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# taz.de -- RBB und die Staatskanzlei: Brandenburger Klüngel
> Ein geschönter Beitrag zeigt die Nähe des öffentlich-rechtlichen Senders
> RBB zur Regierung von Matthias Platzeck.
Bild: Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck.
„Zum Flughafen haben wir nun wirklich alles gesagt die letzten zehn Tage.
Da sag ich heut nüscht mehr zu. Reicht!“ Fast sympathisch, dieser
aufrichtig rotzige Matthias Platzeck (SPD). Die Zuschauer des RBB, die erst
nach 18 Uhr einschalteten und den Beitrag nicht online aufriefen, sahen den
patzigen Platzeck überhaupt nicht.
Dafür sorgte ein Anruf von Regierungssprecher Thomas Braune bei
RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein. Braune beschwerte sich über die
Reporter und wollte, dass deren Aufnahmen aus dem Programm verschwinden.
Sein Wille geschah.
Das war im Mai 2012. Jetzt ist eine Diskussion darüber entfacht worden, ob
der RBB und insbesondere Singelnstein zu sehr vor der Politik buckeln.
Journalisten sind entsetzt darüber, wie hörig Singelnstein auf Braunes
Forderung reagierte.
So schrieb beispielsweise Constanze von Bullion am Donnerstag in der
Süddeutschen Zeitung von einer „jämmerlichen Vorstellung“. Singelnstein
schütze seine Mitarbeiter nicht mal bei so einer Lappalie, sei dem Druck
nicht gewachsen und nach dieser Episode untragbar. Die Opposition im
Brandenburger Landtag verlangt währenddessen auch den Rückzug von
Regierungssprecher Braune. Doch über beide werden (noch) schützende Hände
gehalten.
Braune habe sich nur bei Singelnstein beschwert, aber nichts verlangt. So
schilderte es Staatskanzleichef Albrecht Gerber (SPD) vergangenen Mittwoch
vor dem Hauptausschuss des Landtags. „Der Regierungssprecher hat seines
Amtes gewaltet. Er muss die Chance haben, auf Fehler hinzuweisen“, so
Gerber.
## „Journalistisches Handwerk“
„Die Fehler“ in Braunes Wortlaut: „Ich halte es nicht für angemessen, da…
zugunsten eines vordergründigen Effektes alle Regeln des guten Journalismus
vergessen werden.“ Zu „gutem Journalismus“ zählt es offenbar nicht,
kritische Fragen an einen Ministerpräsidenten zu stellen. Singelnstein ließ
sich jedenfalls sehr rasch von Braunes Journalismusregeln überzeugen.
Im Nachhinein findet der Redakteursausschuss des RBB Singelsteins Verhalten
ziemlich unredlich: „In Verantwortung stehende Politiker auf aktuelle
Fragen anzusprechen, gehört zum journalistischen Handwerk.“ So die
offizielle Stellungnahme. Wenn man die Redakteure persönlich auf den Fall
anspricht, werden die Aussagen allerdings deutlich vorsichtiger.
Ein Mitglied des Ausschusses wollte weder etwas zu dem Thema sagen, noch
seinen Namen in der Zeitung lesen. Nur, dass es beim RBB keinerlei Zensur
und Meinungseinschränkung gäbe, das könne man schreiben.
## Opposition fordert Rücktritt
Die Opposition sieht die bisherigen Stellungnahmen Braunes skeptisch. Dass
er sich lediglich brav bei Singelnstein beschwert haben soll, überzeugt
wenige. „Selbst wenn Braune nichts verlangt hat, dann ist es ja noch viel
bedenklicher. Dann reden wir hier von vorrauseilendem Gehorsam“,
kommentierte Grünen-Abgeordnete Marie Luise von Halem. FDP-Fraktionschef
Andreas Büttner ging noch weiter und sagte: „Sollte sich der Verdacht
bestätigten, kann ich mir nicht vorstellen, dass Herr Braune im Amt zu
halten ist.“
Platzeck hält Braune seit neun Jahren im Amt. Davor war Braune selbst
Journalist. In seiner jetzigen Rolle nannte er in einer Mail Journalisten
schon mal „Störer“, gegen die „Erstabwehr“ nötig sei. Als einst zu ei…
von ihm anberaumten Hintergrundgespräch Medienleute kamen, die nicht
eingeladen waren, wurde ihnen mit der Polizei gedroht. Sie wurden
rausgeworfen. Einige im RBB fanden das wohl berichtenswert und produzierten
einen Nachrichtenfilm. Kurz vor der Ausstrahlung soll der Beitrag aber
gestrichen worden sein.
18 Mar 2013
## AUTOREN
Dmitrij Kapitelman
## TAGS
RBB
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Brandenburg
Schwerpunkt Pressefreiheit
RBB
Matthias Platzeck
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Berlin
ZDF
CDU
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