# taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Diamantenschürfer zu Killern | |
> Das Bürgerkriegsland ist aus dem legalen Diamantenhandel verbannt. Das | |
> Ergebnis: Händler schmuggeln und Schürfer werden Milizionäre. | |
Bild: Gar nicht so einfach, Anti-Balaka-Milizionäre zu finden: Burundische Ein… | |
BANGUI taz | Das himmelblaue Hoftor öffnet sich. Wo sonst große | |
Geländewagen und Luxuslimousinen parken, steht heute nur das Fahrrad des | |
Hausmeisters. Zentralafrikas größtes Diamantenhaus, Batica, ist praktisch | |
lahmgelegt: „Kommen Sie früh am Vormittag, dann ist der Chef eine Weile | |
hier“, sagt der Hausmeister, den Besen in der Hand. | |
Diamantenhandel ist der Motor der zentralafrikanischen Wirtschaft. Das | |
kleine Land zählt zu einem der größten Diamantenlieferanten Afrikas. 60 | |
Prozent aller Exporte sind Diamanten, mit zwölf Prozent Exportsteuer zählt | |
der Diamantenverkauf zu einem der Hauptdevisenbringer der Regierung. Doch | |
seit Mai 2013 ist der legale Export von Diamanten aus der | |
Zentralafrikanischen Republik unmöglich. | |
Der Grund: Der Kimberley-Prozess, der internationale | |
Selbstregulierungsmechanismus der Diamantenindustrie, hat das Land | |
suspendiert, in Reaktion auf die Machtergreifung der muslimischen | |
Rebellenallianz Seleka im März. Diamanten sollten keine bewaffneten Gruppen | |
finanzieren, hieß es. Seleka regiert heute nicht mehr, aber es herrscht | |
Bürgerkrieg und die Suspendierung bleibt. | |
„Das Geschäft ist nicht mehr das, was es einmal war“, klagt El Arby | |
Cheickna. Der Händler stammt aus Mauretanien, ist seit 20 Jahren in | |
Zentralafrika im Diamantengeschäft tätig. Er lebte in einem muslimischen | |
Viertel in Bangui, doch sein Haus wurde von den Anti-Balaka-Milizen, die | |
Zentralafrikas Muslime systematisch jagen, geplündert. | |
Er konnte gerade noch Kühlschrank und Flachbildfernseher retten. Jetzt | |
logiert er in einem billigen Hotel. Er kauft nach wie vor Diamanten in der | |
Kleinstadt Bouca, sagt er, aber über Mittelsmänner: „Für mich als Muslim | |
ist es zu riskant, dorthin zu fahren. Die Schürfer gehören alle zur | |
Anti-Balaka“, sagt er. | |
In Bangui verkaufe er einen Teil an Batica, doch dort werden sie nur | |
gelagert, nicht exportiert. Cheickna deutet an, dass er die Steine heimlich | |
nach Kamerun bringen lässt. „Dort kaufen sie mir meine europäischen | |
Kontakte unter der Hand ab.“ | |
## Verblichener Glanz | |
Die Kimberley-Suspendierung der Zentralafrikanischen Republik „hat dem | |
Schmuggel Tür und Tor geöffnet“, klagt Georges Ouaboua, Generaldirektor von | |
Zentralafrikas Minenbehörde. Der junge Mann im maßgeschneiderten Anzug | |
sitzt an seinem Schreibtisch in einem alten Gebäude neben dem | |
Präsidentenpalast. In den Regalen verstauben Akten aus den 70er und 60er | |
Jahren. | |
Heute kann sich das Land nicht mehr seines glitzernden Reichtums rühmen. | |
Von Juni 2013 bis heute „null Export“, erklärt Ouaboua, „das heißt für… | |
Staat: null Steuereinnahmen, und das heißt für die Beamten: null Gehälter.“ | |
Inoffiziell gehe aber der Export weiter – nur eben an der Staatskasse | |
vorbei. | |
Ouaboua findet, dass die Suspendierung den Bürgerkrieg in Zentralafrika | |
nicht gestoppt, sondern weiter angefacht hat. Der Kimberley-Prozess war | |
2003 in Kraft getreten, damit nach den blutigen Kriegen in Sierra Leone und | |
Angola keine Rebellen mehr mit sogenannten Blutdiamanten Geld machen. | |
In Bangui hatten die Seleka-Rebellen nach ihrer Machtergreifung im März | |
2013 den Handel übernommen. Im Diamanten-Haus Batica in Bangui gingen die | |
Brüder von Seleka-General Noureddine Adam ein und aus, das Geschäft | |
florierte. Für Minendirektor Ouaboua nichts Schlimmes: Solange die | |
Diamanten in lizenzierten Handelshäusern wie Batica verkauft und gekauft | |
werden, ist das Geschäft legal. | |
Jetzt aber, sagt er, haben von zwölf lizenzierten Handelsstuben acht | |
geschlossen. Die vier verbliebenen dürfen nicht exportieren und gehen | |
bankrott. Gleichzeitig hätten zahlreiche neue Handelshäuser in Kamerun an | |
der Grenze zu Zentralafrika eröffnet. An Zentralafrikas Diamanten verdiene | |
jetzt Kamerun, so Ouaboua. Und die arbeitslos gewordenen | |
zentralafrikanischen Schürfer hätten sich den Anti-Balaka-Milizen | |
angeschlossen. | |
26 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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