| # taz.de -- Bauern in Simbabwe: Der Trend geht zum Vieh-Banking | |
| > Die TN Bank ermöglicht es Simbabwern ein Konto zu eröffnen, indem sie | |
| > Kühe als Pfand abgeben. Zinsen gibt es in bar oder in Kühen. Und das | |
| > System hat noch einen Vorteil. | |
| Bild: Sie könnte bei der TN Bank ein Konto eröffnen. | |
| MARONDERA ap | William Mukurazitas Guthaben bei der Bank hat vier Beine und | |
| muht. In Simbabwe hat die TN Bank eröffnet – das erste Vieh-Kreditinstitut. | |
| Kunden bringen ihre Tier als Pfand und erhalten dafür Bargeld. Für viele | |
| arme Menschen in ländlichen Regionen des Landes im Süden Afrikas ist es das | |
| erste Bankkonto, das sie je hatten. | |
| „Vieh-Banking ist der einzige Weg, wie Besitzer Geld für ihre Tiere | |
| bekommen können, ohne sie zu verkaufen“, sagt Bank-Manager Charles Chakoma | |
| der Nachrichtenagentur AP. Die Eigentümer erhalten Zinsen und haben die | |
| Option, ihr Vieh nach zwei Jahren wieder zurückzubekommen – oder es der | |
| Bank für länger zu überlassen. | |
| Für den Fall, dass die Besitzer es nicht schaffen, das Geld zurückzuzahlen, | |
| behält die Bank die Tiere. Wenn ein Besitzer stirbt, kann ein enges | |
| Familienmitglied die Zahlung übernehmen und das Vieh zurücknehmen. Die | |
| Bank, die auch einige Fast-Food-Restaurants besitzt, behält sich das Recht | |
| vor, ältere Tiere zu schlachten und zu verwerten. Die Tiere würden dann | |
| durch produktivere Tiere des selben Wertes ersetzt, heißt es. | |
| William Mukurazita (69) und seine Frau Elizabeth (66) hatten eine Herde mit | |
| rund 70 Tieren im Dorf Masomere 140 Kilometer von der Hauptstadt Harare | |
| entfernt. Aber ihr schlechter Gesundheitszustand hinderte sie daran, sich | |
| so um das Vieh zu kümmern, wie es notwendig gewesen wäre. Mindestens 20 | |
| Tiere verloren sie, einige starben, andere wurden gestohlen, wie Elizabeth | |
| Mukurazita sagt. | |
| ## 10.000 Dollar Kuh-Einlagen | |
| Jetzt haben sie 24 Rinder auf ihr Konto bei der TN Bank eingezahlt. Die | |
| Bank ist benannt nach ihrem Gründer, dem Finanzier und sozialen Vorkämpfer | |
| Tawanda Nyambirai. Das Paar hat jetzt umgerechnet 10.000 Dollar | |
| Kuh-Einlagen bei der Bank. „Wenn wir das früher gewusst hätten, dann hätten | |
| wir die ganze Herde retten können“, sagt Elizabeth Mukurazita. | |
| Ein Tierarzt untersucht die Tiere, die Bank bezahlt für den Transport zu | |
| Koppeln, die sie im ganzen Land gekauft hat. Dort werden die Rinder | |
| gemästet und gezüchtet. Die Besitzer erhalten von der Bank als Beleg ein | |
| „Zertifikat über Vieh-Einlagen“. | |
| Als die Bank-Vertreter ihr Vieh taxieren, stehen die Mukurazitas besorgt | |
| daneben und blicken auf ein dürres Kälbchen, dessen Mutter ein paar Tage | |
| zuvor gestorben ist. Zwei andere Kälbchen werden von ihren Müttern gesäugt. | |
| Das neidische und hungrige Waisen-Kälbchen versucht, ein Euter zu | |
| erreichen, wird aber weggetreten. Es trollt sich auf einen schmalen | |
| Grasstreifen etwas abseits und grast. | |
| Unbehütet würde es innerhalb weniger Tage sterben, sagt Bank-Manager | |
| Chakoma. So gibt sich denn auch der Tierarzt einen Ruck, setzt 49 Dollar | |
| als Wert für das Kälbchen an und übernimmt es damit in die Pflege der Bank. | |
| Er dürfe keine kranken Tiere akzeptieren, sagt der Tierarzt. Aber das | |
| betreffende Kälbchen werde wohl überleben, denn es sei in der Lage, selbst | |
| zu grasen. | |
| ## Vieh-Konten sind sicher | |
| Nur 20 Prozent des Viehbestandes in Simbabwe leben auf kommerziellen | |
| Bauernhöfen. Der Rest, etwas 3,5 Millionen Tiere in den Dörfern, hat einen | |
| Wert von mehr als einer Milliarde Dollar, wie Chakoma sagt. Der TN Bank | |
| geht es darum, die Menschen davon zu überzeugen, dass ihre Vieh-Konten | |
| sicher sind – gerade nach all den Jahren mit der weltweit höchsten | |
| Inflation in dem Land. | |
| In der traditionellen ländlichen Gesellschaft symbolisiert Vieh Wohlstand. | |
| Es ist nicht nur in der Landwirtschaft wichtig, sondern auch als Mitgift | |
| bei Hochzeiten, als Opfergabe bei Beisetzungen und als Besänftiger für die | |
| Geister der Ahnen. Viele Viehbesitzer scheuen sich deswegen, sich von ihren | |
| Statussymbolen zu trennen, wie Chakoma sagt. Allerdings könnten gerade | |
| ältere Menschen sich das Leben so erleichtern, wenn sie selbst nicht mehr | |
| in der Lage seien, sich um die Tiere zu kümmern und es die jungen Menschen | |
| in Scharen in die Städte zieht. | |
| „Die Bauern mögen sich nicht gerne von ihren Tieren trennen. Deswegen | |
| versuchen wir, sie davon zu überzeugen, einige Tiere zu behalten, um sie zu | |
| melken oder sie für die Ackerarbeit einzusetzen. Doch der Rest der Herde | |
| wäre nur eine Bürde für sie“, sagt Chakoma. | |
| Die Zinsen können in bar oder in Kühen ausgezahlt werden. Die Mukurazitas | |
| haben sich für Kühe entschieden. Dann könne ihr Sohn später eine neue Herde | |
| übernehmen und mehr Land erwerben. „Wir brauchen das Geld nicht wirklich. | |
| Wir wollen unsere Herde verbessern“, sagt William Mukurazita. | |
| 20 Jun 2013 | |
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