Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rechtsextremes Netzwerk im Knast: Die „Jail Crew“ der Neonazis
> Rechtsextreme sollen aus Gefängnissen heraus ein Netzwerk für inhaftierte
> Nazis gebildet haben. Im Zentrum steht die Justizvollzugsanstalt Hünfeld.
Bild: JVA Hünfeld: Was tut sich hinter diesen hohen Mauern?
BERLIN/HAMBURG taz | Die hessischen Behörden haben Rechtsextreme ins Visier
genommen, die aus Gefängnissen heraus versucht haben sollen, ein
bundesweites Netzwerk zur Unterstützung inhaftierter Kameraden zu
etablieren. Man habe bei Durchsuchungen von Zellen und beim Lesen von
Häftlingspost erkennen können, dass entsprechende Kontakte und Strukturen
aufgebaut werden sollten, sagte Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP).
„Ich kann hoffen, dass es sich hier nicht um einen Eisberg handelt, wo wir
nur die Spitze gesehen haben“, sagte er.
Möglicherweise wollten die Rechtsextremen auch Kontakt zu Beate Zschäpe
aufnehmen: In einer Zelle sei die Adresse der in Untersuchungshaft
sitzenden mutmaßlichen NSU-Terroristin gefunden worden, hieß es. Ob sie
tatsächlich Post von dem Netzwerk bekam, ist nicht bekannt.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das hessische
Landeskriminalamt ermitteln wegen des Verdachts der Bildung einer
kriminellen Vereinigung und der möglichen Gründung einer Ersatzorganisation
für die 2011 verbotene, deutlich größere „Hilfsorganisation für nationale
politische Gefangene“. Im Zentrum des neuen angeblichen Netzwerks steht die
Justizvollzugsanstalt (JVA) Hünfeld in der Nähe von Fulda. Von dort aus
soll der Versuch gestartet worden sein, Kontakte zu Inhaftierten im
gesamten Bundesgebiet aufzubauen.
Mutmaßlicher Strippenzieher ist der mehrfach verurteilte Neonazi Bernd T.,
38. Er hatte im [1][Oktober 2012 aus der JVA Hünfeld heraus in der
Zeitschrift Bikers News verkündet], dass er zum 20. April eine „Jail Crew“
gegründet habe, die sich auch die „14er“ nenne. Er habe angeblich schon
Mitstreiter in anderen Gefängnissen in Hessen, Thüringen, Sachsen,
Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen und hoffe nun auch auf Hilfe von
außerhalb der Knäste: „Unterstützt die Gefangenen!“ Auf den braunen
Hintergrund deutet nicht nur das Gründungsdatum – Hitlers Geburtstag –,
sondern auch die Zahl 14. Das Szenekürzel steht für den Slogan eines
US-Rechtsterroristen: „Wir müssen die Existenz unserer Rasse und die
Zukunft für die weißen Kinder sichern.“
## Mischszene aus Rockern und Rechten
Schon damals wurde die Linkspartei auf den Text in der Bikers News
aufmerksam, die offenkundig eine Mischszene aus Rockern und Rechten
bedient. Kerstin Köditz, Linken-Abgeordnete in Sachsen, fragte den
Innenminister in einer kleinen Anfrage explizit nach der „Jail Crew“. Mitte
Februar erhielt sie die knappe Antwort: Zu „Bestrebungen“ unter diesem
Namen lägen „keine Erkenntnisse vor“.
Auch die Linke in Hessen fragte vergangenes Jahr die Regierung nach
Aktivitäten von Rechtsextremen in Gefängnissen. Die Antwort Ende November:
„In keiner hessischen Justizvollzugsanstalt liegen Erkenntnisse über
Versuche von Neonazis und Neofaschisten vor, sich innerhalb der
Justizvollzugsanstalt zu organisieren.“ Wenige Monate später rühmt sich
Justizminister Hahn der Aufdeckung des mutmaßlichen Knastnetzes.
