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# taz.de -- Religionsfreie Erziehung in NRW: Kirchenaustritt für Schulen
> Ein Drittel der Grundschulen in NRW ist bekenntnisgebunden. Rot-Grün will
> deren Umwandlung in bekenntnisfreie Schulen erleichtern.
Bild: Mathe lernen auch ohne Bekenntnisbindung
BERLIN taz | Wer eine religionsfreie Erziehung für seine Kinder wünscht,
muss in Nordrhein-Westfalen stellenweise lange suchen: Ein gutes Drittel
aller staatlichen Grundschulen dort ist konfessionell gebunden. Nun erwägt
die rot-grüne Koalition leichte Änderungen an dieser deutschlandweit
einmaligen Situation.
Künftig sollen Schulen auf den Willen der Eltern hin leichter in
bekenntnisfreie Gemeinschaftsgrundschulen umgewandelt werden können, sagte
Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen. Derzeit müssen
zwei Drittel der Eltern für eine Umwandlung stimmen. Beer würde diese
Schwelle gern „Richtung 30 Prozent“ absenken. „Wir sprechen mit den Kirch…
darüber, das Quorum zu senken“, sagte sie der taz. Wann die Änderung kommt,
ist unklar. Man wolle nicht gegen die Kirchen arbeiten.
Von der Möglichkeit einer Schulumwandlung hatten in jünster Zeit einige
Elterninitiativen Gebrauch gemacht – aus der Not heraus. Oft gab die
schwierige Suche nach einem Schulleiter mit passender Konfession den
Ausschlag. In Köln etwa gelang im vergangenen Jahr drei Grundschulen die
Umwandlung. In zwei weiteren Fällen läuft derzeit das Verfahren.
Landesweit haben in den vergangenen zehn Jahren 48 Schulen auf Wunsch der
Eltern die Bekenntnisbindung abgelegt. Das geht aus einer Antwort der
Landesregierung auf eine Anfrage der Piratenfraktion hervor. Keine Zahlen
gibt es allerdings darüber, wie häufig das Ansinnen scheitert.
Dass die Hürden zu hoch sind, davon ist Heribert Feyen überzeugt: Kurz vor
seiner Pensionierung im vergangenen Jahr hatte der Rektor der katholischen
Liebfrauen-Schule in Emmerich am Niederrhein ebenfalls für die Umwandlung
geworben. Viele katholische Eltern blieben aber der Abstimmung fern. "Die
Kriterien zur Umwandlung können nahezu nicht erreicht werden", kritisiert
Feyen.
## Andersgläubige schon jetzt an vielen Schulen in der Mehrheit
Neben dem Quorum möchte Schulpolitikerin Beer auch einen weiteren Weg zur
Umwandlung öffnen: Sobald der Anteil der Schüler mit dem Schulbekenntnis
unter einen bestimmten Wert – etwa 70 Prozent – falle, soll aus der
Bekenntnisschule eine bekenntnisfreie Gemeinschaftsgrundschule werden, wenn
die Stadt als Schulträger dies wünscht. Diese Regelung könnte zu einem
Umwandlungsschub führen: In 317 der 987 öffentlichen Bekenntnisgrundschulen
gehören bereits weniger als die Hälfte der Schüler dem Schulbekenntnis an.
Max Ehlers von der landesweiten Elterninitiative „Kurze Beine – kurze Wege�…
geht das nicht weit genug. „Man muss die Verfassung ändern und dort
streichen, dass es staatliche Grundschulen gibt, die bekenntnisgebunden
sind“, sagt er. Dafür gibt es aber keine Mehrheit im Landtag.
Eltern dürften also auch weiterhin Probleme an einigen Schulen bekommen.
Ein muslimischer Vater aus Paderborn etwa konnte seinen Sohn nicht an der
nächstgelegenen Grundschule anmelden, weil er nicht darin einwilligen
wollte, dass der Junge am katholischen Gottesdienst und Religionsunterricht
teilnimmt. Die Landesregierung hält eine solch restriktive Aufnahmepraxis
für unproblematisch. „Für die Eltern verbindliche Erklärungen sind
rechtlich nicht zu beanstanden“, hieß es auf eine Parlamentsanfrage der
Piraten.
Damit bleibt Nordrhein-Westfalen sogar christlicher als Bayern: Dort
stimmten die Bürger Ende der 60er Jahre in einem Volksbegehren für die
Abschaffung der Konfessionsschule.
3 May 2013
## AUTOREN
Bernd Kramer
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