# taz.de -- Artenschutz in Thailand: Neue Chance für den Heringshai | |
> Ab Sonntag wird in Bangkok über weltweiten Artenschutz verhandelt. | |
> Thailand steht wegen Elfenbeinschmuggel in der Kritik. Der illegale | |
> Handel boomt. | |
Bild: Kommt auch bei uns auf den Tisch: Der bis zu drei Meter große Heringshai. | |
BERLIN taz | Ob lebende Steine aus Indonesien, Tabletten mit | |
Seepferdchenextrakt aus Hongkong oder Braunbärfelle aus Russland – die | |
Zollbehörden fischen jährlich mehrere tausend solcher Produkte, Tiere und | |
Pflanzen aus dem Gepäck von Fernreisenden. Der Grund: Sie stehen auf der | |
roten Liste des Washingtoner Artenschutzabkommens. | |
Pünktlich zum „Internationalen Tag des Artenschutzes“ werden ab Sonntag in | |
Bangkok Anträge über den Schutz von 70 gefährdeten Pflanzen- und Tierarten | |
diskutiert. Sie alle haben eines gemeinsam. Ihre Existenzen sind nicht nur | |
durch schwindende Lebensräume und Klimawandel bedroht, sondern zusätzlich | |
durch den weltweiten Handel. | |
Derzeit sind 5.000 Tier- und 28.000 Pflanzenarten je nach Bedrohungsgrad in | |
verschiedenen Anhängen gelistet. Rund 1.000 Arten, darunter Tiger und | |
Nashörner, stehen auf der Tabu-Liste der am stärksten gefährdeten Arten. | |
Mit ihnen ist jeglicher Handel verboten. Die restlichen Arten dürfen nur | |
über Lizenzen und Quoten gehandelt werden. Alle Mitgliedsländer | |
verpflichten sich, diese Regeln einzuhalten. | |
Dem Gastland Thailand wird derzeit vom Naturschutzverband WWF vorgeworfen, | |
den Schmuggel mit Elfenbein zuzulassen. Seit 1989 verbietet das | |
Artenschutzabkommen den internationalen Handel mit Elefantenzähnen – nur | |
einheimisches Elfenbein darf verkauft werden. | |
## Elfenbein aus Afrika | |
Die 1.500 Elefantenbullen Thailands liefern dem Markt jährlich etwa 100 | |
Stoßzahnpaare. „Trotzdem handeln mehr als 5.000 Geschäfte mit Produkten aus | |
Elfenbein“, sagte WWF-Sprecher Janpai Ongiriwittaya der dpa. „Das passt | |
nicht zusammen.“ Vermutet wird, dass das restliche Elfenbein aus Afrika | |
geliefert wird. Bereits eine halbe Million Menschen haben eine Petition | |
gegen den Schmuggel unterzeichnet. | |
Der illegale Handel boomt aber nicht nur in Thailand. Interpol schätzt sein | |
Volumen weltweit auf 20 Milliarden Euro jährlich. „Wir haben es mit einem | |
sehr viel gefährlicheren Gegner zu tun als früher“, sagte Cites-Chef | |
Scanlon. Das Bevölkerungswachstum und der wachsende Wohlstand mit „Hunger | |
auf Exotisches und Geld zum Bezahlen“ erhöhen den Druck auf die geschützten | |
Arten. | |
## Elfenbein und Tigerknochen | |
Neben Elfenbein stehen Tigerknochen, Haifischflossen und Edelhölzer auf der | |
Liste der begehrten Produkte. Abnehmer finden sich vor allem in Ost- und | |
Südostasien, wo sie verzehrt oder zu traditionell chinesischer Medizin | |
verarbeitet werden. | |
Die deutschen Vertreter sorgen sich in diesem Jahr besonders um den | |
Heringshai, der bei uns als „See-Stör“ oder „Kalbsfisch“ auf den Telle… | |
landet. Da dieser sich sehr langsam vermehrt und die Gewässer überfischt | |
sind, ist er vom Aussterben bedroht. Deutschland fordert deshalb seinen | |
Schutz – schon zum dritten Mal. Falls die Aufnahme klappt, wäre er das | |
erste kommerziell genutzte Meerestier, das den Schutzstatus erreicht. | |
„Die Aufnahme wäre ein Durchbruch für den Artenschutz“, sagt Dietrich | |
Jelden, Artenschutzexperte beim Bundesamt für Naturschutz. „Es gibt | |
Chancen, aber es sind harte Kämpfe.“ Gegenstimmen sind vor allem aus Japan | |
und China zu erwarten. | |
## „Es wird schlimmer„ | |
Von angespannter Stimmung berichtet auch Heike Finke, die die Verhandlungen | |
seit Jahren für den Naturschutzbund beobachtet. „Es wird immer schlimmer“, | |
sagt sie. „Im letzten Jahr sind viele Schutzanträge hintenrunter gefallen.“ | |
Eine Mitschuld trage die EU. Sie müsse geschlossen abstimmen, könne sich | |
aber nur selten einigen. Zusätzlich komme Druck aus China. | |
„Die reisen oft in großen Delegationen an und versuchen, mit | |
Entwicklungshilfeleistungen in Afrika für Fischerei- und Handelsrechte zu | |
werben“, klagt Finke. Bei den Verhandlungen bilden sich häufig Fronten aus | |
Japan und China sowie Norwegen, Kanada und Grönland. Die Verhandlungen um | |
dauerbedrohte Arten wie Elefanten oder Eisbären stocken deshalb. „Wir sind | |
sehr frustriert“, sagt Finke. „Aber wir haben nichts Besseres.“ | |
Ein paar Erfolge kann die 40-jährige Geschichte des internationalen | |
Abkommens dennoch vermelden. Durch Handelsverbote haben sich die Bestände | |
vieler Walarten langsam erholt. Auch vom Anden-Kamel Vikunja, das in den | |
1960er Jahren fast ausgerottet war, gibt es nun wieder 200.000 Exemplare. | |
3 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Theresa Zimmermann | |
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