber wir haben ein | |
| Problem mit seinem Namen. Wir werden dafür sorgen, dass sein Name geändert | |
| wird.“ Der Name „Mohamed“ dürfe nicht im Jerusalemer Teddy-Stadion, der | |
| Heimspielstätte von Beitar, zu hören sein. | |
| Jetzt aber kommt kein Mittelfeldspieler, dessen Vornamen man hasst. Jetzt | |
| es ist es Geld aus einer arabischen Königsfamilie, die gerade mit dem | |
| rechtskonservativen Premierminister Benjamin Netanjahu kungelt. Für den | |
| Anhang von Beitar ist das schon wieder eine arge Herausforderung. | |
| In Social-Media-Kanälen fällt interessanterweise das Echo der Beitar-Fans | |
| auf das bevorstehende Engagement des Scheichs überwiegend positiv aus. Es | |
| gibt zwar erwartbare Ausfälle, wie einen Vorschlag, der Scheich solle doch | |
| besser Kamelrennen im Stadion veranstalten, aber überwiegend verschlägt die | |
| genannte Geldsumme den Fans die Sprache. | |
| Ob man nicht von dem Geld Messi oder Ronaldo oder gleich beide verpflichten | |
| könne, wollen die ersten wissen, was eine gigantische Überschätzung der | |
| israelischen Profiliga sein dürfte. Doch die Frage nach Messi oder Ronaldo | |
| hat immerhin den Vorteil, dass Moshe Hogeg seine Anwälte dagegen keinen | |
| Klageschriftsatz versenden lässt. | |
| Hogeg kommt die gesamte Entwicklung entgegen: Am gestrigen Dienstag | |
| verkündete auch der israelische Fußballverband, künftig eng mit den VAE | |
| zusammenarbeiten zu wollen. | |
| 1 Dec 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rassismus-im-israelischen-Fussball/!5073341 | |
| [2] https://edition.cnn.com/2019/07/24/football/beitar-jerusalem-ali-mohamed-ra… | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Krauss | |
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