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# taz.de -- Interview mit Assaf Gavron: "Fast bin ich zum BVB-Fan geworden"
> Der israelische Schriftsteller Assaf Gavron über die Bedeutung des
> Fußballs in seinem Heimatland und die Rolle deutscher Spione.
Bild: Als Kind sah Assaf Gavron im jordanischen Fernsehen alte BVB-Spiele.
Am Dienstag trifft die israelische Fußball-Autorennationalmannschaft im
Stadion von Rishon Lezion auf das deutsche Team. Es ist das Rückspiel,
nachdem im Mai in Berlin die deutsche Mannschaft mit 4:2 gewonnen hatte.
Das Spiel ist Teil eines Besuchsprogramms des Deutschen Fußballbundes aus
Anlass der Gründung des Staates Israel vor 60 Jahren.
taz: Herr Gavron, warum sind Sie so sicher, dass Sie diesmal die deutsche
Mannschaft schlagen werden?
Assaf Gavron: Wir haben natürlich nach wie vor großen Respekt vor dem
deutschen Team. Aber keine Angst wie noch beim Hinspiel im Mai in Berlin.
Das war ja unser erstes Match überhaupt als israelische
Autorennationalmannschaft. Und dann ging es gleich gegen die große
Fußballnation Deutschland. Dafür aber war die 2:4-Niederlage ein richtig
gutes Ergebnis. Seitdem trainieren wir regelmäßig, haben uns verstärkt und
jetzt Heimvorteil. Das alles spricht für uns.
Der Spielführer der Deutschen Mannschaft, Moritz Rinke, hat angeblich sogar
einen Spion nach Israel geschickt, um Ihr Team beobachten zu lassen.
Ja, das ist kein Witz. Das zeigt, wie ernst wir genommen werden. Wenn der
Beobachter da war, haben wir immer besonders fleißig und hart trainiert und
sind danach nicht mal ein Bier trinken gegangen. Das hat dem Spion ganz
schön imponiert.
Es klingt so, als wäre Ihr Team in Topform.
Es gibt noch einige Probleme. Zum Beispiel im Trainerbereich. Wir haben ja
erst ein Spiel absolviert, aber schon den dritten Trainer.
Warum verschleißen Sie so viele Trainer?
In Israel ist alles unheimlich zeitaufwendig, vieles weniger organisiert.
Und es gibt auch kein Geld. Ohne Bezahlung ist es unheimlich schwer, einen
Trainer zu finden. Wir erhalten ja, anders als die deutschen Autoren, keine
finanzielle Unterstützung. Weder vom israelischen Staat noch vom
Fußballverband. Israel ist in dieser Hinsicht ein armes Land. Vor allem
immer dann, wenn es um Kultur- und Sportförderung geht.
Ist das Match gegen Deutschland für Sie ein besonderes Spiel?
Natürlich. Wenn Deutsche und Israelis aufeinandertreffen, ist das immer
etwas Besonderes. Auch im Fußball. Ich bin deshalb froh, dass es
Deutschland war, gegen das wir unser Länderspieldebüt gefeiert haben, und
das auch noch auf dem Olympiagelände in Berlin, wo die Nazis 1936 ihre
Olympischen Spiele inszenierten. Das war für uns ein wirklich schwieriges
Auswärtsspiel. Das können Sie mir glauben.
Wie in Berlin wird nach dem Fußball gemeinsam gelesen und diskutiert. Die
deutschen Autoren haben angekündigt, auf Fußballliteratur zu verzichten.
Sie wollen ernsthafte Texte über Israel präsentieren. Was halten Sie davon?
Ich finde das gut und bin gespannt, auch gerade auf die anschließenden
Diskussionen. Wir selber würden jedoch viel lieber Texte über Fußball
lesen. Aber das können wir nicht, weil es bei uns diese Gattung nicht gibt.
Ist Israel ein Land ohne Fußballliteratur?
Aktuell leider ja. In Israel dominiert die Politik, der Konflikt mit der
arabischen Welt. Das überlagert alles, auch die Literatur. Es müssen sich
erst diese Zustände ändern, bevor in unserem Land wieder über Fußball
geschrieben werden kann. Unser Team hat aber nun einen kleinen Anfang
gemacht und eine schmale Fußballanthologie herausgebracht. Wir brechen
damit bewusst mit der Tradition von populären Kinder-Fußballbüchern aus den
Siebzigerjahren in Israel. Da funktionierte der Fußball, zumindest
literarisch, noch sehr einfach. Das israelische Team feierte nur große
Siege. Vor allem gegen die Araber und gegen die kommunistischen Länder.
Haben Sie durch diese Bücher als Kind Ihre Leidenschaft für den Fußball
entdeckt?
Eindeutig nein. Daran war vielmehr das jordanische Fernsehen Schuld. Das
zeigt jeden Freitagabend alte Borussia-Dortmund-Spiele, und ich habe mit
großen Augen davor gesessen. Im israelischen Fernsehen fand damals Fußball
nicht statt. So bin ich fast zum BVB-Fan geworden.
Zu wem halten Sie heute?
Das ist unterschiedlich. In Israel schlägt mein Herz für Beitar Jerusalem.
Weil ich lange in London studiert und gelebt habe, bin ich dort zum
Arsenal-Fan geworden. In Deutschland mag ich seit unserem Berlin-Match
Hertha BSC. St. Pauli gefällt mir auch sehr. Vor allem wegen der braunen
Trikots. So etwas habe ich noch nirgendwo auf der Welt gesehen.
16 Dec 2008
## AUTOREN
Torsten Haselbauer
## TAGS
Fußball
Schwerpunkt Rassismus
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