# taz.de -- Kommentar Peer Steinbrück: Unser Beppe | |
> Wird Peer Steinbrück unser Beppe Grillo? Das Rezept dafür hat der | |
> SPD-Mann jedenfalls schon: Klartext, aufs Diplomatische pfeifen und | |
> Populismus. | |
Bild: Teutonischer Clown. | |
BERLIN taz | Peer Steinbrück hat Silvio Berlusconi und Beppo Grillo, die in | |
Italien von 55 Prozent gewählt wurden, als Clowns bezeichnet. Er hat die | |
beiden auch Populisten genannt. Daran hätte niemand Anstoß genommen. Aber | |
Clowns sind etwas anderes. Clowns muss man nicht ernst nehmen, Populisten | |
schon. | |
Verständlichweise hat Staatspräsident Napolitano ein Treffen mit Steinbrück | |
abgesagt. Napolitano, früher Kommunist, ist einer der wenigen allseits | |
respektierten Figuren in dem zerfallenen politischen System in Italien. | |
Eine Retourkutsche von Berlusconi hätte Steinbrück genutzt – Napolitanos | |
Nein ist peinlich. Man stelle sich für einen Moment vor, der kommende | |
italienische Ministerpräsident würde – sagen wir – die Piraten, die im | |
Herbst mit sensationellen 15 Prozent in den Bundestag einziehen und die | |
CSU, die in Bayern 55 Prozent bekommen hat, als Clowns bezeichnen. Die | |
halbe Republik hätte Schnappatmung. | |
Was zeigt uns diese Affäre? Erstens: Das Niveau der Beleidigungen zwischen | |
der politischen Klasse in Deutschland und Italien befindet sich in | |
erfreulich aufsteigender Bewegung. Berlusconi beschimpfte den SPD Mann | |
Martin Schulz einst als "Kapo", also Aufseher in einem KZ. Im Vergleich | |
dazu wirkt das Clownsbild harmlos. Auch wenn es wohl zu weit führt darin | |
eine subtile Hommage an den Clown der ehrwürdigen commedia dell` arte zu | |
vermuten. Das Subtile ist Peer Steinbrücks Sache nicht. | |
Zweitens: Die Rot-Grün gewogenen Medien und das Willy-Brandt-Haus können | |
fortan alle pädagogischen Bemühungen und Ermahnungen einstellen, die dem | |
Kanzlerkandidaten Benimm beibiegen sollen. Sie sind überflüssig. Steinbrück | |
ist, wie er ist und als solcher kein Freund des zweiten Gedankens. | |
Vielleicht kann er nicht anders. Vielleicht hält er es für nutzlos nach all | |
dem zerschlagenen Porzellan, das am Weg seiner Kandidatur schon jetzt | |
aufgetürmt ist, noch in die Rolle des seriösen Staatsmanns zu schlüpfen. | |
Also weiter so. | |
In Potsdam, wo Steinbrücks Clowns-Äußerung fielen, wurde "Klartext mit Peer | |
Steinbrück" versprochen – und gehalten. Der SPD-Mann inszenierte sich dort | |
als hemdsärmeliger Typ, der versteht, dass den Bürgern das übliche | |
Drumherumgerede der Politiker auf den Wecker fällt. | |
Klartext reden, ein bisschen gegen die politische Klasse sticheln, aufs | |
Diplomatische pfeifen und populistisch über Andere herziehen – das ist das | |
Rezept. Vielleicht wird Steinbrück unser Beppe Grillo, die teutonischere, | |
ernstere, weniger lustige Ausgabe der politischen Krawallschachtel. Grillos | |
Partei bekam 25, 6 Prozent. Für die SPD wäre das im Herbst mit diesem | |
Kandidaten ein schönes Ergebnis. | |
28 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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