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# taz.de -- CSU versucht ZDF zu beeinflussen: Sind wir hier bei „Wünsch dir …
> Ein CSU-Sprecher hat beim ZDF angerufen. Angeblich, um einen Bericht über
> die SPD zu verhindern. Fatal daran ist: Der Sender protestierte nicht.
Bild: „Herr Seehofer, was wünschen Sie sich denn heute Abend im Fernsehen?�…
Horst Seehofer ist sich ganz sicher: Noch nie zuvor in der
Menschheitsgeschichte habe es ein so breites Angebot an Informationen
gegeben. „Ich begreife das als Segen für die Menschheit“, sagte der
bayrische Ministerpräsident zur Eröffnung der Münchner Medientage am
Mittwoch. Und niemand dürfe die Menschen daran hindern, diesen Segen zu
nutzen.
Niemand außer seiner Partei: der CSU. So scheint es zumindest. Denn am
vergangenen Sonntag soll laut Süddeutscher Zeitung CSU-Sprecher Hans
Michael Strepp in der Nachrichtenredaktion des ZDF angerufen und versucht
haben, einen Beitrag über den Landesparteitag der Bayern-SPD zu verhindern.
Nichts darüber, dass Münchens Oberbürgermeister Christian Ude zum
Spitzenkandidaten gekürt wurde, keine Angriffe auf den politischen Gegner.
Diese Informationen sind anscheinend kein Segen für die Menschheit.
Sollte das ZDF dennoch in den „heute“-Nachrichten einen Beitrag zur
bayrischen SPD senden, würde das „Diskussionen nach sich ziehen“, soll
Strepp gedroht haben. Auch die ARD-„Tagesschau“ würde kein Wort über den
Landesparteitag verlieren. Strepp widersprach der Version. Es habe zwar
einen Anruf gegeben, aber keinen Versuch der Einflussnahme. „Bereits jeder
Gedanke an eine Beeinflussbarkeit“ verbiete sich, schrieb er an den
Stellvertretenden ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen.
Das ZDF bestätigt den Telefonanruf, aber der sei ja wirkungslos geblieben.
Tatsächlich hat „heute“ über den Parteitag berichtet. Und auch die
„Tagesschau“. Also alles halb so wild?
## Ein gebranntes Kind
Das ZDF ist in Bezug auf politische Einflussnahme ein gebranntes Kind. 2009
hatte Hessens damaliger Ministerpräsident Roland Koch massiven Druck auf
den Verwaltungsrat des Mainzer Senders ausgeübt und die Absetzung von
Chefredakteur Nikolaus Brender betrieben. Kochs Begründung damals: Die
Nachrichtensendungen des Zweiten hätten zu viele Zuschauer verloren. Doch
der Hauptgrund dürfte gewesen sein, dass Brender sich einfach zu wenig auf
Parteilinie trimmen ließ.
„Öffentlich-rechtliche Sender stehen in der Verantwortung der Gesellschaft
und der Politik und werden sich davon auch nicht völlig lösen können“,
sagte Koch damals der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Politiker sind
nicht eine Gefahr für die Demokratie, sondern ihre Grundlage.“
Die Bewahrer der Demokratie sind in diesem Bild also die Politiker – und
die Medien, gerade die öffentlich-rechtlichen, haben danach nur eine
dienende Funktion. Die CSU scheint diesem Modell anzuhängen – und das ZDF
sich mit seiner Rolle abgefunden zu haben.
Anders ist nicht zu erklären, dass auf dem Lerchenberg nicht alle
Alarmsirenen schrillten, als CSU-Sprecher Strepp versuchte, der
Informationsfreiheit den Segen zu entziehen. Das ZDF zuckte nach außen erst
mal nur mit den Schultern, obwohl intern die Redakteure laut SZ „baff“
gewesen sein sollen ob der Dreistigkeit des CSU-Mannes.
So wird sich das ZDF nie aus der Umklammerung der Parteien lösen können.
Vielleicht will es das aber auch gar nicht. Auch wenn Seehofer sich am
Rande der Medientage von jeder Einflussnahme distanzierte und
ZDF-Chefredakteur Peter Frey eine Stellungnahme Strepps forderte, ist der
gewonnene Eindruck fatal: Beim ZDF kann jeder Politiker einfach mal anrufen
und versuchen, sich ein Programm nach seinen Wünschen zu bestellen. Wenn er
Glück hat, kommt das nicht einmal raus.
Strepp hatte kein Glück. Das ist der wahre Segen für den unabhängigen
Journalismus.
24 Oct 2012
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
RBB
CSU
CDU
CSU
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