# taz.de -- Kimberley-Jahrestagung: Rückschlag bei Blutdiamanten | |
> Die Jahrestagung verzichtet auf härtere Maßnahmen gegen | |
> Diamantenschmuggel. Israel, das in illegalen Edelsteinhandel verwickelt | |
> sein soll, übernimmt den Vorsitz. | |
Bild: 32-Karäter: Dieser Diamant würde bei einer Auktion 3-5 Millionen US-Dol… | |
Die Bemühungen, den internationalen Diamantenhandel zu reformieren, haben | |
einen neuen Rückschlag erlitten. Auf seinem Jahrestreffen im namibischen | |
Swakopmund verzichteten die Teilnehmer des Kimberley-Prozesses - der | |
Selbstregulierungsmechanismus der globalen Diamantenindustrie zum | |
Ausschluss illegal gehandelter Steine aus dem Geschäft - vergangene Woche | |
auf Strafmaßnahmen gegen Simbabwe. | |
Die 75 Teilnehmerregierungen setzten sich damit gegen | |
Nichtregierungsorganisationen und den Branchendachverband World Diamond | |
Council (WDC) durch. Ende 2008 hatte die Armee von Simbabwes Präsident | |
Robert Mugabe 100 bis 200 informelle Diamantenschürfer massakriert, um | |
selbst die Kontrolle über die Mine Marange zu erlangen und sich dadurch | |
bereichern zu können. | |
Ein Inspektor des Kimberley-Prozesses soll nun nach Marange reisen und die | |
simbabwische Regierung ihre Bergbaupolitik zunächst selbst reformieren. | |
Dies entspricht Simbabwes eigenem Vorschlag auf dem Kimberley-Treffen. | |
Rücksicht auf die parallelen Bemühungen des südlichen Afrika, die | |
auseinandergebrochene Regierung der Nationalen Einheit in Simbabwe wieder | |
zu kitten, mag die milde Linie mit inspiriert haben. | |
Streng genommen ist es nach den Kimberley-Regeln auch kein Problem, wenn | |
staatliche Sicherheitskräfte sich selbst am Diamantenhandel bereichern. Die | |
Regeln schließen nur Diamanten aus Rebellenhand aus dem legalen Handel aus | |
- auch wenn der Staat in Diamantengebieten selbst Gewalt anwendet, so wie | |
in Simbabwe. | |
Eine Revision dieser Regel ist auf dem Kimberley-Treffen nicht erfolgt. | |
Sanktionen gegen Rebellendiamanten hingegen bleiben erhalten, aber auch | |
hier verzichteten die Tagungsteilnehmer auf effektive Maßnahmen gegen | |
beteiligte Regierungen. Dabei geht es vor allem um illegale | |
Diamantenexporte aus dem Norden der Elfenbeinküste, wo ehemalige Rebellen | |
weiterhin Parallelgeschäfte mit Rohstoffen machen, unter anderem Diamanten. | |
Erst kürzlich hatte der UN-Sicherheitsrat deswegen das bestehende Embargo | |
gegen Diamanten aus der Elfenbeinküste bis Ende Oktober 2010 verlängert. | |
Eine UN-Expertengruppe stellte pünktlich zur Kimberley-Jahrestagung fest, | |
dass diese Diamanten über Israel auf den Weltmarkt gelangen. Genannt wurde | |
die israelische Handelsfirma Peri Diamonds, die im westafrikanischen | |
Liberia und im israelischen Ramat Gan aktiv ist. Der israelische | |
Geschäftsmann Yuri Freund soll für den Handel mit ivorischen Diamanten | |
außerdem ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem Diamantenlieferanten | |
gegründet haben. Israel, so die UN-Experten, habe ebenso wie die | |
Vereinigten Arabischen Emirate, Mali und Guinea unzureichend mit den | |
UN-Ermittlern zusammengearbeitet. | |
Diese Anschuldigungen sind peinlich für den Kimberley-Prozess, denn ab 1. | |
Januar 2010 übernimmt Israel turnusmäßig für ein Jahr den | |
Kimberley-Vorsitz. Shmuel Mordechai, Chef der Diamanten- und | |
Edelsteinabteilung in Israels Industrie- und Handelsministerium, wies die | |
UN-Vorwürfe zurück, ebenso die Familie Freund. Israels Regierung hat sogar | |
Klage gegen die Nennung der Freund-Familie im UN-Bericht erhoben. | |
Schärfere Kontrollmaßnahmen gegen illegalen Diamantenhandel sind unter | |
Israels Kimberley-Vorsitz also unwahrscheinlich. Um alle Seiten | |
zufriedenzustellen, verzichtete die Jahrestagung schließlich auch darauf, | |
Kritik an Guinea und am Libanon zu üben. Diese werden von der US-Regierung | |
verdächtigt, als Transitländer für westafrikanischen Diamantenhandel | |
zugunsten der Hisbollah zu fungieren. | |
8 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
François Misser | |
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