Wie bedeutsam dies wirklich war, ist bisher schwer einzuschätzen. Am
Mittwoch hieß es aus Sicherheitskreisen, es sei unklar, wie weit die Pläne
überhaupt gediehen gewesen seien. Damit das Netz gar nicht erst richtig
geknüpft werden konnte, seien Gefangene nun in unterschiedliche Trakte oder
Gefängnisse verlegt worden.
Der mutmaßliche Hintermann Bernd T. hat ein langes Vorstrafenregister. In
den 90ern prügelte er in Schleswig-Holstein einen Obdachlosen tot. Später
wurde er führender Kopf der Kameradschaft „Sturm 18“ in Kassel. 2012
beschäftigte er auch schon die NSU-Ermittler ausführlich. Aus dem Gefängnis
heraus hatte er sich an die Behörden gewandt, weil er angeblich etwas über
Aufenthalte und Kontakte der NSU-Mörder in Kassel wisse. Nach monatelangen
Ermittlungen befand das BKA allerdings: Bernd T. habe ihnen
höchstwahrscheinlich Geschichten aufgetischt – wohl in der Hoffnung, früher
aus dem Knast zu kommen.
10 Apr 2013
## LINKS
[1] http://www.bikersnews.de/index.php?set_arch_id=13005&con=1&get_by_e…
## AUTOREN
W. Schmidt
A. Speit
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Netzwerk
Beate Zschäpe
Schwerpunkt Neonazis
Nazis
Rechtsextremismus
Rechtsextremismus
Mecklenburgische Seenplatte
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nazi-Netzwerk in Gefängnissen: Patzer beim Verfassungsschutz
Sie hatten die Biker-Zeitschrift abonniert, übersahen aber das Inserat für
die „AD Jail Crew“. Der hessische Verfassungsschutz machte laut
Medienberichten Fehler.
Zschäpe in Zwickau: Saufen mit Adolf Hitler
Beate Zschäpe hatte in der Zwickauer Frühlingsstraße eine
Feierabend-Trinkrunde bei einem Nachbarn. Auf dem Fernseher stand ein Foto
des Führers.
Rechtsextreme in Vollzugsanstalten: Knastnazi-Netzwerke unerwünscht
In allen Bundesländern soll nach Neonazi-Netzwerken in Gefängnissen
gefahndet werden, fordern Politiker. Nicht nur die Resozialisierung soll
verbessert werden.
Kommentar Nazis im Gefängnis: Schöner Schmutz in Haft
Rechtsextreme sollen aus Gefängnissen heraus ein Netzwerk für inhaftierte
Nazis gebildet haben. Doch im Knast sind Nazis nicht das Hauptproblem.
Rechtsextremismus: Eltern fürchten Ungeist
Erzieherin aus neonazistischem Umfeld darf wieder in Lüneburger
Kindergarten arbeiten. Rechtlich lasse sich das nicht verhindern, teilt der
Oberbürgermeister mit. Kita-Eltern kündigen Proteste an
NEONAZIS IN SCHÖNEWEIDE: Schluss mit dem rechten Suff
Vier Jahre schon bewirtet die Kneipe Zum Henker in Schöneweide Neonazis.
Jetzt soll Schluss sein: Der Vermieter hat gekündigt.
Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen: Multipel kriminelle Neonazis
Rechtsextremisten tauchen in NRW mit großer Häufigkeit auch in der
allgemeinen Kriminalstatistik auf. Das Land sieht eine Gefahr für die ganze
Gesellschaft.
Langzeitstudie zu Rechtsextremismus: Ost-Jugend und West-Rentner vereint
Junge Ostdeutsche und alte Westdeutsche sind ähnlich ausländerfeindlich.
Ein Grund: Beide erlebten in der Jugend den Zusammenbruch eines Regimes.
NPD in der Serie Landkreis XXL: Zimmermannshosen statt Anzug
Im Großkreis Mecklenburgische Seenplatte hat die NPD Fraktionsstatus
erreicht. Jetzt arbeiten ihre Abgeordneten daran, ihren Einfluss zu nutzen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.