# taz.de -- Deutsche Hubschrauber in Afghanistan: Tiger mit Sandfilter | |
> Nach langem Warten hat die Bundeswehr in Afghanistan nun erstmals | |
> Kampfhubschrauber im Einsatz. Das Waffensystem kostete Milliarden. | |
Bild: Dem Tiger droht Gefahr von einzelnen Aufständischen am Boden. Vorne: der… | |
MASAR-I-SCHARIF taz | Verschraubte Platten, klobige Anbauten, kantiges | |
Cockpit: Aus der Nähe betrachtet, sieht das teure Hightechobjekt eher aus | |
wie ein Selbstbausatz. Staubfrei und ohne Kratzer steht der Hubschrauber in | |
einer Wartungshalle am Rande des Flugfeldes im größten deutschen Camp in | |
Afghanistan bei Masar-i-Scharif: Viel aufgewirbelten Sand kann er noch | |
nicht abbekommen haben. Schüsse schon gar nicht. | |
„Tiger“ heißt der streng abgeschirmte Hubschrauber, zu dem nur ein kleiner | |
Kreis von Soldaten Zugang hat. Das deutsch-französische Projekt der | |
EADS-Tochter Eurocopter gehört zu den teuersten Waffensystemen, die sich | |
die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahrzehnten geleistet hat. | |
Als das Projekt begann, wollte die Bundeswehr mit dem neuen Hubschrauber | |
noch durch das „Fulda Gap“ heranrollende sowjetische Panzerverbände | |
stoppen. Inzwischen wurden, grob geschätzt, 4 Milliarden Euro ausgegeben. | |
Jetzt ist er erstmals für die Bundeswehr im Einsatz. „Am 30. Januar konnten | |
wir mit dem Waffensystem Tiger die volle Einsatzbereitschaft melden“, sagt | |
Oberst Ulrich Ott, Kommodore des Einsatzgeschwaders Masar-i-Scharif und | |
damit verantwortlich für alles, was in Afghanistan derzeit mit dem | |
Bundeswehr-Logo fliegt. | |
Zwei der Kampfhubschrauber, die hier grundsätzlich gemeinsam aufsteigen, | |
sollen stets einsatzbereit sein, zwei weitere stehen als Reserve bereit. | |
Neben sechs Piloten kamen für die Wartung der vier Tiger rund 60 | |
zusätzliche Soldaten nach Masar-i-Scharif. | |
## Apache-Hubschrauber | |
Politisch war der Einsatz der fabrikneuen Helikopter in Afghanistan nahezu | |
zwingend. Sonst hätten sich die gestiegenen Kosten kaum noch rechtfertigen | |
lassen. Offiziell werden die Tiger gerade jetzt in Afghanistan gebraucht, | |
um in der letzten Phase des Isaf-Einsatzes die Abzugsrouten zu überwachen. | |
Es sei „vor allem ein Schutz durch die Sensorik“, so Oberst Ott. Aus der | |
Luft heraus könne man die Truppen am Boden über mögliche Gefahrenherde | |
frühzeitig informieren. | |
Allerdings hätte man die Kampfhubschrauber aus militärischer Sicht vor zwei | |
oder drei Jahren dringender gebraucht: Damals standen deutsche Einheiten | |
noch nahezu täglich unter Beschuss. Mit der Aufstockung der US-Truppen im | |
Norden konnten dann aber Apache-Hubschrauber der Amerikaner problemlos zur | |
„Luftnahunterstützung“ angefordert werden. | |
Derweil wurde das deutsche „Tiger“-Modell erst einmal in Ruhe für | |
Afghanistan umgerüstet: So bekam der Hubschrauber schussfeste Platten am | |
Cockpit, zusätzliche Kommunikationsanlagen und Sandfilter zum Schutz der | |
empfindlichen Getriebe. Zuvor hatten schon banale Probleme mit dem | |
Kabelbaum – kaum fassbar bei einem Milliardenprojekt – die Auslieferung | |
verzögert. | |
Als der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) kürzlich in | |
ungewohnt direkter Form die Rüstungsindustrie kritisierte, dürfte er dabei | |
auch den Tiger im Sinn gehabt haben. „Qualität, Zuverlässigkeit und die | |
Einhaltung vereinbarter Preise“, so der Minister in einem Interview, „sind | |
ein besonderes Problem der Rüstungsindustrie“. | |
Trotz aller Umrüstungen gibt es, auch in der Bundeswehr, weiterhin Kritik | |
an der deutschen Version. Denn obwohl jetzt offiziell | |
„Unterstützungshubschrauber“ genannt, ist der Tiger im Grunde ein | |
Panzerabwehrhubschrauber geblieben. Vor allem fehlt ihm ein bewegliches | |
Maschinengewehr – zur gezielten Unterstützung eigener Bodentruppen aus der | |
Luft ist dieses eigentlich unerlässlich. Zudem droht auch dem Tiger in dem | |
Guerillakrieg, wie er in Afghanistan geführt wird, ständig Gefahr von | |
einzelnen Aufständischen am Boden. | |
Oberst Ott weist die Kritik zurück. „Dass wir keine schwenkbare Bugkanone | |
haben, so wie andere, entpuppt sich für uns nicht unbedingt als Nachteil“, | |
hält der Chef der deutschen Hubschrauberflotte dagegen. Man habe dafür eine | |
bessere Sensorik und ohnehin könne man den Tiger innerhalb von Sekunden | |
„auch auf seitliche Ziele ausrichten“. | |
18 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Eric Chauvistré | |
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