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# taz.de -- ATT-Verhandlungen in New York: Keine Kontrolle über Waffenhandel
> Die UN-Verhandlungen über das erste globale Waffenhandelsabkommen sind
> gescheitert. Iran, Syrien und Nordkorea lehnten den Vertrag ab.
Bild: Hatten ihre Hoffnungen in die ATT-Verhandlungen gesetzt: Aktivisten in Ne…
GENF taz | Ein internationales Abkommen mit wirksamen Bestimmungen zur
Eindämmung des globalen Waffenhandels mit seinen schädlichen Folgen in
zahlreichen Empfängerländern ist weiterhin nicht in Sicht.
Der Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty, ATT), auf den sich 190 der 193
UN-Staaten in der Nacht zum Freitag nach einer zweiwöchigen
Verhandlungsrunde geeinigt haben, enthält auf Betreiben vor allem der USA,
Russlands, Chinas und Indiens zahlreiche Ausnahmeklauseln und
unverbindliche Kann-Bestimmungen – sowohl in den Artikeln zum
Geltungsbereich des Vertrages, den Kriterien für die Genehmigung
beziehungsweise das Verbot von Rüstungsexporten als auch bei den
Vorschriften zur Umsetzung und Überwachung eines Abkommens.
Als „enttäuschend und unzureichend“ kritisiert Control Arms, die von
Amnesty International, Oxfam und der Kampagne gegen Kleinwaffen angeführte
Koalition von Nichtregierungsorganisationen für einen wirksamen ATT, den
Vertragstext.
Doch selbst dieser Text konnte in New York zunächst nicht formal
verabschiedet werden. Denn Iran, Syrien und Nordkorea verweigerten ihre
Zustimmung mit der Begründung, dass der Vertrag Lieferungen von
Rüstungsgütern an bewaffnete Aufständische nicht ausdrücklich untersagt.
Jetzt soll der ATT wahrscheinlich bereits Anfang nächster Woche von der
UN-Generalversammlung verabschiedet werden, wo die Mehrheit der 193
Mitgliedstaaten ausreicht.
Der Vertrag gilt für den Handel mit sieben Großwaffensystemen (Kampfpanzer
und gepanzerte Fahrzeuge, schwere Artilleriegeschütze, Kampfflugzeuge- und
hubschrauber, Kriegsschiffe, Raketen beziehungsweise Raketenwerfer) sowie
mit Kleinwaffen. Zur Regelung des Exports von Teilen und Komponenten dieser
Waffen (etwa Motoren) sieht der ATT allerdings lediglich die Schaffung
nationaler Bestimmungen in den Vertragsstaaten vor. Dasselbe gilt für den
Handel mit Munition.
Diese von Washington durchgesetzte Ausnahmeregel bedeutet nach Einschätzung
von Control Arms, dass die Menge an Kugeln und Patronen für Kleinwaffen,
die weltweit produziert und in den Handel gebracht werden, nicht geringer
wird. Im letzten Jahr waren es über 12 Milliarden, fast zwei pro Kopf der
Weltbevölkerung.
## Rüstungsexport überdenken
Der ATT gilt nur für den kommerziellen Import, Export oder Transit von
Rüstungsgütern, nicht aber für grenzüberschreitende Transfers (Leihgaben,
Leasing et cetera), bei denen die gelieferten Waffen zumindest auf dem
Papier „im Besitz“ des Lieferlandes bleiben. Explizit ausgenommen von dem
Abkommen werden Rüstungslieferungen „im Rahmen von zwischenstaatlichen
Abkommen zur Verteidigungskooperation“.
Ausdrücklich „verboten“ soll ein Rüstungsexport laut Vertragstext künftig
nur dann sein, wenn die Regierung des potenziellen Lieferlandes „zum
Zeitpunkt der Genehmigung des Exports davon Kenntnis hat, dass die
Rüstungsgüter von den Empfängern für Völkermord, Verbrechen gegen die
Menschheit und schwere Verstöße gegen die Genfer Konventionen von 1949
eingesetzt würden oder für andere Kriegsverbrechen“.
Die Gefahren, dass die gelieferten Waffen „Frieden und Sicherheit“ im
Empfängerland oder in der Region gefährden, für „geschlechtsspezifische
Gewalttaten“, Terrorakte oder zu „Zwecken organisierter Kriminalität“
eingesetzt werden, gelten nur als weiche Kriterien für die Entscheidung
über Rüstungslieferungen. Das potenzielle Lieferland ist lediglich
angehalten, den geplanten Rüstungsexport angesichts solcher Risiken zu
„überdenken“.
Als Instrumente zu seiner Umsetzung und Überwachung sieht das Abkommen nur
vor, dass alle Vertragsstaaten jährlich einen Bericht über ihre
Rüstungsexporte und Importe an ein künftiges ATT-Sekretariat bei der UNO in
New York abliefern. Berichte an die Parlamente und die Öffentlichkeit in
den Vertragsstaaten sind ebenso wenig vorgesehen wie Sanktionen bei
offensichtlichen Verstößen gegen das Abkommen.
Nach Einschätzung von UN-Diplomaten Deutschlands und anderer EU-Staaten
bleiben die Regeln des ATT hinter den nationalen Exportbestimmungen
Deutschlands und dem gemeinsamen Exportrichtlinien der EU zurück. Daher
werde ein künftiges globaler ATT auch nicht zu Einschränkungen des
Rüstungsexports aus Deutschland und aus der EU führen. Die EU ist nach dem
Jahresbericht 2012 des Stockholmer Internationalen
Friedensforschungsinstituts (Sipri) mit einem Weltmarktanteil von 35
Prozent größter Rüstungsexporteur noch vor den USA; im nationalen Ranking
liegen Deutschland, Frankreich und Großbritannien hinter den USA und
Russland auf den Plätzen drei, vier und sechs. China liegt erstmals auf
Platz fünf.
29 Mar 2013
## AUTOREN
Andreas Zumach
## TAGS
Waffenhandel
Kleinwaffen
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
UN-Vollversammlung
Schwerpunkt Syrien
USA
Rüstungsexporte
Rüstungsexporte
Sipri
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