# taz.de -- Bundesligaclubs dominieren Europa: Der neue deutsche Fußball | |
> Die Bundesliga-Clubs sind wirtschaftlich stark. So haben sie es sich | |
> leisten können, eine neue Spielkultur zu entwickeln, die alle anderen | |
> überrollt. | |
Bild: Könnte klappen: Schon vor dem Viertelfinale wollten die Dortmunder den P… | |
BERLIN taz | Wir waren Papst – vorbei. Die Bayern san mia – interessiert | |
Nichtbayern schon lange nicht mehr. Muss auch nicht, jetzt, wo wir wirklich | |
wieder wer sind – wirtschaftlich sowieso, und nun auch, endlich, | |
fußballerisch. Deutsche Clubs beherrschen den europäischen Fußball. | |
8:1 steht es insgesamt nach den ersten beiden Halbfinalbegegnungen der | |
Champions League für die Bundesliga. Real Madrid und der FC Barcelona | |
scheinen nicht mehr mitzukommen mit dem Tempo, das die deutschen Teams | |
vorlegen. Und besser spielen können die Riesenclubs aus Spanien auch nicht | |
mehr. Es wirkt wie ein Fußballwunder. | |
Seit Jahren hatte der deutsche Fußball ein Verliererimage. Die | |
Nationalmannschaft gewann seit der Europameisterschaft 1996 keinen Titel | |
mehr. Auch der FC Bayern verlor meistens, wenn er mal ein Endspiel in der | |
Champions League erreichte. Doch jetzt kann es gut sein, dass sich Bayern | |
München und Borussia Dortmund im Finale der Meisterliga gegenüberstehen. | |
Was ist da nur passiert? | |
1990, die deutsche Fußballnationalmannschaft war gerade Weltmeister | |
geworden und die Vereinigung Deutschlands fast vollendet. Da sagte Franz | |
Beckenbauer, der Weltmeistertrainer, der 1974 auch als Spieler den Titel | |
geholt hatte: „Deutschland wird auf Jahre unschlagbar sein.“ | |
## Wer auffiel, blieb nicht lange | |
Über diesen Satz ist seither viel gelacht worden. Als er ausgesprochen | |
wurde, war die Bundesliga eine kleine Nummer in Europa. Wer in der | |
heimischen Liga auffiel, blieb nicht lange. Fünf Spieler der siegreichen | |
Mannschaft von 1990 spielten in Italien, nach der WM wechselten weitere | |
vier Spieler hinter den Brenner, Torwart Bodo Illgner ging zu Real Madrid. | |
Ein Vertrag mit einem spanischen oder italienischen Club galt als | |
Adelsschlag. | |
Die deutschen Clubs, auch der FC Bayern, konnten sich die ganz hohen | |
Gehälter nicht leisten. Die Fernsehvermarktung der Bundesliga konnte man | |
getrost als niedlich bezeichnen, reiche Mäzene, die eine Sportgruppe voller | |
Weltstars finanzieren, gab es nicht. | |
In Deutschland hatte man gerade erst damit begonnen, den finanziellen | |
Rückstand gegenüber Spaniens und Italiens Fußball aufzuholen, da begannen | |
Mäzene und Investoren aus Russland, vom Golf und aus den USA den englischen | |
Fußballmarkt mit Geld zu überschütten. | |
Die deutschen Stadien waren in den 90ern oft nicht einmal halb voll. Gerade | |
einmal 15.000 Fans sahen im WM-Jahr 1990 das Heimspiel des späteren | |
deutschen Meisters Bayern München im weiten Rund des Olympiastadions gegen | |
den FC St. Pauli. Im Schnitt kamen in jener Saison pro Partie 21.237 | |
Zuschauer – in der Spielzeit 2011/12 waren es 42.360. Die Bundesliga hat | |
eine irrwitzige Reise hinter sich. | |
## Vom Nischenprodukt zur Unterhaltungsindustrie | |
Aus einem Nischenprodukt für Sportbegeisterte ist eine nationale | |
Unterhaltungsindustrie geworden, in der es um viel Geld geht. Über 2 | |
Milliarden Euro wurden in der vergangenen Spielzeit von den 18 | |
Erstligaclubs umgesetzt. Insgesamt 2,5 Milliarden Euro kassieren die | |
Bundesligisten im Laufe von vier Jahren für die TV-Rechte. Beinahe überall | |
in Deutschland stehen nagelneue Stadien, deren Logen von der Business-Welt | |
zu wahnsinnigen Preisen vermietet werden. | |
Um die Lücke zu England, Spanien und Italien schließen zu können, | |
entwickelten die deutschen Clubs ein Sponsoringsystem, das weltweit | |
einzigartig ist. Über 200 Millionen Euro kassierte der FC Bayern im | |
Geschäftsjahr 2011/12 von seinen Werbepartnern, mehr als jeder andere Club | |
in Europa – wie die Finanzberater von Deloitte in ihrer jährlich | |
erscheinenden „Football Money League“ dokumentieren. | |
Das Geld, das den Münchnern heute zur Verfügung steht, fließt zu einem | |
großen Teil in die Gehälter der Spieler. 9 Millionen Euro soll ein Bastian | |
Schweinsteiger im Jahr verdienen. Philipp Lahm bekommt nicht weniger. Und | |
so ist es nicht verwunderlich, dass die besten deutschen Spieler nicht | |
automatisch ins Ausland wechslen, so wie es in den 90er Jahren der Fall | |
war. | |
Auch beim Deutschen Meister Borussia Dortmund werden die Spieler nicht mit | |
Kohle aus den verwaisten Flözen des Ruhrgebiets bezahlt. Ein 20-jähriger | |
Jungspund wie Mario Götze kassiert beim BVB 5 Millionen Euro – per annum. | |
Und Hoffnungsträger wie Mittelfeldtaktgeber Ilkay Gündogan entscheiden sich | |
auch nicht für Dortmund, weil der Trainer im Fernsehen so nett rüberkommt. | |
Die Bundesliga ist groß genug geworden, um die Stars, die sie hervorbringt, | |
zu halten. Das macht sie so stark. | |
## Rennwagenschlüssel für halbwegs begabte Spieler | |
Die Clubs können länger mit ihren Spielern arbeiten, können länger an der | |
Perfektionierung eines Systems arbeiten, sind eher in der Lage, eine eigene | |
Spielphilosophie zu entwickeln. Sie müssen nicht mehr Angst haben, dass ein | |
Manager von Juventus Turin daherkommt, mit dem Schlüssel für einen teuren | |
Rennwagen winkt und jeden halbwegs begabten Spieler nach Italien hockt. | |
Bayern München bedient sich selbst im großen Stil im deutschen Markt, etwa | |
wenn es nun Mario Götze und Robert Lewandowski vom Konkurrenten Dortmund | |
kaufen will. Der BVB verfährt eine Nummer kleiner nach dem gleichen | |
Prinzip. Er holte sich mit Marco Reus (von Mönchengladbach) und Ilkay | |
Gündogan (von Nürnberg) die Spieler, die der eigenen Spielidee am besten | |
entsprechen. | |
In München und Dortmund hat sich so ein Balleroberungsfußball entwickelt, | |
bei dem zum Rackern und Rennen längst auch der gepflegte Umgang mit dem | |
Ball gehört. Mit dieser Teutonenwalze haben Dortmund und Bayern die Welt in | |
dieser Woche begeistert. Sie ist typisch deutsch. Sie ist es, die uns | |
wieder zu wem macht. | |
25 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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