# taz.de -- Kimberley-Prozess aufgekündigt: Blutdiamanten wieder im Geschäft | |
> Frustrierte NGOs kündigen die Zusammenarbeit mit dem Kimberley-Prozess | |
> auf. Er verhindere die Finanzierung von Gewalt und | |
> Menschenrechtsverletzungen nicht. | |
Bild: Ungeschliffener Diamant: Der Kimberley-Prozess sollte Mechanismen zur Kon… | |
BRÜSSEL taz | Als der Kimberley-Prozess 2003 ins Leben gerufen wurde, da | |
spielten NGOs wie Global Witness aus Großbritannien und Partnership Africa | |
Canada eine Schlüsselrolle. Der Kimberley-Prozess hatte zum Ziel, | |
Mechanismen zur Kontrolle des Diamantenhandels zu schaffen, um zu | |
verhindern, dass damit besonders in Afrika bewaffnete Konflikte finanziert | |
werden. | |
Acht Jahre später sind die Nichtregierungsorganisationen frustriert. Am | |
Freitag letzter Woche verließen sie unter Protest die Sitzung in Kinshasa. | |
Sie beklagen, der Prozess sei nicht in der Lage, jene Länder zur | |
Verantwortung zu ziehen, die sich nicht an die Regeln halten, er verhindere | |
die Finanzierung von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen nicht und | |
schaffe es auch nicht, Käufern die Sicherheit zu geben, dass ihre Diamanten | |
wirklich sauber sind. | |
Für den größten Frust sorgt die Lage in Simbabwe. Die Organisationen sind | |
stinksauer über die Ankündigung des kongolesischen Vorsitzenden des | |
Kimberley-Prozesses, dass zwei Bergbauunternehmen Steine aus den | |
Marange-Feldern exportieren dürfen, wo die Armee Ende 2008 rund 200 kleine | |
Schürfer umbrachte. | |
Beim Treffen in Windhuk im Juni 2009 forderten | |
Nichtregierungsorganisationen, Steine aus Simbabwe als Blutdiamanten | |
anzusehen und das Land vom Kimberley-Prozess auszuschließen. Im Februar | |
2010 riefen sogar wichtige Unternehmen der Diamantenindustrie ihre Partner | |
auf, keine Diamanten aus Marange zu kaufen. Im Frühjahr 2010 wurde über | |
Marange-Diamanten ein Teilembargo verhängt, im August 2010 aber wieder | |
aufgehoben. | |
Historisch war der Kimberley-Prozess wegen der Finanzierung der | |
Unita-Rebellen in Angola und der RUF in Sierra Leone durch | |
Diamantenverkäufe entstanden. In beiden Ländern waren die Rebellen bereits | |
geschlagen, als das Abkommen in Kraft trat. Der Versuch von Global Witness, | |
die Definition von "Blutdiamanten" im Fall Simbabwes auch auf von der Armee | |
begangene Verbrechen auszuweiten, wird von Südafrika und Russland nicht | |
unterstützt. | |
Vertreter der Industrie fürchteten einen Schneeballeffekt: Wenn nach jedem | |
Zusammenstoß zwischen Sicherheitsdiensten und Diamantenwilderern von | |
"Blutdiamanten" gesprochen werde, dann stünden sehr große Teile der | |
weltweiten Diamantenproduktion bald unter Embargo. | |
Der Fall Simbabwes ist besonders wichtig, weil erst kürzlich große neue | |
Vorkommen entdeckt wurden, die das Land zu einem der wichtigsten | |
Produzentenländer machen könnten. Auch der Bergbaugigant Rio Tinto ist | |
gegen ein Exportverbot für Simbabwe - das Unternehmen will 300 Millionen | |
US-Dollar in die Murowa-Mine investieren. | |
27 Jun 2011 | |
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Antwerpen | |
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