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# taz.de -- Lehrer über Hamburger Schulversuch: „Waldorf ist unwissenschaftl…
> In Hamburg sollen Waldorflehrer an eine staatliche Schule gehen. Diese
> Pädagogik hält der Initatior einer Petition für gefähliche Esoterik.
Bild: Esoterik? Freie Energie? Diese ehemaligen Waldorfschüler haben auf jeden…
taz: Herr Sebastiani, Sie haben eine Onlinepetition gegen einen Hamburger
Schulversuch gestartet, bei dem Waldorflehrer bald an einer staatlichen
Grundschule unterrichten sollen. Warum?
André Sebastiani: Weil mich dieser Schulversuch wirklich empört.
Meinetwegen kann man die Waldorfpädagogik in einer Privatschule machen.
Wenn sich Eltern bewusst dafür entscheiden, respektiere ich das. In Hamburg
wäre es ja anders.
Wenn man im Bezirk wohnt und sich keine großen Gedanken macht, wird das
Kind in der Regel automatisch der nächstgelegenen staatlichen Schule
zugewiesen. Und das könnte bald eben eine Waldorfschule sein.
Mit dieser Kooperation möchte die Hansestadt Hamburg eine Privatschule
verhindern, damit in einem Brennpunkt-Viertel nicht noch mehr Bürgereltern
den Staatsschulen den Rücken kehren. Das ist doch eine löbliche Idee!
Finde ich auch. Aber man sollte lieber die staatliche Schule attraktiver
machen. Mit Waldorf löst man keine sozialen Probleme.
Warum nicht?
Weil das anthroposophische Menschenbild, das Leitbild einer jeden
Waldorfschule, sehr problematisch ist. Nach anthroposophischer Vorstellung
ist man, wenn man mit sechs Jahren in die Schule kommt, noch kein
vollständiger Mensch.
Man ist dann nur physischer Leib und in den folgenden Jahrsiebten
entwickelt man dann angeblich einen Äther- und Astralleib. Das ist eine
wissenschaftlich völlig unhaltbare Entwicklungslehre.
Waldorfschüler berichten, dass die Esoterikbegriffe im Unterricht
eigentlich keine Rolle spielen.
Das müssen sie auch nicht unbedingt. Aber im Hintergrund schwingt die
Anthroposophie immer mit. Aus der Jahrsiebtelehre etwa wird in der Praxis
abgeleitet, dass ein Kind in der ersten Klasse vor dem Zahnwechsel nicht
Lesen und Schreiben lernen sollte. Und Studien zeigen, dass sich 90 Prozent
der Waldorflehrer stark mit der Anthroposophie identifizieren.
Ist Ihre Onlinepetition in der Wortwahl nicht trotzdem etwas martialisch
ausgefallen? Sie sprechen von einer „gefährlichen Ideologie“, die
„antiaufklärerisches“ Gedankengut vermittle.
Im schlimmsten Fall ist es aber genau so. Waldorfpädagogik ist gefährliche
Esoterik, nichts daran ist objektiv. Ich habe Physik-Hefte von
Waldorfschülern gesehen, in denen plötzlich von „freier Energie“ die Rede
ist. Ein völlig unwissenschaftliches Konzept. In anderen Heften wird
Atlantis als Wiege der Menschheit dargestellt.
Hamburg will in dem Schulversuch diejenigen Teile der Waldorfpädagogik
übernehmen, die gut funktionieren. Viel Kunst und Musik und keine Noten. Da
spricht doch nichts dagegen.
Natürlich nicht. Aber für all das brauche ich keine Waldorfpädagogik. Die
staatliche Schule, an der ich unterrichte, ist ebenfalls notenfrei. Meine
Befürchtung ist, dass es nicht bei ein paar guten pädagogischen Elementen
bleibt, sondern man sich die ganze unsinnige Weltanschauung dahinter mit in
die Schule holt.
Der Bund der Freien Waldorfschulen hat in einer ersten Mitteilung zum
Schulversuch „Waldorf light“ ausgeschlossen. Inzwischen haben sie die
Mitteilung interessanterweise von ihrer Homepage gelöscht.
5 Mar 2013
## AUTOREN
Bernd Kramer
## TAGS
Waldorfschule
Lehrer
Hamburg
Christentum
Anthroposophie
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