| # taz.de -- Alternative Bibelkunde – 2. Folge: In guten, schlechten Tagen | |
| > Die Krone des Lebens ist eine Freiheit zur Treue, die man einander | |
| > schenkt. Gerade weil das Treusein zu den fragilsten Tugenden der Moderne | |
| > zählt. | |
| Bild: Die Antwort auf die Mühsal der Beziehung, der Liebe und der Treue kann n… | |
| „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“ | |
| (Johannesoffenbarung 2, 10) | |
| „Wer zweimal mit der Gleichen pennt, gehört schon zum Establishment“, hieß | |
| es in jener Generation, die man die Achtundsechziger zu nennen sich | |
| angewöhnt hat. War das vor allem dieses Gefühl, das auch biblisch nur zu | |
| gut begriffen werden kann: Befreie dich vom Mehltau, der dich erstickt? | |
| Waren die Ehen der Jahre des Nachkriegs nicht oft deshalb gestiftet, weil | |
| ein Kind unterwegs war, ja weil ein neuer Mensch unterwegs sein würde? War | |
| das Heiraten nicht vor auch eine Übung, den schönen bürgerlichen Schein zu | |
| waren? | |
| Und war jener Jesus, der in der Bibel als ein Mannsbild wider das | |
| Heuchelnde geschildert wird, nicht auch für jene da, die den Spruch „in | |
| guten wie in schlechten Tagen“ mit einer Antwort versahen, die da lautet: | |
| Nein, ich kann es nicht mehr – die Liebe, das Versprechen, das Gelöbnis, | |
| all das ist verflogen. Wenn die Kraft fehlte zum Durchhalten – weil es ein | |
| Unmenschliches bedeutet hätte, nämlich ein Ja, das kein inneres mehr sein | |
| konnte. | |
| In guten wie ein schlechten Zeiten, seid fruchtbar und mehret euch: Kirche | |
| hat über viel zu viele Jahrzehnte allzu stark so getan, als müsse es | |
| Probleme des Partnerschaftlichen nicht geben, gebe man sich Mühe. „Sei | |
| getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben“ war, so | |
| gesehen, eine biblische Ermahnung, die zur moralischen Tyrannei einlud – | |
| und das wiederum muss als grob antichristlich verstanden werden. Denn wer | |
| quält, lindert kein Leid. Was quält, trägt das Leidende in sich – und ist | |
| durch biblische Gründe nicht gedeckt. Keinen einzigen gibt es, für wie wahr | |
| die Schriften auch sprechen. | |
| Ehe, der heilige Bund, kann keiner für ein Leben sein, muss es jedenfalls | |
| nicht, wenn er in unfreien Zeiten geschlossen werden musste. Liebe, das ist | |
| eine Geschichte von zwei Menschen, die vielleicht ein Kind zeugen, ihrer | |
| Leben auf diese Weise Kontur und Beweis geben, aber die Liebe ist keine | |
| Veranstaltung für Menschen, die das einander gegebene Versprechen geben, um | |
| sich hernach auszunutzen und klein zu halten. | |
| ## Zweisamkeit in der Form des Plurals | |
| Ideen jedoch modischer Art, die sich buchstabieren lassen wie Polyamorie, | |
| die die Liebe, die Zweisamkeit in der Form des Plurals halten, die ein | |
| Leben führen möchten, die das Sexuelle, das Innige, das | |
| Aufeinander-Einlassende freihalten von den Beschwernissen des Alltags zu | |
| zweit, jene, die das Land des Lebens für ein Buffet des Schlaraffenlandes | |
| halten, die liegen besonders verkehrt. Die Antwort auf die Mühsal der | |
| Beziehung, der Liebe und der Treue kann nicht Untreue sein, | |
| Unzuverlässigkeit, die keinen Trost parathält. Die glaubt, ein Mensch sei | |
| so austauschbar wie ein Spielzeug, das abgegriffe, abgespielt, abgeliebt | |
| scheint. | |
| Die Krone des Lebens ist eine Freiheit zur Treue, die unter Gleichen | |
| gefühlt wird. Was das Schöpfende möchte, kann kein Mensch von Erden wissen | |
| – was aber sicher ist, dass ein Versprechen der Liebe in diesem Leben nicht | |
| immer eingehalten werden kann. Zwei Menschen, die sich versprechen, geben | |
| sich das Material ihrer Liebe, symbolisiert in zwei Ringen, gern. | |
| Treue ist eine der fragilsten Tugenden der Moderne. Alles sei flexibel, | |
| unentwegt sich neu erfindend, ich-vergessen: Was in der Offenbarung des | |
| Johannes bestimmt ist, gibt den wichtigsten Hinweis, sich der rasenden | |
| Zeit, den Umständen zu verweigern. So erst kann die Krone dessen, was ist, | |
| gesehen werden: das Leben als eigenes, im anderen aufgehobenes. | |
| Jan Feddersen, 55, taz.Redakteur und Teamleiter Kirchentag 2013, ist | |
| nullchristlich aufgewachsen. Die Bibel entdeckte er erst als Erwachsener. | |
| 1 May 2013 | |
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| Jan Feddersen | |
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