# taz.de -- Klage gegen Zypern-Hilfe: Karlsruhe will nicht alles prüfen | |
> Gegen das Zypern-Hilfspaket klagen? Kann nicht jeder, sagt das | |
> Bundesverfassungsgericht. Das geht nur, wenn persönliche Grundrechte | |
> betroffen sind. | |
Bild: Lange Schlangen an Zyperns Banken. | |
KARLSRUHE taz | Bürger können beim Bundesverfassungsgericht nicht gegen | |
alle EU-bezogenen Parlamentsbeschlüsse klagen. Das stellten die Richter | |
jetzt in der Begründung zum Zypern-Eilbeschluss fest. | |
Dabei ging es um die Zustimmung des Bundestags zum Zypern-Hilfspaket des | |
ESM-Rettungsfonds Mitte April. Eine Gruppe von 18 Klägern wollte die | |
Zustimmung kurzfristig verhindern, weil der Bundestag von der | |
Bundesregierung unzureichend und falsch informiert worden sei. | |
Die Kläger gehören zur neoliberal-euroskeptischen Gruppe Europolis, die für | |
mehr Wettbewerb und gegen europäische Umverteilung streitet. Ihr Vordenker | |
ist der Berliner Rechts- und Finanzwissenschaftler Markus C. Kerber. Er | |
kritisierte, die Bundesregierung habe die Situation in Zypern nicht selbst | |
geprüft, sondern sich auf (angeblich falsche) Darstellungen der | |
EU-Kommission und weiterer Gremien verlassen. So werde dort die | |
Zypern-Hilfe als „unabdingbar“ für die Stabilisierung des Euro-Raumes | |
bezeichnet, obwohl Zypern doch nur ein winziges Land sei, so Kerber. | |
Das Bundesverfassungsgericht hat die von Kerber geforderte einstweilige | |
Anordnung allerdings abgelehnt – wegen der großen Eile zunächst ohne | |
Begründung. Inzwischen hat das Gericht die Begründung nachgereicht. Und | |
diese hat grundsätzliche Bedeutung. Die europapolitischen Klagerechte der | |
Bürger werden dabei zwar nicht eingeschränkt, aber sie werden auch nicht so | |
ausgeweitet, wie Kerber dies für richtig hielt. | |
## Gericht gestaltet Europa mit | |
Laut Grundgesetz können einzelne Bundesbürger das Verfassungsgericht nur | |
anrufen, um sich über eine mutmaßliche Verletzung ihrer persönlichen | |
Grundrechte zu beschweren. Weil das Bundesverfassungsgericht aber gerne in | |
der Europapolitik mitsprechen wollte, hat es 1993 im Maastricht-Urteil | |
erlaubt, dass einzelne Bürger auch gegen Staatsverträge klagen können, mit | |
denen nationale Kompetenzen auf die EU übertragen werden. Begründung: Jede | |
Kompetenzübertragung beeinträchtige zugleich das Wahlrecht zum Bundestag, | |
weil das Parlament dann weniger zu sagen habe. | |
Unter Berufung auf ihr Wahlrecht klagten seitdem Einzelpersonen wie Peter | |
Gauweiler (CSU) oder eben Markus C. Kerber gegen viele europapolitische | |
Projekte beim Bundesverfassungsgericht. Im Ergebnis hatten die Klagen zwar | |
stets keinen Erfolg, aber sie gaben dem Gericht Gelegenheit, Europa | |
mitzugestalten. So erfand Karlsruhe vermeintliche Grenzen der Integration | |
und sicherte dem Bundestag auch bei der Euro-Rettung das letzte Wort. | |
## Bürger klagen das nächste Mal am 11. Mai | |
Im Fall der Zypern-Hilfen wollten die Verfassungsrichter die trickreiche | |
Konstruktion aber nicht weiter ausdehnen. „Das Wahlrecht dient nicht der | |
inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse, sondern ist auf deren | |
Ermöglichung gerichtet“, heißt es im Beschluss. Die Prüfung, ob der | |
Bundestag in der Zypern-Frage korrekt informiert wurde, könne deshalb nicht | |
ein einzelner Wähler verlangen. Deshalb ging Karlsruhe diesmal auch nicht | |
inhaltlich auf die Klage ein. | |
Mit der Zurückhaltung ist es aber bald wieder vorbei. Am 11. und 12. Juni | |
prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die Europäische Zentralbank bei der | |
Euro-Rettung gegen das Grundgesetz verstößt. Vorwand für die Karlsruher | |
Prüfung sind wieder Klagen einzelner Bürger, die sich auf ihr Wahlrecht | |
berufen. | |
1 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
Christian Rath | |
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