# taz.de -- Investor unter Geldwäscheverdacht: Doch keine Romanze | |
> Der Einstieg eines Investors aus den Emiraten bei Beitar Jesusalem könnte | |
> scheitern. Die Hymnen auf die Friedenskraft des Fußballs verklingen. | |
Bild: Beitars Besitzer Moshe Hogeg wird nach seiner Rückkehr aus Dubai von Fan… | |
Es sollte ein nahöstliches Friedensmärchen werden. Ausgerechnet in Beitar | |
Jerusalem, den einzigen Fußballclub Israels, in dem [1][ein rassistischer | |
Fananhang] bislang jede Verpflichtung eines arabischen Spielers verhindert | |
hat, will ein königlicher Investor aus den Vereinigten Arabischen Emiraten | |
(VAE), Scheich Hamad bin Chalifa al-Nahjan, über einen Zeitraum von zehn | |
Jahren [2][umgerechnet etwa 100 Millionen Euro investieren]. | |
Ob es dazu kommt, ist allerdings derzeit sehr unsicher: Die Israel Football | |
Association (IFA), also der zuständige Fachverband, erklärte in der | |
vergangenen Woche, sie könne den Einstieg, der ja eine Änderung der | |
Eigentumsverhältnisse bedeutet, noch nicht genehmigen. Eine Liste von | |
Fragen, die an Beitar geschickt wurde, sei nicht befriedigend beantwortet | |
worden. Wie die [3][Zeitschrift Foreign Policy] berichtet, hat die IFA | |
Wirtschaftsprüfer mit einer sogenannten Due Diligence beauftragt; mögliche | |
Risiken des Geschäfts sollen ausgelotet werden. | |
Nach noch nicht bestätigten Informationen gibt es nun Hinweise darauf, dass | |
der Deal etwas mit Geldwäsche zu tun haben könnte. Sowohl Scheich Hamad als | |
auch der israelische Unternehmer Moshe Hogeg, der derzeit Alleinbesitzer | |
von Beitar ist und vermutlich 49 Prozent der Anteile verkaufen will, seien | |
geschäftlich im Kryptowährungsgeschäft aktiv, heißt es. Gegen Hogeg liefen | |
in den USA mehrere Ermittlungen und Prozesse, in denen es auch um illegalen | |
Transfer des Kryptogelds an Beitar Jerusalem gehe. | |
Und von Scheich Hamad berichtet Foreign Policy, Steuerfahnder fragten | |
warnend, woher das Geld Hamads stamme. Andere Medien berichten, dass es | |
eine „erhebliche Lücke“ zwischen dem von ihm angegebenen und seinem | |
tatsächlichen Besitz gebe. Obendrein sei der Scheich nicht wirklich Teil | |
des Königshauses, sondern eher ein entfernter Verwandter der königlichen | |
Familie. | |
## Hohle Friedensrhetorik | |
Tja, das sollte eine schöne Erzählung werden, gekrönt mit einem Deal im | |
dreistelligen Millionenbereich. „Das Geschäft soll den Nationen zeigen, | |
dass Juden und Muslime zusammenarbeiten und Freunde sein und in Frieden und | |
Harmonie leben können“, hatte Scheich Hamad verkündet, und sogar Israels | |
Staatspräsident Reuven Rivlin, der auch Beitar-Fan ist, hatte von einem | |
„wunderbaren Ergebnis“ der friedlichen Annäherung Israels an arabische | |
Länder wie die VAE und Saudi-Arabien gesprochen. | |
Doch das leicht kitschige Märchen von der Friedenskraft des Fußballs könnte | |
zu einem Lehrstück darüber werden, dass der Sport letztlich doch immer nur | |
Auskunft darüber gibt, wie die Welt ist und nicht, wie man sie sich | |
wünscht. Derzeit sieht es so aus, als hätten sich zwei halbseidene | |
Geschäftsleute überlegt, ihr Megadeal könnte besser durchgehen, wenn sie | |
ihn als große Friedenssache verkaufen. | |
Desillusionierungen erlebt niemand gern. Eine friedliche und | |
freundschaftliche Annäherung Israels und der arabischen Welt ist ja | |
wirklich etwas Begrüßenswertes, und den rechtsradikalen Fans von Beitar | |
wäre ein bisschen arabischer Einfluss fast genauso zu wünschen wie den | |
Emiraten etwas israelische Liberalität. | |
Stattdessen könnte die jüngste Entwicklung zeigen, dass der von der | |
hoffentlich bald weggejagten Trump-Administration in den USA eingefädelte | |
Annäherungsprozess weniger Menschen zusammenbringt, denn mehr Geldströme. | |
Zumal sich die Vereinigten Arabischen Emirate wie auch Saudi-Arabien in | |
diesen Wochen den seit drei Jahren völlig verhassten Herrschern aus Katar | |
angenähert haben, obwohl beinahe sämtliche Gründe, die 2017 genannt wurden, | |
um mit Katar zu brechen, fortbestehen: vor allem der, dass das | |
WM-Ausrichterland Katar gegen Israel gerichteten Terror finanziert und sich | |
mit Iran verbündet. | |
Der Fußball taugt halt nicht zum Friedensmärchen. | |
13 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Rassismus-im-israelischen-Fussball/!5073341 | |
[2] /Israelisch-arabische-Fussballkooperation/!5728946 | |
[3] https://foreignpolicy.com/2021/01/09/beitar-soccer-uae-israel-abraham-accor… | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
## TAGS | |
Kolumne Über den Ball und die Welt | |
Fußball | |
Israel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Fußball | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
Kolumne Über den Ball und die Welt | |
Fußball | |
Fußball | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Konflikt zwischen Iran und Fußballer: Ein Fläggchen, das verärgert | |
Der Ex-HSV-Spieler Mahdavikia trug ein Trikot mit über 200 Länderflaggen – | |
darunter auch die von Israel. Im Iran könnte ihm das den Job kosten. | |
Sportkonflikt Iran gegen Israel: Die silberne Rückkehr | |
Der iranische Judoka Saeid Mollaei sollte 2019 nicht gegen einen Israeli | |
kämpfen. Er floh nach Deutschland – und gewann nun Silber für die Mongolei. | |
Ex-Fußballer als Staatspräsident: Torhüter, die nach oben wollen | |
José Luis Chilavert will Staatspräsident von Paraguay werden. Ex-BVB-Profi | |
George Forsyth versucht das in Peru. Warum? Und warum sind sie rechts? | |
Israelisch-arabische Fußballkooperation: Den Hass wegkaufen | |
Beitar Jerusalem ist für seine rassistischen Fans berüchtigt. Nun erhält | |
der Klub einen neuen Finanzier: aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. | |
Kolumne Über Ball und die Welt: Von Scheichs und Schüssen | |
Katar investiert in den israelischen Profifußball. Eine große Rendite | |
können die Scheichs damit nicht erzielen. Aber das Engagement hat seine | |
Gründe. | |
Rassismus im israelischen Fußball: Familie legt Feuer | |
Um gegen zwei muslimische Spieler von Beitar Jerusalem zu protestieren, | |
schreckt der Fanklub „La Familia“ vor nichts zurück. |