Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Unruhen in Ägypten: „Ihr Wahnsinnigen!“
> Bislang herrscht Konsens: Der Suezkanal ist tabu für Demonstranten. Das
> könnte sich ändern. Am Sonntag wurde erstmals der Fährverkehr gestört.
Bild: Höchste Priorität für Ägyptens Militär hat es, die Durchfahrt durch …
KAIRO taz | Demonstrationen und blutige Straßenschlachten gehören in
Ägypten zur Tagesordnung. In Port Said haben sie eine besondere Brisanz.
Die ägyptische Mittelmeerstadt am nordöstlichen Ende des Nildeltas liegt
strategisch wichtig am Eingang zum Suezkanal. Die Gewährleistung des
ungestörten Verkehrs durch eine der wichtigsten internationalen
Wasserstraßen des Welthandels ist für den ägyptischen Staat und auch die
ägyptischen Militärs höchstes Ziel.
Seit den Fußballkrawall-Urteilen befindet sich nun ausgerechnet diese Stadt
im Aufstand. Dass der Kanalverkehr unter allen Umständen weiterlaufen muss,
war auch Konsens in der Stadt. Hier konzentrierten sich die Proteste bisher
in der Innenstadt rund um das Gefängnis, die Provinzverwaltung und die
Hauptpolizeiwache. Eine Kampagne des zivilen Ungehorsams hat einen großen
Teil des wirtschaftlichen Lebens lahmgelegt – mit Ausnahme des Kanals.
Als die neuesten Urteile am Wochenende gesprochen wurden, trafen sich die
Demonstranten zunächst an der Hauptpolizeiwache. Am Sonntagmorgen
beschlossen sie dann, zum nahe gelegenen Kanal zu ziehen und die
Fährverbindung zum östlichen Teil der Stadt Port Fuad zu unterbrechen.
Dabei kam es zu Tumulten, als Einwohner von Port Said und Fährschiffer die
Demonstranten stoppen wollten. „Die ganze Stadt lebt von diesem Kanal, ihr
Wahnsinnigen!“, rief einer der Fährschiffer, als sein Boot mit Steinen
beworfen wurde. Das Militär stand zögerlich dabei und erstattete über Funk
Meldung.
Der Verkehr der großen Container und Tanker wurde unterbrochen – ein
Albtraum für Ägyptens Staat, für den der Kanal eine der wichtigsten
Einnahmequellen darstellt. Die Suezkanal-Einnahmen sind Experten zufolge
bereits im Januar gegenüber dem Vormonat um 4,6 Prozent, gegenüber dem
Vorjahresmonat gar um 9 Prozent gesunken. Im Januar 2011 hatte der Staat in
einem Rekordmonat 405 Millionen Dollar an Kanalgebühren eingenommen.
Erst am Nachmittag brachte das Militär die Lage vorsichtig unter Kontrolle.
Mit seinen Schnellbooten und einigen kleineren privaten Fährbooten übernahm
es jeweils mit einer Militäreskorte an Bord den Fährdienst. Später konnten
dann auch wieder Containerschiffe und Tanker durch den Kanal fahren.
Wut, Enttäuschung und Verzweiflung in der Stadt könnten dazu führen, dass
der Verkehr erneut gestoppt wird. Denn wie einer der meist jugendlichen
Demonstranten am Kanal sagt: „Was soll’s, wir haben nichts mehr zu
verlieren.“ In einem solchen Fall würde das Militär aber sicherlich
konsequent eingreifen.
10 Mar 2013
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
## TAGS
Ägypten
Protest
Port Said
Fußballkrawalle
Ägypten
Ägypten
Ägypten
Mursi
Ägypten
Ägypten
Port Said
Ägypten
John Kerry
## ARTIKEL ZUM THEMA
Armut in Ägypten: Ein Euro am Tag
Wenn alle Gedanken ums Essen kreisen: Wie eine Familie in Kairo versucht,
mit minimalen Mitteln über die Runden zu kommen.
Das Schlagloch: Mittelmäßige Muslimbrüder
In Ägypten fehlen Visionäre, die den Niedergang des Landes aufhalten.
Stattdessen wachsen Dummheit und Konformität.
Kopten und Muslime in Ägypten: Gewalt nach Totenmesse
Bei Auseinandersetzungen rund um die koptische Kathedrale in Kairo werden
erneut zwei Personen getötet und über achtzig verletzt.
Schwere Ausschreitungen in Ägypten: Chaos in Kairo
Bei Protesten gegen Ägyptens Regierung lieferten sich Demonstranten und die
Polizei Straßenschlachten. Derweil darf der Satiriker Bassem Jussif weiter
Mursi-Witze machen.
Zwei Jahre nach dem Sturz Mubaraks: Keine Versöhnung
In der Hafenstadt Port Said herrschen Empörung über die harten Urteile im
Fußballkrawall-Prozess, Rachegefühle und Misstrauen gegen Polizei und
Regierung.
Kommentar Ägypten: Hoffnungsträger Militär
Das Versagen der Verwaltung und der Justiz verstärkt die Frustration in
Ägypten. So mehren sich die Stimmen, die gerade im Militär die Rettung
sehen.
Fußballdesaster in Ägypten: Fünf Tote bei Krawallen in Port Said
Die Verlegung von 39 Gefangenen löste in der Nacht zu Montag Proteste aus.
Für Samstag werden weitere Urteile im Fall der tödlichen Fußballkrawalle
2012 erwartet.
Getanzter Protest in Ägypten: Muslimbrüder scheitern am Shake
In Ägypten protestieren Oppositionelle mit dem „Harlem Shake“ gegen die
regierenden Muslimbrüder. Die versuchten Feuer mit Feuer zu bekämpfen.
US-Außenminister besucht Ägypten: Nur mal kurz die Meinung sagen
John Kerry versucht bei seinem ersten Besuch in Kairo die Wogen zu glätten.
Währenddessen kam es in einigen Provinzen zu Straßenschlachten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.