# taz.de -- Internationaler Diamantenhandel: Mugabe hat ein neues Schätzchen | |
> Weil Simbabwe wichtiger für die Edelsteinbranche wird, fallen bald die | |
> EU-Sanktionen. Das nützt Mugabes Generälen und Diamantenhändlern in | |
> Belgien. | |
Bild: Millionen aus dem Dreck: Diamantenabbau in Marange, Simbabwe. | |
ANTWERPEN taz | Wenn Simbabwes autokratischer Präsident Robet Mugabe sich | |
nach gewonnenem Verfassungsreferendum in wenigen Monaten wiederwählen | |
lässt, liegt Europas Geschenk an ihn schon bereit. Das EU-Embargo gegen | |
Simbabwes staatlichen Diamantenförderer ZMDC (Zimbabwe Mineral Development | |
Corporation) soll ab Juli fallen. Damit setzten sich am 18. Februar in | |
Brüssel die Lobbyinteressen der globalen Diamantenindustrie durch. | |
Simbabwes Diamantenförderung steht in der Kritik, seit im Jahr 2008 die | |
Armee in der Diamantenmine Marange einrückte, um die dortigen illegalen | |
Kleinschürfer zu vertreiben. 200 Menschen wurden getötet, um dem Militär | |
die alleinige Kontrolle über die lukrative Mine zu sichern, so die | |
[1][Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.] Die in Marange aktive | |
ZMDC ist eng mit dem Establishment aus hohen Generälen und Freunden Mugabes | |
liiert, das in Simbabwe seit der Unabhängigkeit 1980 die Fäden ziehen. | |
Wegen des Blutbades von Marange wurde Simbabwe 2009 Objekt von Sanktionen: | |
der „Kimberley-Prozess“, das internationale Regelwerk der | |
Diamantenindustrie zum Ausschluss sogenannter „Blutdiamanten“ aus dem | |
legalen Handel, verlangte Reformen, bevor die Steine aus Marange auf den | |
Markt dürfen. | |
2011 und 2012 wurden diese Sanktionen schrittweise gelockert. Aber ZMDC als | |
simbabwisches Staatsunternehmen unterlag weiter den gegen Mugabe und sein | |
Umfeld geltenden EU-Sanktionen, und so konnten ZMDC-Diamanten aus Marange | |
weiter nicht über den europäischen Hauptumschlagplatz Antwerpen gehandelt | |
werden. Dubai, Tel Aviv, Hong Kongo und Mumbai, wo weniger genau auf die | |
Herkunft der Steine geachtet wird, eroberten dadurch wichtige Marktanteile. | |
## Hunger nach Diamanten | |
Antwerpens Diamantenhandel steckt in der Krise, weil Diamantenförderländer | |
wie Botswana dazu übergehen, ihre Produktion selbst zu vermarkten. 2012 | |
sanken Antwerpens Diamantenkäufe um 14 Prozent. Man sei „hungrig“, sagt | |
eine Quelle in der Branche. | |
So ist die Wiederzulassung von Mugabes Steinen in Europa aus Antwerpener | |
Sicht lebenswichtig. Und seit dem Blutbad von Marange hat sich die | |
Diskussion verändert. Damals konnten sich die Diamantenverarbeiter noch den | |
Luxus leisten, aus ethischen Gründen eine simbabwische Mine zu | |
boykottieren. Aber heute ist Simbabwe zu wichtig. | |
2008 förderte Simbabwe erst 800.000 Karat, 0,5 Prozent der Weltproduktion. | |
2011 waren es mehr als zehnmal so viel, 8,5 Millionen oder 7 Prozent der | |
Weltproduktion. Simbabwe wurde damit der viertgrößte Diamantenproduzent der | |
Erde, hinter Russland, Botswana und der Demokratischen Republik Kongo. | |
2012 schoss Simbabwes Förderung weiter in die Höhe, auf über 15 Millionen | |
Karat nach vorläufigen Zahlen des Weltdiamantenrates in Antwerpen. Rund die | |
Hälfte, 8 Millionen, kommt aus Marange. 2013 sollen es laut ZMDC doppelt so | |
viel werden. | |
## 670 Quadratkilometer voller Diamanten | |
Doch mit einem Förderwert von 476 Millionen US-Dollar lag Simbabwes | |
Diamantenförderung 2011 nur auf dem siebten Platz. Die aus Namibia war | |
achtmal kleiner nach Volumen, aber doppelt so viel wert. Experten setzen | |
aber darauf, dass sich das bald ändert. Ein Geologe in Antwerpen sagt, die | |
670 Quadratkilometer große Diamantenkonzession Marange liege in einem | |
gigantischen unterirdischen ehemaligen Flussbett, das geologisch der | |
Oranje-Flussmündung von Namibia ähnelt. Das Flussbett in Simbabwe erstrecke | |
sich über mehr als 70 Kilometer bis nach Chimanimani an der Grenze zu | |
Mosambik, wo bereits ein simbabwisch-russisches Joint Venture Diamanten | |
fördert. | |
Simbabwes Bergbauminister Obert Mpofu hält es sogar für möglich, dass sein | |
Land ein Viertel der Weltreserven an Diamanten hält. Kein Wunder, dass die | |
belgischen Diamantenhändler gegen die Sanktionen mobil machten. Am Schluss | |
kam ein fauler Kompromiss heraus: Die Sanktionen bleiben nur dann bestehen, | |
falls die 27 EU-Staaten einstimmig befinden sollten, dass Simbabwes für | |
Juli erwartete Wahlen unregelmäßig waren. Für ihre Aufhebung aber reicht | |
die einfache Mehrheit. | |
Letztlich hängt Simbabwes Diamantenboom nicht allein von Europa ab. Der | |
chinesische Diamantenförderer Anjin unterliegt keinem Embargo. Anjin ist | |
ein chinesisch-simbabwisches Joint Venture, in dem der simbabwische | |
Rüstungskonzern ZDI (Zimbabwe Defence Industries) 40 Prozent hält. Die | |
Mehrheit hält die chinesische Baufirma AFECC, die am Rand der Hauptstadt | |
Harare gerade eine neue Militärakademie baut, komplett mit Swimming Pools, | |
Klinik und Kinos. Die Kosten von 100 Millionen Dollar deckt ein | |
chinesischer Kredit. Die Sicherheit dafür: Eine Diamantenkonzession in | |
Marange. | |
15 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hrw.org/de/news/2010/03/22/blutdiamanten-werden-weiter-gehandelt | |
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