| # taz.de -- Aus für Waldorf-Crossover in Hamburg: Versuch geplatzt | |
| > Waldorf-Initiative beendet ihre Mitarbeit an der Grundschule Fährstraße | |
| > in Wilhelmsburg. | |
| Bild: Nur mit tiefen Augenringen ist's der Echte: Rudolf Steiner, nach dessen I… | |
| HAMBURG taz | So richtig lange ist es nicht gut gegangen: Zum Ende des | |
| Schuljahrs zieht sich der „Verein für interkulturelle Waldorfpädagogik“ a… | |
| der Ganztagsschule Fährstraße in Wilhelmsburg zurück – dem bundesweit | |
| ersten Versuch einer staatlichen Waldorfschule. Und damit nicht genug: | |
| [1][Der „Bund der freien Waldorfschulen“] hat der Schule [2][untersagt], | |
| die Bezeichnung Waldorf weiterhin zu benutzen. Die Schulbehörde will den | |
| auf acht Jahre angelegten Versuch fortsetzen – ohne Waldorf-Bezug. | |
| Seit 2014 haben Waldorfpädagogen an der staatlichen Grundschule | |
| mitgearbeitet. Die Kinder der ersten und zweiten Klasse lernen seither mit | |
| einem neuen Konzept. Es sieht etwa einen drei- bis vierwöchigen | |
| Epochenunterricht vor: Morgens im Hauptunterricht wird statt täglich | |
| wechselnder Fächer drei Wochen lang beispielsweise nur Mathematik gegeben, | |
| dann drei Wochen lang Deutsch, „Formen Zeichnen“ oder Sachunterricht. Dass | |
| diese täglichen zwei Stunden stets ein Waldorflehrer unterrichtet, sei der | |
| Waldorf-Initiatitive vor drei Jahren – in den Verhandlungen mit der | |
| Schulbehörde – sehr wichtig gewesen, berichtet Christiane Leiste vom damals | |
| eigens gegründeten „Verein für Interkulturelle Waldorfpädagogik“. In der | |
| Praxis sei dies allerdings nicht durchgehend umgesetzt worden. | |
| Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe habe es nicht gegeben, weitet | |
| Vereinsvorstand Oliver Domzalski die Kritik noch aus. Vor Ort gebe es sehr | |
| fähige Pädagogen, sagt er – es gibt an der Schule etwa 35 Lehrer, davon | |
| neun mit Waldorf-Ausbildung. „Doch es hat in der oberen Ebene nicht | |
| geklappt.“ Der erst im Mai 2015 neu eingesetzte Schulleiter habe mit | |
| Waldorf-Pädagogik „nichts anfangen können“, berichtet gar der Vater eines | |
| Kindes, das eine andere Hamburger Waldorfschule besucht. | |
| ## Anfängliche Skepsis | |
| Der Schulversuch „Das beste aus zwei Welten“ war unter Vermittlung des | |
| inzwischen pensionierten Landesschulrats Norbert Rosenboom zustande | |
| gekommen: Als Eltern in dem lange als „sozialer Brennpunkt“ wahrgenommenen | |
| Stadtteil eine neue Freie Waldorfschule gründen wollten, sah Rosenboom die | |
| Gefahr einer sozialen Spaltung. Er schlug vor, stattdessen etwas | |
| Gemeinsames zu versuchen – unter dem Dach einer staatlichen Grundschule. | |
| Das war bundesweit einmalig und stieß auf Skepsis bei Waldorf-Befürwortern, | |
| aber genauso auf laute Kritik bei Gegnern dieser anthroposophisch | |
| grundierten Reformpädagogik. Es werde keine esoterischen Inhalte geben, | |
| versprach Schulsenator Ties Rabe (SPD), als das Projekt im Jahr 2013 | |
| vorgestellt wurde: „Es wird an einer staatlichen Schule künftig nicht | |
| entlang des Karmas unterrichtet.“ | |
| Doch dass es nun so wenig Waldorf-Anteil sei, habe man nicht erwartet, sagt | |
| Domsalzki. „Uns war nicht klar, wie sehr die Sache mit dem Schulleiter | |
| steht und fällt“. Die wenigen Waldorf-Kollegen seien nicht angemessen | |
| beteiligt worden. Die starke Hierarchie einer Staatsschule seien sie zudem | |
| nicht gewohnt – an Waldorfschulen gibt es keinen Rektor, dort entscheidet | |
| die Lehrerkonferenz als Kollektiv. | |
| ## Zwei Lehrerinnen degradiert | |
| Nicht nur um den Stundenplan, auch um fehlende Waldorffortbildung und | |
| konkrete Einstellungen gab es Konflikte. Und schließlich soll sogar ein | |
| externer „Kermit“-Leistungstest für Zweitklässler geplant gewesen sein, | |
| obwohl dies explizit in der Vereinbarung ausgeschlossen wurde. Und zwei | |
| Lehrerinnen seien vom Schulleiter „degradiert“ worden, so Domzalski. | |
| Die Schule selber äußert sich nicht, verweist an die Schulbehörde. „Wir | |
| bedauern, dass der Verein sich zurückziehen will“, sagt Sprecher Peter | |
| Albrecht. Es habe unterschiedliche Auffassungen über Vorgaben des | |
| Schulgesetzes „etwa beim Stundenplan“ gegeben. Da es sich um eine | |
| staatliche Schule handle, seien Schulgesetz und Prüfungsordnung „nicht | |
| verhandelbar“. | |
| Aber reden hätte man können. Henning Kullak-Ublick vom Bund der Freien | |
| Waldorfschulen hatte bereits im Dezember und im Februar einen Brief an | |
| Rosenbooms Nachfolger Thorsten Altenburg-Hack geschrieben, in dem er auf | |
| „Diskrepanzen“ zwischen der Vereinbarung mit der Stadt und der Praxis | |
| hinwies. Doch zu einem Gespräch kam es nicht, der zweite Brief blieb gar | |
| ohne Antwort. | |
| Warum das so war, konnte Albrecht am Freitag nicht klären. Der | |
| Landesschulrat sei außer Haus. | |
| Es werde sich für Schüler, Lehrer und Eltern „nichts Wesentliches ändern�… | |
| sagt Albrecht. Auch personell gebe es keine Änderung. Die Schulbehörde | |
| werde nun den Versuch fortführen, analog zur Albert-Schweitzer Schule in | |
| Ohlsdorf, die zwar kein Waldorf-Schild im Namen trägt, aber seit | |
| Jahrzehnten mit Waldorfelementen arbeitet. | |
| „Sollte das gelingen, wäre ich froh“, sagt Christiane Leiste, die den | |
| Versuch initiierte. „Dann wären die vier Jahre nicht umsonst“. | |
| 1 Jul 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.waldorfschule.de/ | |
| [2] http://www.waldorfschule.de/presse/pressemitteilungen/bund-der-freien-waldo… | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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