# taz.de -- Kirchenzugehörigkeit am Arbeitsplatz: Fußvolk braucht keine Konfe… | |
> Die Alsterdorfer Anstalt hat die Kirchenzugehörigkeitspflicht für ihre | |
> Mitarbeiter gelockert – die Führungspositionen werden allerdings | |
> ausgespart. | |
Bild: Geht auch ohne Konfession: Patienten überwachen. | |
HAMBURG taz | Öffnen wollte sich die evangelische Stiftung Alsterdorf mit | |
der kürzlich beschlossenen Lockerung der Kirchenzugehörigkeit, doch der | |
Schritt stößt in Kirchenkreisen auf Kritik. Der Leiter des Diakonischen | |
Werks Hamburg, Dirk Ahrens, erklärte, die Diakonie empfehle ihren | |
Mitgliedern, die Loyalitätsrichtlinie der evangelischen Kirche in | |
Deutschland (EKD) einzuhalten – die aber sieht eine Kirchenmitgliedschaft | |
kirchlicher Mitarbeiter vor. | |
Ahrens begründet das mit „rechtlichen Problemen“: Zum einen sehe das | |
kirchliche Mitarbeitervertretungsgesetz als Voraussetzung für das passive | |
Wahlrecht eine Kirchenmitgliedschaft vor. Zum anderen sei ungeklärt, ob | |
geltende Tarifverträge an die Kirchenmitgliedschaft gebunden seien. | |
Der Leiter der Stiftung Alsterdorf, Hanns-Stephan Haas, hatte im Juli | |
erklärt, dass man mit der Lockerung der Kirchenzugehörigkeitspflicht mit | |
dem Gedanken der Inklusion ernst machen will. Künftig sollten in dem | |
Unternehmen mit rund 6.300 Mitarbeitern auch Konfessionslose oder Muslime | |
mitarbeiten. Um ein diakonisches Profil zu bewahren, unterzeichneten die | |
Mitarbeiter eine Erklärung über die Zielvorstellungen des Hauses. | |
Haas hatte in dem Zusammenhang betont, Anlass für den Schritt sei nicht | |
Personalknappheit, sondern Überlegungen mehrerer kirchlicher Unternehmen, | |
sich anderen Weltanschauungen zu öffnen. In der Vergangenheit konnten | |
Mitarbeiter, die nicht Kirchenmitglied waren, über befristete | |
Arbeitsverträge angestellt werden. | |
Neben den arbeitsrechtlichen Fragen hat Diakonie-Chef Ahrens aber auch | |
inhaltliche Bedenken gegenüber dem Alsterdorfer Modell. Dort werde bei der | |
Besetzung von Führungsstellen weiterhin an der Kirchenzugehörigkeit | |
festgehalten. „Ich würde da gern kreativer schauen“, sagte Ahrens. | |
Schließlich könne eine muslimische Putzkraft in einem diakonischen | |
Krankenhaus als Ansprechperson wichtiger sein als der Oberarzt. Dabei gab | |
Ahrens zu, selbst „an der Stelle noch nicht klar“ zu sein – wir sind da | |
alle nicht klar“, meinte er. | |
Dennoch hält er den Weg der Stiftung über ein gemeinsames Wertepapier für | |
„nicht unproblematisch“: Wo früher die Kirchenmitgliedschaft ausreichte – | |
„das hatte auch etwas Großzügiges“ – müsse man nun viel genauer hinseh… | |
Noch habe sich keine der Hamburger Diakonie-Einrichtungen den Alsterdorfern | |
angeschlossen, es gebe im Gegenteil „durchaus einige skeptische Stimmen“. | |
In der Stiftung Alsterdorf sieht man keine Grundlage für arbeitsrechtliche | |
Probleme. „Für die Wählbarkeit der Mitarbeitervertretung gilt das | |
Mitarbeitervertretungsgesetz, das als EKD-Gesetz seine Gültigkeit behält“, | |
heißt es aus der Pressestelle. | |
Tatsächlich unterscheidet man in Alsterdorf bei der Lockerung der | |
Zugehörigkeitspflicht nach Art der Stelle. Die Führungskräfte verträten | |
„das christliche Leitbild der Stiftung in besonderer Weise und sie stehen | |
in besonderer kommunikativer und strategischer Verantwortung“, heißt es aus | |
der Pressestelle. | |
Deshalb sei für sie die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche nach | |
wie vor Voraussetzung. Konkret gilt das für alle Dienststellenleitungen, | |
Vorstandsmitglieder müssen Mitglied in der evangelischen Kirche sein. | |
Diakonie-Chef Ahrens setzt zur Klärung der offenen Fragen auf laufende | |
Diskussionen sowohl in der Nordkirche als auch in der EKD, von denen er | |
sich eine Öffnung der Loyalitätsrichtlinie erhofft. Die Gespräche werden | |
eher nicht reibungslos verlaufen: In der Vergangenheit ist die Diakonie | |
mehrfach vor Gericht gezogen, um die Anwendung der Loyalitätsrichtlinie | |
durchzusetzen. Vor 2018 ist dabei aber nicht mit einem Ergebnis zu rechnen. | |
14 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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