# taz.de -- Verlegter NSU-Prozess: Streit und Spesen | |
> Nach der Verlegung des NSU-Prozesses erhalten die Nebenkläger eine | |
> Entschädigung für umsonst gezahlte Reisekosten. Zugleich geht der Ärger | |
> um die Vergabe von Medienplätzen weiter – und auch um die Raumfrage wird | |
> gestritten. | |
Bild: Die Reise nach München beginnt von vorne. | |
MÜNCHEN dpa | Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hat den | |
Nebenklägern des NSU-Prozesses Entschädigungen zu. Sie bedauere die | |
Verlegung des Verfahrens wegen der Konsequenzen für die Opfer, erklärte | |
Merk am Dienstag. „Einen finanziellen Ausgleich wird es in jedem Fall | |
geben.“ Der Ausgleich werde aus dem Justizhaushalt gezahlt. | |
Viele Nebenkläger hatten nach Angaben ihrer Anwälte Fahrkarten oder Flüge | |
für den ursprünglich am Mittwoch geplanten Prozessbeginn gekauft und teils | |
auch Hotels reserviert oder Urlaub genommen. | |
Merk betonte, die in richterlicher Unabhängigkeit getroffene Entscheidung | |
sei zu akzeptieren. „Sie bedeutet aber für viele der Opfer zusätzliche | |
Belastungen.“ Wichtig sei nun, dass die Opfer und ihre Angehörigen | |
hinreichend informiert würden und ihnen Hilfe bei Bewältigung der | |
finanziellen Folgen der Entscheidung angeboten werde. | |
## Übertragung in zweiten Saal vorgeschlagen | |
Zugleich ist nach der Verschiebung des NSU-Prozesses ist die Debatte um | |
eine Übertragung des Verfahrens in einen zweiten Saal neu entbrannt. | |
Politiker und Medienvertreter forderten das Oberlandesgericht München am | |
Dienstag auf, für den Prozess einen größeren Saal zu wählen oder die | |
Verhandlung in einen weiteren Raum zu übertragen. | |
Zugleich wird die Sorge laut, dass das erneute Akkreditierungsverfahren | |
auch neue Verfassungsbeschwerden nach sich ziehen könnte: Klagen könnten | |
Journalisten, die nach dem ersten Verfahren einen Platz sicher hatten und | |
nun leer ausgehen könnten. Wie der neue Anlauf zur Platzvergabe aussehen | |
soll, hat der Senat unter Vorsitz von Manfred Götzl bisher nicht | |
mitgeteilt. | |
Nach wochenlangem Streit über die Vergabe der Presseplätze hatte das OLG | |
München den für Mittwoch geplanten Prozessbeginn um knapp drei Wochen auf | |
den 6. Mai verschoben. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor | |
entschieden, dass insbesondere türkische Medien eine angemessene Zahl von | |
Sitzplätzen erhalten müssen. Acht der zehn Opfer der rechtsextremen | |
Terrorgruppe NSU hatten türkische Wurzeln. | |
Die Nebenklageanwältin Angelika Lex sagte, mit den Neustart müsse man | |
erneut über eine Übertragung in einen zweiten Saal nachdenken. „Die | |
grundsätzliche Problematik, dass der Saal viel zu klein ist, bleibt. Man | |
kann sicher nicht in drei Wochen einen neuen Raum finden.“ Der Vorsitzende | |
des Deutschen Journalistenverbandes, Michael Konken, regte ebenfalls eine | |
Videoübertragung sowie die Suche nach einem größeren Saal an. Allerdings | |
war der Gerichtssaal A 101 gerade für 1,25 Millionen Euro für das Verfahren | |
umgerüstet worden. | |
## Weitere Verfassungsbeschwerden möglich. | |
Lex schloss nicht aus, dass es nach dem neuen Akkreditierungsverfahren | |
wieder Verfassungsbeschwerden geben könnte – von Journalisten, die zuerst | |
einen Platz hatten und diesen dann verloren. Eine solche Klage wäre „der | |
größte Gau“, sagte Lex. Sie bedauerte, dass die Verbrechen des | |
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) wegen der Debatte inzwischen in | |
den Hintergrund getreten seien. Der Hauptangeklagten Beate Zschäpe wird | |
Mittäterschaft an zehn Morden zur Last gelegt. Zudem sind vier mutmaßliche | |
Helfer angeklagt. | |
Konken sagte dem Sender hr-Info, er rechne damit, dass der Ärger um die | |
Presseplätze weiter geht. „Mit Sicherheit werden sich einige wieder | |
benachteiligt fühlen. Zum Beispiel Journalisten, die jetzt eine | |
Akkreditierung haben und sie vielleicht beim nächsten Mal nicht bekommen.“ | |
Der Innenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Wolfgang Wieland, sagte der | |
Berliner Morgenpost (Dienstag), er hätte es sich gewünscht, dass das | |
Bundesverfassungsgericht „grünes Licht für eine Übertragung in einen | |
weiteren Saal gibt, der nur Journalisten vorbehalten ist“. | |
Die Tochter des Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubasik nannte die | |
Verschiebung des Prozesses einen „Schlag ins Gesicht“. Den Ruhr Nachrichten | |
(Dienstag) sagte Gamze Kubasik: „Ich habe mich intensiv auf den Prozess | |
vorbereitet. Die innere Anspannung ist dabei immer größer geworden.“ Für | |
ihre Familie sei die Belastungsgrenze überschritten. | |
Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian | |
Edathy, warnt vor zu großen Erwartungen an den Prozess. Die Münchner | |
Richter hätten die Aufgabe, zu prüfen, ob die Schuld der Angeklagten zu | |
belegen sei. Erklärungen für das Versagen der Sicherheitsbehörden werde das | |
Verfahren nicht liefern können, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Das | |
sei Sache der Untersuchungsausschüsse. | |
## Entschädigungszahlungen für die Nebenkläger | |
16 Apr 2013 | |
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