Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kretschmann auf dem Kirchentag: Exklusive Bibelstunde
> Beim Auftritt des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ist
> „Presse nicht erwünscht“. Später ist von einem „Kommunikationsfehler�…
> Rede.
Bild: Bibelfest: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann
HAMBURG taz | Die Bibelstunde des baden-württembergischen
Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann beginnt mit einer bestimmten
Begrüßung der Presse am Aufgang der Treppe zu Halle B4 der Hamburger Messe.
„Zur Information: Presse ist bei dieser Veranstaltung nicht erwünscht.“
Dies sei der Wunsch des Ministerpräsidenten, sagt eine junge Pfadfinderin,
die den Einlass kontrolliert. Sie könne den Zugang selbstverständlich nicht
verwehren, möchte es einen aber wissen lassen. Oben an der Halle
angekommen, gibt es dann einen erneut den gleichen Hinweis. Gründe kennt
niemand, es ist einfach so. Erst mal egal, drin ist drin.
Die Bibelstunde beginnt. Es geht um das Johannesevangelium, sechstes
Kapitel, Vers 1 bis 15. Es ist die Stelle, in der Jesus mit fünf Broten und
zwei Fischen, fünftausend Menschen satt macht und sogar 12 Körbe mit
Brotresten übrig bleiben – ein wahres Wunder.
Wie Jesus zum galiläischen Meer nach Johannes, war auch Kretschmann eine
große Menschenmenge gefolgt: Kein Platz ist mehr frei, als er etwas
verspätet – Kretschmann kam mit der Deutschen Bahn – in die Halle kommt;
viele sitzen sogar auf dem Boden, um seine Interpretation der Speisung der
Fünftausend zu hören.
So versucht Kretschmann die Bibelverse mit Beispielen auf die heutige
Gesellschaft zu übertragen. Seine Aufforderung an den Menschen, sich seiner
Verantwortung zu stellen und sich beispielsweise mit den sozialen
Schieflagen in Deutschland nicht abzufinden, kommt bei dem Publikum gut an.
## Achtung der Achtlosen
Auch die Achtung vor dem Achtlosen, die im Evangelium durch das Aufsammeln
der Brotreste deutlich wird, sieht Kretschmann als Botschaft für einen
sorgsameren Umgang mit Lebensmitteln. Er scherzt, „er fühle sich nun als
Grüner erst recht bestätigt“. Die Halle tobt vor Lachen. Nach 45 Minuten
ist die Bibelstelle durchinterpretiert.
Was genau sollte jetzt die Presse nicht mitbekommen?
Anruf bei Rudi Hoogvliet, Sprecher der baden-württembergischen
Landesregierung: Er weiß nichts von einer solchen Forderung Kretschmanns
und nennt sie „absurd“. Gerne könne die Presse über Kretschmanns
Bibelinterpretation schreiben.
Die Hallenleiterin wiederum beruft sich nachdrücklich auf einen unbekannten
Referenten des Ministerpräsidenten, der persönlich ein, zwei Tage vor der
Veranstaltung, um den Ausschluss der Presse bat. Dementsprechend habe sie
ihr Team instruiert.
Die Pressereferentin des Evangelischen Kirchentages, Heike Rechkemmer,
kommt vorbei. Sie verspricht zu recherchieren und meldet sich später nach
Rücksprache mit dem Presseprecher Kretschmanns: Alles sei nur ein
Missverständnis. Der unbekannte Referent sei eigentlich eine Referentin.
Jedenfalls habe es einen „Kommunikationsfehler“ gegeben und eine
Verwechslung bei der Sicherheitsbesprechung. Amen.
5 May 2013
## AUTOREN
Christina Steenken
## TAGS
Kirchentag 2023
Winfried Kretschmann
Presse
Kirchentag 2023
Kirche
Kirchentag 2023
Thomas de Maizière
Europa
Islam
Verdi
Kirchentag 2023
Kirchentag 2023
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schiff mit radioaktiver Fracht: Fast Katastrophe beim Kirchentag 
Während des Christenfestes ereignet sich ein Großbrand auf einem Schiff mit
radioaktiver Fracht. Das Unfallrisiko wurde lange verschwiegen.
Medialer Einfluss der Kirchen: Göttliches Sendungsbewusstsein
Die Fernsehsender in Deutschland räumen den Kirchen viel Platz in ihren
Programmen ein. Und zahlen auch noch selbst dafür.
Evangelischer Kirchentag in Hamburg: Abendmahl und Sonnenschein
Das Protestantentreffen in Hamburg endete mit einem riesigen
Open-Air-Gottesdienst sowie Appellen für mehr Gerechtigkeit und den Dialog
der Religionen.
De Maizière beim Kirchentag: Der skeptische Thomas
Der Verteidigungsminister spricht auf dem Kirchentag über die Speisung der
Fünftausend: Leiblichkeit solle in der christlichen Kirche ihren Platz
haben.
Kommentar Kirchentag: Und wo blieb das Ja zu Europa?
Der Hamburger Kirchentag begnügt sich mit Allfälligem und Wohlfeilem. So
verfehlt er seinen jesuanischen Selbstanspruch.
Interreligöser Dialog beim Kirchentag: „Alle glauben an den gleichen Gott“
Islam und Christentum – eine schwierige Mischung. Woran liegt das?
Desinteresse? Angst? Dabei stehen beispielsweise Jesus und Maria im
„Qu'ran“.
Debatte über Kirche als Arbeitgeber: Die eigenen Angelegenheiten
Kirchentagspräsident Robbers und Verdi-Chef Bsirske diskutieren, ob die
Arbeitsrecht-Privilegien der Kirchen noch zeitgemäß sind.
Bibelstunde mit Dr. Hirschhausen: „Quasi genetischer“ Protestant
Comedy-Arzt Eckard von Hirschhausen füllt bei seiner Bibelstunde eine
Hamburger Messehalle. Am Ende gibt es Bio-Rosinen für alle.
Rundgang Hamburger Hauptkirchen: Pilgerreise durch die Hansestadt
Eine Stadttour führt während des Kirchentags an Hamburgs Hauptkirchen
vorbei. Der Rundgang ist eine Reise durch die Jahrhunderte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.