| # taz.de -- Meisterschaft für Juventus Turin: Olympischer Motivator | |
| > CALCIO Juventus Turin ist wieder italienischer Meister. Für den Anschluss | |
| > an die europäische Spitze sieht Erfolgstrainer Conte nun das Management | |
| > in der Pflicht | |
| Bild: Das 31. Meisterwappen. | |
| „Juventus, das Wunder“ titelte die Gazzetta dello Sport in der gewohnt | |
| überschwänglichen Weise. Wundersam war allerdings nur, was Schiedsrichter | |
| Romeo bewogen haben mochte, einen etwas ungeschickten Zweikampf zwischen | |
| Palermos Verteidiger Donati und dem mit dem Rücken zum Tor stehenden | |
| Juve-Angreifer Vucinic als elfmeterwürdig anzusehen. Der Ex-Leverkusener | |
| Vidal ließ sich die Chance vom Punkt nicht nehmen. | |
| Juventus ist Meister, drei Spieltage vorfristig und mit Kurs auf eine | |
| Rekordausbeute. Als magische Zahl stehen die 91 Punkte vor Augen, die Juve | |
| in der Saison 2005/2006 unter Fabio Capello erreicht hatte. Die waren | |
| freilich auch Frucht der Schiedsrichtersonderbehandlungen, die sich der | |
| damalige Juventus-Manager Luciano Moggi hatte einfallen lassen. Er und der | |
| Verein bezahlten mit Haftstrafe und Berufsverbot (Moggi) sowie | |
| Zwangsabstieg (Juve) hart dafür. Die aktuelle Saison steht – trotz der | |
| umstrittenen Elfmeterentscheidung am Sonntagnachmittag – nicht unter | |
| düsteren Verdachtswolken. Das immerhin ist ein gutes Zeichen. | |
| Juventus dominierte die Meisterschaft dank eigener Stärken. Hauptkraft war | |
| sicherlich die unerschütterliche Willensstärke von Trainer Conte. Er | |
| steckte nicht nur die viermonatige Sperre wegen vorgeworfener | |
| Mitwisserschaft von Spielmanipulationen bei seinem Ex-Verein AC Siena weg. | |
| Er trieb seine Spieler auch immer wieder zu Höchstleistungen an. Als | |
| „olympisch“ würdigte die Gazzetta diese Motivationskunst. | |
| Freilich erinnerte Conte dabei weniger an Zeus als an einen Pferdeschinder, | |
| der verzweifelt versuchte, mittels Peitschenhieben in größerer und | |
| Zuckerstückchen in kleinerer Menge aus Ackergäulen passable Galopper zu | |
| machen. Dies reichte für die Serie A. Mit Beinkraft im Mittelfeld wurde die | |
| Gegnerschaft zermürbt. Kreativität war nur in Ansätzen vorhanden. Manchmal | |
| ein Zauberpass von Pirlo, zuweilen ein Dribbling von Giovinco oder eine | |
| elegante Finte von Vucinic. Doch der Dauerdruck, den die einstige | |
| Stahllunge Conte den Seinen abverlangte, raubte den Männern mit Hang zur | |
| Kunst den Atem und passte sie der Mitläuferschar um sie herum an. | |
| Einzig Arturo Vidal stach heraus. Der „Krieger“ der Bianconeri brachte jene | |
| Leidenschaft, Kampfkraft und Persönlichkeit ein, in der sich der frühere | |
| Juve-Kapitän Conte selbst wiedererkennen konnte. Vidal, der „Mann aus | |
| Eisen“ – so lobte die Gazzetta –, war nicht nur der einzige, der den | |
| stratosphärischen Bayern Paroli bot. Er war in der Gemengelage aus | |
| unsicheren Stürmern und Halbstürmern der einzige, der wenigstens eine | |
| zweistellige Zahl an Treffern erzielte. | |
| ## Position der Stärke | |
| Nicht zu verdenken also, dass Juve-Trainer Conte nun vehement | |
| Nachbesserungen fordert. Er droht sogar, anderenfalls den Verein zu | |
| verlassen. „Der Mensch Antonio Conte will zu 100 Prozent bei Juventus | |
| bleiben. Der Fachmann braucht klare Perspektiven“, sagt der von einigen | |
| ausländischen Klubs umworbene Meistercoach. | |
| Conte agiert aus einer Position der Stärke. Nach zwei siebten Plätzen vor | |
| seiner Zeit hat er Juventus zu zwei Titeln verholfen und in der Champions | |
| League immerhin das Viertelfinale erreicht. Das ist Planübererfüllung. | |
| Jetzt erwartet er Gleiches vom Management. | |
| Parallel sollte er allerdings an eigenen Schwächen arbeiten. In seiner | |
| ersten Saison, in der er eine Spitzenmannschaft mit der Doppelbelastung aus | |
| Meisterschaft und internationalem Wettbewerb zu führen hatte, gelang ihm | |
| die notwendige Rotation nicht. Daher wirkte sein Personal im Frühjahr matt | |
| und ausgelaugt. Die Kunst des Umbaus bei laufender Fahrt ist eine | |
| Studienaufgabe für Conte für den Sommer. Erst dann wird er ein großer | |
| Trainer, egal, ob jetzt schon bei Juventus oder auf einer weiteren | |
| Karrierestation. | |
| 6 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Tom Mustroph | |
| ## TAGS | |
| Juventus Turin | |
| Fußball | |
| Italien | |
| Europa League | |
| Champions League | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Europa-League-Finale: Jesus unterliegt Chelsea | |
| Benfica Lissabon spielt schönen Fußball – und verliert sein siebtes | |
| europäisches Finale in Folge. Der FC Chelsea ist für zehn Tage Champions- | |
| und Europa-League-Gewinner. | |
| Bundesligaclubs dominieren Europa: Der neue deutsche Fußball | |
| Die Bundesliga-Clubs sind wirtschaftlich stark. So haben sie es sich | |
| leisten können, eine neue Spielkultur zu entwickeln, die alle anderen | |
| überrollt. | |
| Wie Bayern Barca bezwang: „Natürlich mit Powerpoint“ | |
| Für die Bayern kommt der verblüffend deutliche Sieg über den FC Barcelona | |
| nicht überraschend. Für die Münchner ist es die logische Folge guter | |
| Arbeit. | |
| Presseschau zum Bayern-Halbfinalsieg: „Barca – kaputt“ | |
| Ein Abend, der den Fußballkosmos verändern könnte. Der Sieg des FC Bayern | |
| München wurde international fast einstimmig bewertet – außer in Italien. |